A Dark Side In Us There Is

Innenleben #44

Kann mir mal bitte jemand die Regeln in diesem Spiel der Liebe erklären? Oder eine Gebrauchsanweisung zukommen lassen? Langsam wird’s etwas mühsam, ständig nur etwas aus Beziehungen ‚zu lernen‘. Zwei Schritte vor und einen zurück. Wie viele Levels hat das Ding eigentlich? Gibt es Speicherpunkte? Oder muss man nach dem Scheitern einer Mission wieder zurück an den Anfang?

Es ist ja schön und gut, dass das Leben nicht immer linear verläuft, aber ein paar Koordinaten mehr wären schon super, um sich etwas leichter zurechtzufinden. Oder gibt es vielleicht irgendwo eine Auflistung meiner bisher gesammelten Items? Ich würd‘ da gerne mal etwas ausmisten. Ich glaub‘ nämlich, dass ich ganz schön viel unnötigen Kram aus früheren Levels mit mir herumtrage.

Ich setze mir die Sonnenbrille auf die verheulten Augen und wage mich nach zwei Tagen beinahe vollständiger Selbstmitleids-Auflösung wieder raus auf die Straße. Zuerst einmal nur zum Bäcker ums Eck. Der erste Schritt aus dem altbekannten Loch: Ein Brot beim Bäcker bestellen, ohne losheulen zu müssen. Mit gesenktem Kopf und klopfendem Herzen bringe ich ein „Einmal die Hälfte des Dinkelbrots, bitte“ in einem viel zu höflichen und vorsichtigen Ton hervor. Verdammt, hab ich die letzten zwei Tage eigentlich ein Wort gesprochen?

Und kurz bevor mir ein neuer Schwall Tränen in die Augen schießt, stapfe ich wieder nach Hause. Ich weiß nicht, ob es den einen netten Weg gibt, um einem Menschen mitzuteilen „Du, äh nein, ich glaub, das wird vermutlich doch nichts. Das Ding hier … das passt nicht ganz“. Bin ich nun der Böse im Spiel, nur weil ich doch nicht verliebt bin? Das Mitleid meiner Freunde hält sich in Grenzen. „Warum heulst du jetzt so rum? Es war deine Entscheidung.“ Ja eh … aber manchmal bricht dir dein Herz mit, wenn du jemand anderem das Herz brichst. Vielleicht ein Gesetz der ausgleichenden Gerechtigkeit. Oder ich bin einfach viel zu emotional. Ich will verdammt nochmal nicht die Böse sein! Die Guten sind mit ihren Missionen beschäftigt und ein Böser steht ihnen da eben manchmal kurz im Weg, nimmt ihnen ein paar UPs ab, bis sie schließlich weiter machen können mit ihrem never-ending quest to find true love. Oder so ähnlich… Eine Notification wäre nett gewesen: Stop! If you cross that line, you will get evil. Oder: Attention! Your heart has been broken too often, no space for any feelings left. Denn irgendetwas hat den kleinen unschuldigen Anakin in mir in Darth Vader verwandelt. So fühle ich mich zumindest, während ich hier in meinem Ego-Mitleid ertrinke: „Ich armes Ich, ich.“

Es ist nicht leicht, sich einzugestehen, dass die Mission erneut gescheitert ist. Man glaubt, man hat alle Items beisammen, wäre gerüstet für den Endgegner. Aber nein, es hat nicht fürs Happy End gereicht. Wieder nicht. Denn am Ende kann einem die noch so harmlos aussehende Schildkröte ein UP kosten: Musst du eigentlich immer ein Lied summen, wo du doch überhaupt kein Gefühl für Melodie und Takt hast? Kannst du bitte damit aufhören, mich jeden fucking Morgen zu fragen, ob ich gut geschlafen habe? Echt? Ja klar, ich bin neben dir gelegen und hab nur von dir geträumt. Bullshit! Und ernsthaft: Du findest Rammstein cool? No Way!?

Wir sind doch alle auf der Suche nach unserer wahren und einzigen Liebe, unserem Seelenverwandten, unserem besten Freund und Liebhaber. Vielleicht sind meine Vorstellungen durch den übermäßigen Konsum von amerikanischen Romantic Comedies verklärt. Mag sein. Aber ich bin überzeugt, dass da draußen irgendwo mein ‚meant to be‘ herumläuft. Der eine, der mich umhaut, der mich magisch anzieht, der mich fordert und inspiriert. Und auch, wenn ich scheinbar grad der Böse im Spiel bin: Darth Vader ist doch irgendwie auch nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht und ihn bittet, es zu lieben.