VOLUME Backstage mit Bernhard Kaufmann

VOLUME Backstage mit Bernhard Kaufmann

Ein Blick hinter die Kulissen der Musikbranche

Bernhard Kaufmann ist seit über 20 Jahren im heimischen Musikbusiness unterwegs. Anfangs als Musiker bei Guadalajara, später als Gründungsmitglied und Marketingchef der Arcadia Live. Heute betreibt der 38-jährige Steirer – wenn er nicht gerade auf seinem Surfboard nach der perfekten Welle Ausschau hält – die Kreativagentur „Karmarama“. Sein erklärtes Ziel: Künstlern helfen, ihre Träume zu leben. Sein Kredo: Glücklichsein hält jung.

Teil 1 – Jobportrait: Musikmanager

Wie lautet deine „offizielle” Jobbezeichnung?

Musik- / Aufmerksamkeitsmanager.

Was machen deine Unternehmen genau?

Ich versuche alle Bereiche, die mit Musik und ihrer Vermarktung zu tun haben, abzudecken und meinen Künstlern in ihrer Entwicklung so weiterzuhelfen, dass sie so schnell wie möglich eine wirtschaftlich rentable Basis erreichen.

Wie würdest du jemandem, der keine Ahnung von der Branche hat, deinen alltäglichen Job beschreiben?

70% Mails schreiben, 20% telefonieren und 10% Kreativarbeit. Im Prinzip ist es ein Bürojob, für den man zwischendurch immer wieder viel Kreativität braucht.

Was sind die schönsten Seiten an deinem Job?

Ich kann anderen Menschen ermöglichen, ihre Träume zu leben.

Und was nervt dich manchmal?

Die Buchhaltung. (lacht)

(c) Carina Antl

Wie bist du in die Branche gerutscht und wann hast du gewusst, dass du in dem Bereich arbeiten möchtest?

Es hat sich so ergeben. Ich habe in meiner Band bald gemerkt, dass ich nicht das Talent habe, so gut zu werden, wie man es als Musiker sein sollte. Ich habe aber von Anfang an alles im Hintergrund geregelt und das hat mir immer schon mehr Spaß gemacht.

Welche Ausbildung würdest du Leuten empfehlen, die deinen Job machen wollen?

Es ist alles keine Wissenschaft. Das Wichtigste ist, eine Begeisterung dafür mitzubringen. Eine klassische Ausbildung schadet nicht, ist aber nicht zwingend notwendig. Natürlich bin ich froh, dass ich eine FH für Medienmanagement gemacht habe. Für meinen Job ist es wichtig, wirtschaftlich fit zu sein und Medien zu verstehen. Aber ich denke, man kann sich viel Wissen mit „learning by doing“ aneignen. Beschäftige dich damit, lies dich in die Thematik ein und versuche, so früh wie möglich Erfahrung in der Branche zu sammeln und Kontakte aufzubauen.

Dein Tipp an alle, die im Musikbusiness durchstarten wollen?

Man muss realistisch sagen, dass die Musikindustrie für viele ein brotloses Business ist. Für den Anfang würde ich empfehlen, zum zweimonatlichen Musikstammtisch ins „treubleiben“ in Wien zu kommen und die Leute kennenzulernen. Ansonsten: Das Beste ist, sich nicht auf die Suche nach einem Job zu machen, sondern sich selbst einen zu schaffen.

 


Teil 2 – Bernhard Kaufmann im Portrait

Was ist der schönste Teil an der Arbeit mit deinen Künstlern?

Der Start. Es ist schön, Musik zu bekommen und sich dann zu überlegen, wie man den Künstler aufbauen kann. Wie visualisiere ich die Musik in Videos? Über welche Kanäle und Medien erreiche ich die passende Zielgruppe? Wie wird der Künstler sein Geld verdienen? Das ist nämlich nicht bei jedem gleich. Die einen sind beispielsweise stark im Livesegment, die anderen eher Radiokünstler. Je nachdem muss der Fokus anders gelegt und die Marketingstrategie ausgerichtet werden. Basierend auf all den Einflüssen von Veranstaltern, Bookern, Labelbetreibern, Medien und natürlich dem Künstler selbst, ergibt sich dann für jeden eine individuelle Landkarte, die man beschreiten kann.

Vor gut 20 Jahren hast du selbst angefangen, in der Band Guadalajara zu spielen. Was hat sich für Künstler seither geändert?

In Zeiten vor Myspace und Co war alles unglaublich livelastig. Da in den Medien kaum Platz für österreichische Künstler war und auch die Radios wenig heimische Musik gespielt haben, war der einzige Weg, Menschen zu erreichen, live zu spielen. Heute hat sich die Medienlandschaft demokratisiert und mir ist es bei einem Release relativ egal, ob die klassischen Medien darüber berichten. Mit den richtigen Marketingmaßnahmen und Social Media kann ich selbst meine Zielgruppe erreichen. Klassische Medien sind zwar super zur Imagebildung, aber nicht mehr unbedingt notwendig, um erfolgreich zu werden. Heute hat man generell viel mehr selbst in der Hand. Dank Streaming wurden Zugangsbarrieren abgebaut. Man braucht nicht mehr zwingend einen starken Vertrieb, der dich in die CD-Regale bringt.

Ist es heute also einfacher, den Durchbruch zu schaffen?

Ein guter Song wird sich durchsetzen. Natürlich muss man die entsprechenden Kanäle bespielen und braucht am Ende des Tages Geld dafür. Die Leute vergessen oft, dass es mit einem guten Album allein nicht getan ist. Neben der Produktion sollte man die Hälfte seines Budgets für Marketingmaßnahmen einplanen, um die Aufmerksamkeitsspirale um einen Künstler aufzubauen. Dabei ist eine realistische Einschätzung des Marktes wichtig. Zu wissen: Wer ist meine Zielgruppe und wie erreiche ich sie? Und das ist dank den unterschiedlichsten Channels heute technisch einfacher als früher. Es ist aber immer noch harte Arbeit und Musiker sein ist genauso ein Job wie jeder andere.

(c) Carina Antl

Was muss ein Musiker im Jahr 2020 mitbringen, um Erfolg zu haben?

Authentizität. Wenn du das machst, worin du wirklich gut bist, ist es nur noch eine Frage des Momentums. Wenn du mit der richtigen Musik zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist, kann es wahnsinnig schnell gehen. Wir erleben zurzeit gerade extreme Hypezyklen. Musik ist heutzutage äußerst kurzlebig geworden – vor allem im Mainstream. Früher prägte ein Musikstil ein Jahrzehnt, heute haben wir beinahe jährlich einen neuen Hype.

Welchen Tipp – ohne dich als Consulter arbeitslos zu machen – kannst du jungen Musikern mit ins neue Jahr mitgeben?

Es ist immer gut, jemanden dabei zu haben, der einen Blick von außen auf die Band hat und eingreifen kann, wenn sich etwas in eine unkluge Richtung entwickelt. Allein zu starten, ist sehr schwierig. Mir kommt oft vor, als würden Künstler – koste es, was es wolle – ihr Ding durchziehen wollen, ohne darüber nachzudenken, ob ihr Konzept überhaupt wirtschaftlich funktionieren kann (wenn man es nicht nur als Hobby machen möchte). Jemanden mit Erfahrung ins Boot zu holen, spart oft viele Leerkilometer. Und ein gut produziertes Album mit Hilfe von außen kostet oft nicht wesentlich mehr, kann dich aber in deiner Entwicklung einige Schritte nach vorne bringen. Das kann eine Agentur sein, oder auch jemand aus dem Freundeskreis, der das lernt.

Wie beurteilst du die Beteiligung ausländischer Firmen an heimischen Konzernen – Stichwort deutsche Investoren an der Arcadia & Barracuda – und die damit einhergehende Monopolisierung?

Der Livemarkt ist überhitzt und ich glaube, die goldenen Zeiten sind vorbei. Die Barracuda hat zum richtigen Zeitpunkt verkauft, bevor es jetzt – meiner Meinung nach – bald bergabgehen wird. Natürlich befürworte ich keine Monokultur, aber ich denke nicht, dass sich viel ändern wird, außer dass Konzerttickets teurer werden.

Du bist schon sehr lange dabei und hast dich vorbildlich gut gehalten. Wie schafft man es, in einer derart kurzlebigen und jungen Branche, würdig alt zu werden?

Darüber habe ich mir tatsächlich schon Gedanken gemacht. Ich gehe nicht mehr so oft fort und versuche mein Leben glücklich zu gestalten. Glücklichsein hält jung. Ich glaube auch, dass man als Musikmanager im richtigen Genre – wie etwa Austropop – würdig altern kann. Schwieriger wird es zum Beispiel als Yung Hurn Manager, dort herrscht jugendlicher Nihilismus. (lacht) Mit älteren Acts klappt das auch als älterer Manager.

Würdest du heute irgendwas anders machen?

Ich glaube nicht. Ich hatte gute und schlechte Zeiten. Hätte ich das nicht alles durchgemacht, hätte ich nicht das Know-how, das ich jetzt habe. Erst wenn du die Tiefen erlebt hast, kannst du die Höhen genießen. Für mich war eine der wichtigsten Lektionen im Leben: Schätze die Tiefpunkte und sage dir: „Ok, jetzt weißt ich, wie das ist. Das will ich nie wieder erleben, ab jetzt mache ich es anders!“

Vielen Dank für das nette Gespräch und deine Einblicke hinter die Kulissen!

Mehr zum Thema