Wir bleiben treu?

Let's Talk About Sex #61

Heutzutage gibt es kaum noch Menschen, die noch nie von ihrem Partner betrogen wurden oder selbst treulos gehandelt haben. Woran liegt das? Fakt ist: Nicht nur Singles konsumieren Pornografie, gehen zu Prostituierten oder haben One-Night-Stands!

Populärwissenschaftliche Literatur rät uns Sexstellungen zu wechseln und legt uns das Kamasutra ans Herz. Kurz um: „Bring mehr Pepp in dein Sexleben, dann bleibt dir dein Partner treu!“ – Naja, vielleicht ist es doch sinnvoller, den Partner zu wechseln. Neuer Körper, neues Glück – oder? Das ist auch einfacher, als uns selbst einzugestehen, dass wir es verlernt haben, „Liebe zu machen“.

WIE KOMMT ES ZU EINEM TREUEBRUCH …

Wenn eine Beziehung aus einem sexuellen Verlangen heraus entsteht! Es kann Monate oder auch Jahre dauern, gewiss ist sie mit einem Ablaufdatum versehen. Das sexuelle Verlangen ist eine Hure und jeder, der unter ihrem Joch steht, zahlt den Preis der Vergänglichkeit dafür.
Überhallt das Echo deines Egos den Klang deines Herzens, wird der Mensch für dich zu einem sexuellen Objekt, das allein zur Befriedigung deiner Bedürfnisse dient. Objekte sind austauschbar! Schon bald findest du ein viel schöneres und neueres Modell, das mehr Spaß verspricht. Zumindest auf den ersten Blick. Das Schlimme dabei ist, dass dich die Gier deines Egos blind werden lässt, während du dich selbst zum Objekt degradierst und selbst zu einer austauschbaren Sache wirst.
Untreue herrscht in all jenen Beziehungen, in denen zwei Egos aufeinandertreffen! Sexuelle Befriedigung wird hierbei auf ein punktuelles Erlebnis reduziert, sofern es überhaupt dazu kommt. Sekunden später ist der Orgasmus dahin, der Mann fällt in einen mitleidserregenden Schlaf, während die Frau unbefriedigt kein Auge zumacht. Es dauert nicht lange, bis die Flamme der Leidenschaft erlischt. Keine Befriedigung, sondern ein Gefühl der Leere bleibt zurück.
Würde dieser Sex die Erfüllung bringen, nach der wir uns sehnen, gäbe es keine Untreue, keine Prostitution und keine Pornografie. Dann gäbe es keine serielle Monogamie, bei der ein warmer Körper in einer Endlosschleife durch einen anderen ausgetauscht wird. Der Mensch hätte bereits den scheinbar fortschrittlichen Charakter eines glücksverheißenden Beziehungskonzepts, wie Polyamorie, als vermeintlich evolutionären Rückschritt entlarvt.
Sex findet hierbei nicht aufgrund sexueller Begierden statt, sondern basiert auf der tiefen Liebe, die du für den anderen empfindest. In solch einer Vereinigung ist der einzige Grund mit dem Partner zu schlafen, das Bedürfnis, in seine Gedanken- und Gefühlswelt einzutauchen, eins damit zu werden. Zwei Universen, die aufeinandertreffen und zu einer harmonischen Ganzheit verschmelzen. „Liebe machen“ geht über die punktuelle Befriedigung, die auf Orgasmen reduziert ist, hinaus und kann Wochen, Monate, sogar Jahre mit dem Gefühl der tiefen Zufriedenheit einhergehen. Zufriedenheit erkennt die Fülle in jedem Moment, ohne mit einem Auge zu den scheinbar defizitären Seiten des Lebens zu schielen. Keinen Drang mehr, etwas unbedingt haben zu müssen oder erreichen zu wollen. Kein Verlangen, den anderen zu besitzen! Du bist in dir angekommen. Dein Ego ist gestorben und Treue dir zur Religion geworden!