Die Anti-Lügen Gang

Die Anti-Lügen Gang

Antilopen Gang im Interview

Kiffen ist harmlos, Beziehungen beenden ist schlimm, Geburtstag feiern macht Spaß, Rapper sind potente Fickmaschinen, das Landleben ist idyllisch … mit all diesen haltlosen Lügen räumen Koljah, Panik Panzer und Danger Dan auf ihrem neuen Album „Abbruch Abbruch“ endgültig auf. Der Titel ist gleichzeitig die einzige vernünftige Antwort auf den Wahnsinn, der uns umgibt, und soll uns, getragen von den ehrlichsten Antithesen, auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Das kann schon mal ein bisschen wehtun, jedoch verschont die Antilopen Gang bekanntlich niemanden, natürlich auch sich selbst nicht – wie man in unserem Gespräch deutlich merkt.

Die Antilopen Gang besteht bekanntlich aus drei Säulen: Gesellschaftskritik, Klamauk und Depression. Welche dieser Säulen war bei der Arbeit an „Abbruch Abbruch“ besonders präsent?

Panik Panzer: Ich finde, die Antilopen Gang, so wie sie jetzt ist, ist nicht mehr so leicht in Säulen zu unterteilen. Dieses Mal haben wir es uns nicht bequem gemacht.
Danger Dan: Ich selber stehe ja mehr auf Tortendiagramme, aber müsste ich jetzt Säulen finden, würde ich zum einen die Antithese wählen, bei der wir vorherrschende Meinungen mit einer Gegenthese zerbersten. Die andere Säule ist eine Retrospektive auf unser Leben und unser Dasein als Band.

Wieso habt ihr „2013“ als Opener gewählt?

Koljah: Für uns als Band ist „2013“ einer der wichtigsten Songs, den wir je gemacht haben. Das ist ein Lied, das uns sehr viel bedeutet.
D.D.: Die letzten Singles davor waren sehr klamaukig. Es ist wichtig, dass wir die ernste Facette noch einmal stolz zeigen und nicht als neue Version von „Die Doofen“ gelten, sondern auch echte Menschen sein dürfen.

Das ist euch sehr schön gelungen! Auf dem neuen Album formuliert ihr auch einige Antithesen. Wenn ihr euch eine Lüge aussuchen könntet, die die Leute nach dem Hören nicht mehr glauben sollen, welche wäre das?

K.: Mir gefällt es nicht, dass die Menschen immer so schlecht über den guten, alten Tatort reden.
P.P.: Dass das Dorf ein idyllischer Ort ist.
D.D.: Ich will einfach nur, dass mich alle lieben – das würde mir schon reichen.

(c) Katja Runge

„Wir müssen uns damit abfinden, dass es nicht geht. Am Ende scheitert es an der Realität.“ Welche großen Träume musstet ihr schon aufgeben?

P.P.: Es gab mal den Punkt in meinem Leben, da hätte ich es mir sehr bequem machen können. Aber dann hat sich die Möglichkeit geboten, Berufsmusiker zu werden, und ich musste das, was da war, aufgeben, um diesen anderen Traum zu starten.
D.D.: Aus unerklärlichen Gründen glaube ich nicht mehr daran, dass mir eine Oligarchentochter in einer Villa auf Ibiza einfach mehrere Millionen Euro zusteckt. (lacht)
K.: Aber du hoffst noch!

In „Abraxas“ lässt vor allem die Zeile „Nachdem ich mich mit Danger prügelnd auf dem Boden wälzte“ aufhorchen. Warum habt ihr euch damals geprügelt?

P.P.: Ich war nicht dabei, aber so wie ich die beiden kenne, ging es um die ganz großen gesellschaftlichen, philosophischen und politischen Themen.
K.: Darum, ob das Sein das Bewusstsein oder das Bewusstsein das Sein beeinflusst. Da kann mir schon einmal die Hand ausrutschen. (lacht)

Apropos philosophische Themen … welche Reaktionen habt ihr euch auf „Lied gegen Kiffer“ erwartet oder gewünscht?

P.P.: Die Kiffer kommen in Scharen, sie sind empört und zeigen ihr wahres Gesicht – das eines Cholerikers, eines Psychopathen. Sie reagieren exakt so, wie wir es in unseren schönsten Träumen erwartet haben.
D.D.: Was soll man von so Kiffern denn erwarten? Dass die jetzt relaxed zu Hause bleiben und reflektieren? Das sind emotional labile Menschen mit einer ganz kurzen Zündschnur.
K.: Tickende Zeitbomben!

Manche von ihnen meinen sogar, es wäre schlecht gerappt …

K.: Diese Reaktionen gefallen mir besonders gut. Man sieht durchschimmern, dass sich ein Kiffer ertappt fühlt, und verzweifelt nach Gründen sucht, warum das Lied auch abgesehen vom Inhalt scheiße ist.
D.D.: „Blazer420 sagt: Das ist aber nicht so gut gerappt.“ (lacht)

„Wenn ihr nicht dumm wärt, wär Pizza kein Hit.“ Welcher Song von „Abbruch Abbruch“ hat es eurer Meinung nach verdient, ein Hit zu werden?

K.: „Lied gegen Kiffer“. Damit würden wir nebenbei einen wichtigen, gesellschaftlichen Beitrag leisten. Vielleicht kriegen wir ein Sponsoring von der Bundesregierung, von dem wir uns dann ganz viel Gras kaufen können.
P.P.: „Trenn Dich“ go for it! Es ist der einzige Song am Album, der die Chance hat, im Radio zu laufen und Songs, die im Radio laufen, generieren sehr viel Geld. Geld brauchen wir zum Leben. (lacht)

Im letzten Interview mit VOLUME habt ihr 2017 erklärt, dass ihr Deutschland durch einen riesengroßen Baggersee ersetzen werdet, der als Erholungsgebiet dienen kann. „Anarchie und Alltag“ sollte keine Revolution werden, sondern eine Modifikation des Landstrichs. Was trägt „Abbruch Abbruch“ zu diesem Projekt bei?

K.: Es ist eine Beschallung für die etwas träge gewordenen Baggerfahrer. Es soll ein bisschen Arbeitsmoral zurückbringen. (lacht)

Außerdem habt ihr damals auch einiges für eure Shows versprochen: okkulte Rituale, ein Mausoleum, keine Bühne mehr, sondern das Publikum sollte auf einer fliegenden Plattform über euch schweben und vieles mehr. Worauf dürfen wir uns 2020 freuen?

K.: Das haben wir gesagt? (lacht)
P.P.: Wir werden diese Forderungen noch einmal und mit viel mehr Nachdruck umsetzen und erweitern. Auf dieser Plattform sollen nicht mehr nur Menschen sein, sondern auch diverse Tiere. Wir stellen uns das vor wie eine Art Arche Noah, auf der zusätzlich Licht- und Pyro-Effekte angebracht sind. Außerdem wünschen wir uns, dass die Menschen vor unserem Konzert huldigend durch die Straßen ziehen. Und einen Jahresvorrat Ottakringer.
D.D.: Ich komme sowieso nicht, wenn das Rauchverbot nicht wieder rückgängig gemacht wird.

Wir kümmern uns sofort darum! Bis bald auf der Arche!

Mehr zum Thema