Mo, 1. Feb 2016

Runter von unserer Erde! - XCOM 2 Review

Die XCOM-Initiative aus dem ersten Teil ist gescheitert, die Erde unterjocht von Aliens. 20 Jahre nach der Niederlage ist die Spezialeinheit wieder zurück, und versucht nun aus dem Untergrund die Besatzer zu vertreiben.

Aller Anfang ist schwer

Man startet mit einer Handvoll Soldaten und einem umgebauten Alienraumschiff, der Avenger, die als Basis dient. Man hat keine Ressourcen, ist schlecht bewaffnet und kann nur in einem Teil von Nordamerika agieren, kurz gesagt es steht schlecht um XCOM. Stück für Stück kämpft man sich dann hoch – eine sabotierte Alieneinrichtung hier, Kontakt mit anderen Rebellen da und schon kommt etwas Bewegung rein, mit genug Zeit könnte man so sicher die Erde befreien.

ADVENT-Soldaten sind Menschen, die den Aliens helfen.
ADVENT-Soldaten sind Menschen, die den Aliens helfen.

Doch die Aliens haben einen Plan und wollen jeden Widerstand ein für allemal vernichten. Die Hauptstory des Spiels besteht darin, diesen Plan zum Scheitern zu bringen, egal was es kostet. Wie im ersten Teil erforscht man Alientechnologie um die eigenen Truppen aufzuwerten und, noch viel wichtiger, herauszufinden was genau die Besatzer vorhaben, um dann dagegen vorzugehen.

Auf dem Globus wählt man Missionen aus. Abgesehen von Kämpfen gibt es auch Scans, die Rohstoffe, Soldaten, und ähnliches bringen.
Auf dem Globus wählt man Missionen aus. Abgesehen von Kämpfen gibt es auch Scans, die Rohstoffe, Soldaten, und ähnliches bringen.

Abgesehen davon, dass man nun eine mobile Basis besitzt, sind die Kernelemente aus dem ersten Teil wieder vorhanden: Auf der Avenger wird gebaut, geforscht und ausgebildet. All das kostet Zeit, und man muss sehr streng einteilen, wofür man die wenigen Forscher und Ingenieure einsetzt, die man hat. Vor allem früh im Spiel will man bessere Ausrüstung, doch solche Projekte dauern deutlich länger.

Taktik und Klassen

Der Hauptteil des Spiels findet natürlich im Taktikmodus statt, wo die eigene Gruppe von vier bis sechs Soldaten rundenbasiert diverse Missionsziele erfüllt. Das bereits im ersten Teil sehr gut ausgereifte Spielprinzip wurde hier nur verfeinert. Soldaten wollen noch immer Deckung ausnutzen und die zahlenmäßig meist überlegenen Aliens durch Strategie überwältigen. Vorsichtiges Vorgehen ist Pflicht, was durch die neue Concealment-Mechanik nur noch weiter unterstrichen wird: Man beginnt die meisten Missionen getarnt, und die Aliens greifen erst an, wenn man in ihr Blickfeld geht. Wie im ersten Teil erhalten die Aliens eine kurze Gratis-Bewegung wenn sie die Spielertruppen sehen, man kann nun aber Hinterhalte legen, indem man alle Soldaten bis auf einen in Overwatch steckt, ein Modus in dem sie auf feindliche Bewegung automatisch schießen, und sich dann aufdecken lässt.

Meine Scharfschützin führt einen Overwatch-Schuss aus dem Hinterhalt aus. Rechts klein zu sehen: Die Soldatin, die hineingestürmt ist um den Hinterhalt auszulösen.
Meine Scharfschützin führt einen Overwatch-Schuss aus dem Hinterhalt aus. Rechts klein zu sehen: Die Soldatin, die hineingestürmt ist um den Hinterhalt auszulösen.

Das Zusammenspiel der einzelnen Klassen ist deutlich besser gelungen als im ersten Teil, man nimmt nicht mehr einfach fünf Sniper mit auf jede Mission. Auch hat jede Klasse endlich (fast) gleichwertige Optionen bei den Fähigkeiten, die nach einem Levelup zur Auswahl stehen. Ranger können sich etwa auf Schwerter spezialisieren, oder doch mehr aus ihren Schrotflinten herausholen. Specialists haben die etwas unausgewogene Wahl zwischen einem extrem starken AoE-Angriff oder einer Heilung für alle im Team – da man eigentlich keinen Schaden nehmen will fiel zumindest mir die Entscheidung leicht. Der Grund für letzteres lässt sich in einer Überarbeitung des Rüstungssystems finden: Statt Rüstungstrefferpunkten wie im ersten Teil bietet Rüstung in XCOM 2 eine einfache Schadensreduktion und erhöht nur die normalen Trefferpunkte, was dazu führt, dass Soldaten nach einem Treffer praktisch immer verletzt sind.

Das Team ist verdeckt in Position. Die roten Felder zeigen den Sichtbereich der Gegner.
Das Team ist verdeckt in Position. Die roten Felder zeigen den Sichtbereich der Gegner.

Verletzungen führen dazu, dass die angeschlagenen Soldaten für mehrere Tage ausfallen, bei besonders schlimmen Fällen sogar psychische Schäden davontragen. Da oft wenige Tage zwischen Missionen liegen, und nur die Soldaten im Hauptteam wirklich stark sind kann es leicht katastrophal enden, wenn die Hälfte auch nur leicht verletzt zurückkommt, da man in der nächsten Mission dann schwächere Soldaten ausschickt, die schlechter zielen und leichter getroffen werden, was dazu führt, dass es wieder Verletzte gibt und so weiter. Natürlich gibt es auch wieder Permadeath.

Und der tut richtig weh, denn die Soldaten wachsen einem schnell ans Herz, auch wenn sie eigentlich keinerlei Persönlichkeit besitzen. Dinge wie Name und Aussehen lassen sich sehr ausführlich einstellen, ich empfehle auf jeden Fall das Erlebnis, seine Freunde nachzubauen.

Die nächste Mission war nicht lustig.
Die nächste Mission war nicht lustig. Aber immerhin keine Tode.

Man fühlt sich anders als im ersten Teil nie wirklich überlegen, was auch an den neuen Gegnertypen liegt. ADVENT-Truppen sind anfangs ziemlich schwach, skalieren allerdings im Lauf des Spiels und erhalten ebenso wie der Spieler neues Equipment. Schlangenmenschen, riesige Walker, und Gestaltwandler verstärken die Alienreihen und fordern oft spontanes Umdenken, so könnte etwa jeder unscheinbarer Zivilist ein gefährlicher Gegner sein.

Der hohe Zufallsfaktor ist dem Spiel erhalten geblieben, wie sehr habe ich jedes Mal geflucht wenn meine Elitesoldaten auf zwei Meter Entfernung mit 98% Trefferwahrscheinlichkeit danebenschießen. Die neu hinzugekommenen Waffenteile helfen teilweise, oder führen zu noch mehr Zufallseffekten. So kann man etwa die Zielgenauigkeit mit einem Visier erhöhen, oder einstellen, dass Gegner ein wenig Schaden nehmen, wenn man danebenschießen würde. Auf der anderen Seite gibt es Teile die eine 5% Wahrscheinlichkeit auf einen Instakill geben.

Die Missionsvielfalt lockert das Spielgeschehen auf, kann allerdings nicht über den in meinen Augen einzigen wirklichen Kritikpunkt hinwegtrösten, den sich das Spiel gefallen lassen muss: Es passiert manchmal zu viel. Ich wollte oft einfach Vorbedingungen für die Hauptmissionen erfüllen, oder ein Gebiet scannen, und wurde stetig von diversen Ereignissen unterbrochen, sodass ich oft den Überblick verlor, was ich ursprünglich machen wollte, vor den drei Kampfmissionen, die mir aufgezwungen wurden.

Die Aufstellung vor jeder Mission hat echt Style, vor allem wenn man weit fortgeschritten ist.
Die Aufstellung vor jeder Mission hat echt Style, vor allem wenn man weit fortgeschritten ist.

Fazit

XCOM 2 ist ein herausragendes Taktikspiel, das auf dem bereits sehr guten ersten Teil aufbaut und ihn in allen Belangen verbessert. Die Schwierigkeitskurve bleibt fair, die Kämpfe fühlen sich dank zufallsgenerierter Maps immer frisch und unverbraucht an und die taktischen Optionen sind so breit gefächert, dass fast jeder Spielstil in irgendeiner Form unterstützt wird. Eines der besten Taktikspiele aller Zeiten.

— Christian Novotny
Bewertung

Urteil + Taktische Tiefe und Vielfalt + Stimmige Atmosphäre + Coole Action-Cams - Aufgezwungene Missionen
Alles in Allem Awesome