Lass mich einfach unglücklich sein

Lass mich einfach unglücklich sein

Next Stop: Happiness #76

In einer Welt, in der man pausenlos mit (scheinbar) happy faces auf Social Media überladen wird und eine Flut von Büchern auf einen wartet, die einem erklären, wie man ab sofort für immer glücklich ist, entscheide ich mich anders: Ich muss jetzt auch mal traurig sein.

Es ist ein ständiges Auf und Ab. Auf eine Woche voller Motivation und Tatendrang folgen Tage, die es einem schwer machen, überhaupt aus dem Bett zu kommen und an denen man sich schon wieder aufs Niederlegen freut. Und im Hinterkopf immer wieder die Erinnerung: „Du musst glücklich sein. Du kannst dich dazu entscheiden. Sei einfach glücklich.”

Sei einfach glücklich. So ein kurzer Satz, so ein großer Druck. Ja, ich kann mich mit positiven Gedanken umgeben. Ich kann mir einreden, dass wir alle dazu bestimmt sind, endloses Glück zu erfahren. Aber ich fühle mich, wie ich mich fühle, okay? Wenn ich traurig bin, hat das einen bestimmten Grund und meine Psyche sollte einmal das ganze Programm durchmachen dürfen. Traurig sein, schluchzen, weinen, wehklagen, laut in der eigenen Trauer zerfließen. Nur bloß eines nicht: Wegschauen und so tun, als wäre das einzig Normale Glücklichsein.

It’s not a breakdown. It’s a breakthrough.

Lass mich traurig und unglücklich sein. Und lass mich wütend sein. Als Kind war es ganz einfach. Als Erwachsener verlernt man es, seinem Ärger und seiner Trauer freien Lauf zulassen. Laura Jane Williams schreibt in ihrem Buch „Ice Cream For Breakfast“, dass Wut eine extreme Reaktion ist – und extreme Reaktionen beschreiben extreme Gefühle. Wieso soll ich also meine Wut und Trauer hinunterschlucken? Sie zeigen mir, was mir wichtig ist.

No day without darkness

Es gäbe keinen Tag ohne Nacht und keine Ordnung ohne Chaos. Unsere Wut und Trauer zeigen uns nicht nur, was uns wichtig ist, sondern lehren uns auch, das Schöne im Leben zu schätzen. Erst die Zeiten, in denen wir uns schlecht fühlen, lassen uns die happy times genießen. Es ist okay, wie du dich fühlst. Wenn du denkst, du solltest glücklicher sein – immerhin siehst du es jeden Tag auf Social Media – vergiss nicht: Wir alle haben diese Phasen, wir alle weinen und schreien manchmal. Nur zeigen es die Wenigsten öffentlich. Schließlich gibt’s für glückliche Gesichter, Katzenbabys und Fotos von schönen Momenten mehr Likes …

Ja, wir sind die Summe unserer Gedanken. Ein positiver Gedanke kann dir helfen, den Tag besser zu erleben. Vielleicht gibt er dir genau den Twist, den dein Leben gerade braucht. Aber niemand darf dir das Gefühl geben, dass du keine verdammt schlechte Woche haben darfst. Niemand darf dir sagen, du hättest first world problems. Niemand darf deine Gefühle kleinreden. Ja, du darfst auch einfach einmal unglücklich sein.

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