Der „Ex“-Anker!

Let's Talk About Sex #49

Wir alle kennen sie, diese berühmt berüchtigten Liebesbeziehungen, deren Status, ähnlich einem Ping-Pong Ball, im wöchentlichen Rhythmus zwischen getrennt und zusammen sein hin und her springt. Diese Kursschwankungen strapazieren nicht nur das Nervenkostüm von Freunden und Verwandten, sondern verursachen vor allem bei den Insassen dieser Gefühlsachterbahn ein Schleudertrauma.

On-Off-Beziehungen haben zwei Gesichter. Sie sind umgeben vom Nebel des Mystischen, aber auch gleichzeitig des Grauens. Man sucht vergeblich nach Antworten. Wieso kommen beide nicht voneinander los? Ist es die große Liebe, oder versteckt sich der Wolf im Schafspelz? On-Off-Beziehung, mystische Liebesverstrickung oder einfach nur Seelenkrüppel mit einer Loslass-Phobie?
Meiner Erfahrung nach sind solche Verbindungen ein Kampf, der immer Gewinner und Verlierer hervorbringt. Doch in der Liebe gibt es weder noch, nur zwei Menschen, die am Ende einer Beziehung vor den Trümmern ihrer Träume stehen und das verwüstete Schlachtfeld der „Liebe“ mit gesenktem Haupt verlassen.

Warum Loslassen so schwer sein kann…

Nicht selten fungiert unser „Ex“-Partner als ein unsichtbarer Anker, der unser Lebensboot im Hafen der Sicherheit vor sich hin dümpeln lässt. Ach, ist das Leben nicht schön, alles bleibt beim Alten, denn früher war doch sowieso alles besser, was der Bauer nicht kennt, isst er nicht.
Wir klammern uns bewusst, aber auch unbewusst an unsere Altlasten, da uns die Leichtigkeit des Losgelöstseins verunsichert. Der „Ex“-Anker mag uns scheinbaren Schutz vor dem unwillkürlichen Wind des Schicksals bieten. Doch sehnen wir uns nicht ab und an genau nach diesem, der uns unter die Flügel fährt und den Phönix aus der Asche steigen lässt.
Während wir uns unüberbrückbaren Streitigkeiten einer On-Off-Beziehung hingeben, besetzt unser Ego den Thron der Rechthaberei und lässt am Ende unser Herz im Kerker versauern. Unser Hochmut suhlt sich in Selbstmitleid und duldet keine Gnade, sondern verzehrt sich nach Rache. Diejenigen, die zur Großherzigkeit befähigt sind, vergeben und vergessen können, dürfen meiner Ansicht nach in Betracht ziehen, der Liebe einen zweiten Frühling zu schenken. Bei all jenen, bei denen das Ego das Zepter in der Hand hält, bleibt nur der einsame Blick in den Spiegel, mit der Hoffnung eines Tages die Reflexion unserer eigenen Schattenseite im Außen zu erkennen. Vielleicht werden wir wieder Herr unserer Sinne und stellen fest, dass jemanden die Schuld zu erlassen auch gleichzeitig bedeutet, von ihr selbst erlöst zu werden.
Liebe ist ein ständiger Fluss durch hohe und tiefe Täler, der allen emotionalen Witterungszuständen ausgeliefert ist. Schwere emotionale Regenfälle unserer eigenen Unzulänglichkeit lassen den Fluss zu einem reißenden Strom werden. In schlechten Zeiten verschmutzen wir ihn, in guten Zeiten kann er sich durch Verständnis und Vergebung reinigen. Manchmal windet er sich in zahllosen Biegungen und muss am Ende getrennte Wege gehen, manchmal bleibt er auch auf ewig zusammen. Was zählt, ist einzig und allein dem Stillstand der persönlichen Entwicklung zu entrinnen, uns von der Wildheit des Lebens treiben zu lassen und dem individuellen Lebensweg Vertrauen zu schenken.