Mo, 3. Dez 2018
Next Stop: Trench

Next Stop: Trench

Twenty One Pilots im Interview

Wenn jeder Song des Vorgängeralbums mindestens Goldstatus erreicht hat, dann muss man sich für den Nachfolger schon etwas mehr einfallen lassen – am besten gleich eine ganze geheimnisvolle Welt namens „Trench“, in der Tyler Joseph real und symbolisch in der düsteren Festung „Dema“ festgehalten wird. Doch keine Sorge, Partner-in-Crime Josh Dun und die Banditos sind zur Stelle, um der strauchelnden Seele zur Flucht zu verhelfen. Wofür dieser Freiheitskampf tatsächlich steht, wieso man dazu im Idealfall einen Jumpsuit trägt und warum dem Hype nicht zu trauen ist, hat uns der Gefangene höchstpersönlich erklärt.

Vor der Veröffentlichung von „Trench“ konnten eure Fans über verschiedene Codes, Briefe, Videos und Storys rätseln. Setzt euch die Spannung im Vorfeld nicht zusätzlich unter Druck, mit der Platte dann richtig abliefern zu müssen?

Jetzt, wo du es sagst: Ja! (lacht) Mit der zunehmenden Spannung steigen natürlich die Erwartungen und damit auch unsere Nervosität. Der Druck, der dadurch entsteht, ist aber guter Druck. Wir wollen uns immer weiterentwickeln und über uns hinauswachsen – auch diesmal. Die Geschichte rund um „Trench“ hat sehr viele Charaktere, Erzählstränge und Schauplätze. Es gibt für die Fans somit noch einiges zu entdecken. Wir sind gespannt, was sie davon halten.

Wofür steht „Dema“ – tatsächlich und symbolisch?

„Trench“ ist eine verlassene Welt. Es gibt dort viele Wälder, alles ist sehr verwildert und weitgehend unerforscht. Inmitten dieser Landschaft steht die Stadt „Dema“, die sich stark von ihrer Umwelt „Trench“ unterscheidet. Sie ist düster, von viel Beton umgeben und sehr synthetisch. In der Geschichte versuche ich, aus dieser Festung zu fliehen. Die Flucht soll weitgehend das Gefühl der Zerrissenheit zwischen zwei Welten symbolisieren. Dieses Gefühl, das du hast, wenn du einerseits weißt, du solltest nicht mehr an diesem oder jenen Ort sein, anderseits erst herausfinden musst, wo du eigentlich hinwillst. Dieser Ort kann natürlich auch ein emotionaler Zustand sein.

Wann hattest du das letzte Mal dieses Gefühl der Zerrissenheit?

Während ich das Album geschrieben habe. Dieser Schwebezustand zwischen dem Erfolg von „Blurryface“ und dem, was nun folgen sollte – diese Zwischenphase: zwischen den Alben, zwischen Touren, zwischen Songs und sogar zwischen Strophen und Refrains. In jedem Moment, in dem ich an dieser Platte gearbeitet habe, hatte ich das Gefühl durch die Welt von „Trench“ zu reisen – und dadurch konnte ich sie gleichzeitig zum Leben erwecken.

Und was kam zuerst: die Geschichte oder die Musik?

Die Geschichte – sie war die Grundlage für alles weitere. Ich habe mir zuerst überlegt, wie es ist, in der Welt von „Trench“ zu leben, wie es dort aussieht, wie das Wetter dort ist. Kleinigkeiten, die zunächst vielleicht eher unbedeutend erscheinen, mir aber sehr geholfen haben, in diese Welt einzutauchen und die Songs aus dieser Perspektive zu schreiben. Bei jeder Nummer hatte ich bereits die Geschichte im Hinterkopf.

In dieser Story ist „Jumpsuit“ ein wiederkehrendes, bedeutendes Wort – was symbolisiert er? Ist der „Jumpsuit“ eine Art Superhelden-Kostüm der Banditos?

Oh, das ist eine coole Sichtweise. (lacht) Doch mich hat einfach schon immer die Idee fasziniert, simple Wörter zu nehmen und sie mit mehr Bedeutung zu füllen, als sie eigentlich haben – wie „Trench“, „Dema“ oder eben „Jumpsuit“. Diese verschiedenen Wörter haben mich diesmal interessiert. „Jumpsuit“ hat in diesem Zusammenhang folgende Bedeutung für mich bekommen: Es geht um dieses Gefühl, das du hast, während du durch die Welt von „Trench“ reist. Du fliehst durch die Nacht und weißt nicht genau wohin. Du brauchst Hilfe und irgendetwas, worauf du dich stützen kannst – etwas, das dich schützt. Ich habe diesen Schutz einfach „Jumpsuit“ genannt. Wenn man an die tatsächliche Bedeutung des Wortes denkt, hat das eigentlich rein gar nichts mit dem Gefühl zu tun, das ich beschreiben wollte. Ich habe das Wort einfach umgedeutet.

Worauf konntet ihr euch bei der Arbeit am Album stützen? Vor allem in Hinblick auf den massiv erfolgreichen Vorgänger „Blurryface“ …

Der einfachste Weg wäre gewesen, sich mit hochkarätigen Songwritern und Produzenten in ein fancy Studio zu setzen und mit ihnen an Hits zu arbeiten. Das wir aber genau das nicht wollen oder brauchen, war uns relativ schnell klar. Für uns war es wichtig, die Songs für „Trench“ im Studio bei mir Zuhause zu schreiben, zu kreieren und aufzunehmen. Es war natürlich schon etwas beängstigend, weil somit alles von uns beiden abhing und wir uns sozusagen nur auf uns selbst stützen konnten, aber genau das war auch das Aufregende.

Last but noch least: Don’t believe the hype? Auch nicht dem Hype um Twenty One Pilots?

Welcher Hype? Der Hype um Josh, wenn er kein Shirt trägt? Dem dürft ihr auf jeden Fall trauen, denn er sieht sehr gut aus! (lacht) Spaß beiseite, der Song „The Hype“ beschäftigt sich mit dem Unterschied von internem und externem Druck. Normalerweise schreibe ich eher über den Druck, den man sich selbst macht, aber man darf die Tatsache nicht außer Acht lassen, wie oft der Druck auch von außen kommt: von den Leuten um einen herum, von den Umständen, in denen man sich gerade befindet, von der Gesellschaft generell. Es geht uns doch allen gleich. Die Nummer ist ein Versuch, genau diese Kameradschaft zu betonen und gemeinsam gegen den externen Druck zu kämpfen.

Wir glauben dem Hype um Twenty One Pilots, folgen ihm am 17. Februar 2019 in die Wiener Stadthalle und verlosen noch Tickets.