Stromerbrechen

Ghettoblaster

Unfasslich #77

How To: Musikhören in der Öffentlichkeit

Ich komme mittlerweile in immer regelmäßiger werdenden Abständen in den Genuss, in der U-Bahn umgeben von lauter Gangstashit-Musik von Station zu Station zu fahren und das Kopfschütteln der umliegenden Menschen zu begutachten. Interessanter-weise scheinen vor allem jene Zeitgenossen, die Songs nach Anzahl und Häufigkeit der verwendeten Schimpfwörter auswählen, das dringende Bedürfnis zu hegen, ihre Lieder mit der Öffentlichkeit zu teilen.Was Menschen genau dazu bewegt, ihrer musikalischen Leidenschaft nachzugehen, ohne Kopfhörer zu verwenden, blieb mir bisher verborgen. Vormals als gemeinsames Musikhören in der Gruppe zumindest halbwegs rational vertretbar, findet man inzwischen immer mehr Einzelgänger, die ihre, sagen wir einmal intellektuell weniger wertvolle Musik angeregt im Takt wippend in der U-Bahn präsentieren. Besonders ansprechend ist übrigens ein Live-Remix. Dies geschieht immer dann, wenn zwei der Musiklauthörer aufeinandertreffen und keiner nachgeben will. So verbrachte ich erst vor Kurzem mehrere Stationen mit dem Gefühl, direkt im nächsten Gangsta-Battle zu sitzen. Liebe Mitmenschen, die ihr für meine umfassende auditive Begeisterung sorgt: Können wir uns vielleicht darauf einigen, andere Leute mit dem eigenen Musikgeschmack nicht zwangszubeglücken? Ich lese ja auch nicht lautstark aus der Zeitung vor, während ich in der Bim sitze, gurgle klanglich ansprechend mit meinem Morgentee oder trage meinen Ohrwurm in akustischer Vielfalt im 13A vor. Naja, vielleicht mach‘ ichs einfach beim nächsten Mal …

 

Mehr zum Thema