Hundstage

Wir müssen reden! #58

Martin ist 25, studiert mehr oder weniger motiviert Publizistik und will später mal „irgendwas beim Radio“ machen. So weit, so langweilig. Was den jungen Wahl- Zürcher mit Wiener Wurzeln von seinen Kommilitonen und anderen Leuten aus seinem alltäglichen Umfeld unterscheidet, ist sein Alter Ego namens „Puppy Benji“.

Hallo Martin! Erzähl mir von Benji.
Puppy Benji ist mein Name in der Petplay-Szene. Ich begebe mich dabei in die Rolle eines jungen Hundes und werde dann auch wie einer behandelt.
Du wirst wie ein Hund behandelt? Und wann oder wo passiert das? Einfach so auf der Straße?
(lacht) Nein, nein. Sorry, ich muss das besser erklären. Petplay ist Teil der Fetisch- und BDSMSzene. Wenn ich als Puppy Benji unterwegs bin, dann nur privat oder bei Szeneveranstaltungen. Da trage ich dann auch meine Ledermaske und oft einen Rubbersuit. Im Alltag bin ich ja eher unauffällig.
Und wie funktioniert das dann? Hast du ein Herrchen?
Ja, ich habe eine Herrin, meine Freundin. Wir leben seit etwa einem Jahr in einer Beziehung, wobei sie den dominanten Part einnimmt. Ich stehe darauf, die Kontrolle vollkommen abzugeben und mich voll und ganz führen zu lassen. Das kann meine Freundin sehr gut. Es ist aber nur im sexuellen Bereich so „aufgeteilt“. Ansonsten sind wir ein ganz normales Studentenpärchen mit geregeltem Alltag.
Wie läuft das sexuell dann ab bei euch?
Wie gesagt, es geht eben um Unterwerfung. Und irgendwie auch um Entmenschlichung. Sie führt mich an der Leine durch die Wohnung, trainiert und dressiert mich – wenn nötig auch mit Tritten und Schlägen. Belohnt werde ich durch Streicheleinheiten, wenn ich etwas gut gemacht habe. Wir gehen da total in unseren Rollen auf.
Und das ist geil?
Ja sehr! Natürlich haben wir auch regulären Sex – Missionarsstellung und so weiter. Aber beim Petplay geht es vor allem um die Freiheit und den Spieltrieb. Zum Geschlechtsakt kommt es dabei eher selten. Ich lecke sie aber sehr gern – wie es sich für einen braven Hund gehört! (grinst)
Okay. Aber mit richtigen Tieren hat das nichts zutun, oder?
Nein! Das ist ganz wichtig zu betonen! Petplay ist weit weg von Zoophilie. Echte Tiere sind und bleiben Tabu und interessieren uns auch gar nicht.
Könntest du dir vorstellen, ein „Vollzeit-Puppy“ zu sein?
Hmm… Ich glaube nicht, nein. Als Rollenspiel zum Abschalten, um alle Sorgen und Probleme für ein paar Stunden vergessen zu können, ist es perfekt. Das möchte ich nicht mehr missen. Aber rund um die Uhr? Nee. Dafür habe ich noch zu viel vor im Leben.
Was denn so?
Erst mal natürlich endlich das Studium abschließen, dann einen Job beim Radio. Am liebsten als Musikredakteur. Und vielleicht auch mal heiraten, Kinder kriegen, das volle Programm. Da hat man schon Vorteile, wenn man ein Mensch ist. (lacht)
Haha, ja wahrscheinlich. Ich wünsch dir alles Gute!