Mi, 31. Okt 2018
Die letzte unbeschwerte Generation

Die letzte unbeschwerte Generation

Schmutzki im Interview

Schmutzki sind drei wahnsinnige Typen, die sich für ihre Fans den Arsch aufreißen. Am 3. November kommt das Trio mit neuer Platte „Mehr Rotz als Verstand“ ins Wiener Chelsea. Wir haben die Chaostruppe vorab zum Interview gebeten.

„Mehr Rotz als Verstand“ heißt euer drittes Album. Mal ehrlich: Wie viel Rotz bzw. Glück und Verstand sind nötig, um so eine Karriere hinzulegen?

In unserem Fall schon einiges an Rotz! Wir sind ja keine Profimusiker und eher durch eine Verkettung glücklicher Zufälle in dieses merkwürdige Musikgeschäft reingerutscht. Und das auch noch im greisen Alter um die 30! Trotzdem muss man sagen, dass wir immer, wenn uns das Glück eine Gelegenheit geboten hat, hart gearbeitet haben, um das Beste aus dem Rotz zu machen.

Das Besondere an der neuen Platte ist, dass sie über euer eigenes Label Bäm Records erschienen ist. Wie kam es zu diesem Schritt?

Letztendlich muss man ehrlich sagen, dass heutzutage eine Band auf unserem Level für ein Majorlabel finanziell nicht rentabel ist. So, wie sich CD-Verkäufe in den letzten Jahren entwickelt haben, konnten wir froh sein, dass uns Four Music in den ersten, wichtigen Jahren überhaupt so true unterstützt hat. Irgendwann wurde uns jedoch klar, dass wir den Erwartungen nicht gerecht werden können und sind ohne Groll auseinandergegangen. Jetzt, mit eigenem Label und voller Entscheidungsfreiheit, fühlt sich das Ganze deutlich ehrlicher an – auch was unsere eigene Erwartung an Schmutzki anbelangt.

In „Zu Jung“ besingt ihr das Zugehörigkeitsproblem einer ganzen Generation. Empfindet ihr manchmal, im falschen Jahrzehnt geboren zu sein?

Kann schon sein, dass wir als Generation etwas zwischen den Stühlen sitzen. Wir haben die „analogen Zeiten“ noch gerade so mitbekommen, sind aber auch weitgehend in das digitale Zeitalter hineingewachsen. Vielleicht tun wir uns deshalb ein bisschen schwer, erwachsen zu werden. Die goldenen 90er in ihrer Unbeschwertheit werden spätestens mit uns auswachsen. Heutzutage ist der Druck schon sehr groß, seine Karriere mit 17 komplett durchgeplant zu haben und nebenher noch extrem fit und maximal hip zu sein. Wir als semi-erfolgreiche Mucker sind da einerseits fein raus, müssen uns jedoch spätestens vor unseren Schwiegermüttern rechtfertigen. Man hat den Eindruck, dass brotlose Kunst noch nie so uncool war, wie heute.

Mir ist aufgefallen, dass kein Song der neuen Platte wirklich politisch ist. Ein bewusster Schritt? Zündstoff gäbe es genug …

Da kam einiges zusammen. Einerseits waren wir im letzten Jahr durch das ganze Hin und Her mit Label & Co sehr stark auf uns fokussiert und haben in erster Linie versucht, Schmutzki zusammenzuhalten. Deshalb die Konzentration auf persönlichere Themen – wie bei „Zu jung“ oder „Alles kaputt“. Andererseits ist die ganze politische Situation aktuell so verfahren, dass es uns schwergefallen ist, unsere differenzierten Meinungen in kurze und plakative Schmutzki Songs zu gießen. Denn letztendlich gibt es bei uns eine Regel: Auch ein politischer Song mit guter Message muss ein guter Song sein. Sonst hört ihn niemand an. Und diesen guten Song haben wir diesmal nicht hinbekommen, aber wir graben weiter, versprochen!

Ihr verzichtet bei euren Aufnahmen auf übertrieben viele Gitarrenspuren oder unzählige Synthies. Geht es euch drum, den Sound „real“ zu halten?

Das war der Plan, ja. Wir wollten möglichst nah an das Live-Gefühl ran und haben deshalb auf alles verzichtet, was sich nicht aufgezwungen hat. Ich würde jetzt nicht behaupten, dass eine Platte mit Synthies und zig Overdubs nicht „real“ sein kann. Aber für uns hat es sich – zumindest bei diesem Album – gut und richtig angefühlt, einen sehr direkten und ungeschminkten Weg zu gehen.

Was passiert, wenn Schmutzki sturmfrei haben?

Dann legen wir uns erst mal gemütlich aufs Sofa und genießen die Ruhe! (lacht) Nein, im Ernst: Unser Leben ist in bestimmten Phasen ja komplett gegengleich zu dem eines durchschnittlichen Angestellten. Wenn wir auf Tour viel Kontakt mit unseren Fans haben, dann ist der Job nicht nur Party, sondern die Party auch der Job. Also genießen wir gerade unter der Woche die Normalität, um am Wochenende wieder durchdrehen zu können.

Bekannt geworden seid ihr durch zahlreiche Supportshows für die Beatsteaks, Bad Religion, ZSK und andere Genregrößen. Was konntet ihr durch diese Zeit mitnehmen bzw. an junge Bands weitergeben?

Supportshows sind heute, wo Rockmusik in den Medien eher eine Nebenrolle spielt, natürlich essenziell für jede Band. Selbst die Beatsteaks supporten die Hosen und wollen neue Fans gewinnen. Die große Frage, die ich mir auch all die Jahre gestellt habe, ist natürlich: Wie kommen wir an diese scheiß Supportshows ran. Meine Antwort: Schreibt geile Songs, spielt sie geil und früher oder später wird euch jemand haben wollen. Wenn euch keiner fragt, dann schreibt bessere Songs und steht nicht so langweilig auf der Bühne rum! Oder so ähnlich …

Eure Fans sind mittlerweile legendär. Was erwartet den Mob bei eurer Show im Wiener Chelsea? Die Show ist übrigens bereits restlos ausverkauft …

Was Hammer ist und weiß Gott nicht selbstverständlich! Was den Mob erwartet? Immer das Gleiche: Drei lustige bis wahnsinnige Typen, die sich für euch knapp zwei Stunden den Arsch aufreißen. Es hat sich nichts geändert. Wird geil!