Analoge Aufbruchstimmung

Die Stadt ist mein Blog

Der heimische Soundtüftler Florentin Berger-Monit alias Toju Kae präsentiert am Donnerstag, den 11. Juni, im Club Titanic sein zweites Album mit dem Titel ‚Unfold‘. Es ist der Nachfolger seines tollen Debüts ‚Villa/11 Rooms‘, mit dem er weniger Melancholie und Sehnsucht, dafür mehr Tracks für den Club parat hält.

VOLUME hat den Musiker ein paar Fragen zu seinem neuen Album gestellt.

Warum veröffentlichst du deine Platten eigentlich auf einem Schweizer Label? Gibt es in Österreich keine Möglichkeiten?

Toju Kae: Nun ja, ich habe 2013 Philipp Alioth, den Chef von Neopren kennengelernt, er hat mir das Studio gezeigt, in dem er arbeitet und mastert und ich hab mich in das Konzept des Labels verliebt. Das ist kein Big Business, das ist pure Liebe zu (elektronischer) Musik, Synthesizern. Alioth ist Sammler, purer Wahnsinn, was alles in diesem Studio steht. In Österreich hat sich jetzt seit Jahren nichts mehr ergeben, obwohl es doch ein paar Labels gibt, die mir sehr gefallen und mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde.

‚Villa/11 Rooms‘ war sanfter, wesentlich verträumter, Song-orientierter. Warum drängst Du mit deinem Zweitwerk wieder mehr in Richtung Club?

Toju Kae: Da steckt auch viel Persönliches drinnen: Jetzt verspüre ich tief in mir drinnen eine Aufbruchstimmung. Mit dem ersten Album habe ich mich, teils bewusst, teils unbewusst vom Club distanziert. Ich bin auch in dieser Zeit wenig bis fast nie ausgegangen. Es war für mich eine neue Erfahrung, Musik nur aus dem heraus zu gestalten, was in mir drin ist, nicht darüber zu reflektieren (oder es zu müssen), ob es denn in diesem oder jenem Setup funktionieren und gut ankommen kann. Diesen Grundsatz habe ich mir behalten, auch wenn die neue Platte verstärkt in Richtung Club schielt.

Was sind für dich die größten Unterschiede zwischen Album eins und Album zwei?

Toju Kae: Der Sound, die Herangehensweise und die bewusste Deplatzierung melancholischer Gefühle.

Das Album sollte auf alle Fälle nicht nach einer aalglatten und digital produzierten Platte klingen? Was stört dich an solchen Produktionen?

Toju Kae: Im richtigen Kontext stört mich nichts daran. Allerdings war für mich nach zwei, drei Nummern klar, dass eben dieser aalglatte Sound nichts für dieses Album ist, den Nummern nicht gerecht wird.

Warum hast Du das analog, nach Vinyl klingenden Knacksen digital hinzugefügt?

Toju Kae: Zum Teil ist es digital hinzugefügt, zum anderen Teil sind es bewusste Clips und Clicks von gecutteten Samples oder falsch eingestellten Compressoren. Auch hundsmiserable Sample Rates machen Spaß. Regeln brechen, ich bin ja auch noch ein bisschen pubertär.

Du fertigst relativ wenige Remixe an – lässt dich auch kaum remixen. Warum?

Toju Kae: Das ist eine gute Frage, die ich leider nicht direkt beantworten kann. Ich remixe eigentlich gern, komme aber viel zu selten dazu.

Du beschäftigst dich viel mit der japanischen, asiatischen Kultur. Was genau fasziniert dich daran, welche Rolle spielt sie für deine Musik?

Toju Kae: Die Mischung aus Extremen, die in diesem Land herrschen, spricht mich an. Das Fundament der Gesellschaft, die Kultur, der Buddhismus, der Shintoismus, die Geschichte des Landes, das Essen, die Klänge in der Natur – das ist alles ganz fern, aber irgendwie immer schon in mir drin.

Inwieweit prägt Wien, die Stadt in der Du lebst, produzierst, deine Musik?

Toju Kae: Ich liebe Wien. Die Stadt ist abwechslungsreich und trotzdem gemütlich. Eine schöne Homebase, in der eine gute Suppe köchelt.

Lässt Du dich von aktueller Clubmusik beeinflussen?

Toju Kae: Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen: Nein.

Welche Künstler, Labels üben zurzeit einen Einfluss auf dich aus?

Toju Kae: Puh. Einfluss ist schwer. Ich vergleiche mich selten und probiere auch niemandem nachzueifern. Aber es gibt natürlich eine Reihe von Künstlern, die mich faszinieren und die mich in meiner musikalischen Entwicklung nicht unberührt ließen: Kieran Hebden und fast der ganze Katalog seines Labels Text, viele Hotflush Platten, Kevin Shields, Dimlite, Matthew Herbert, Jon Hopkins, Cid Rim, Kelpe… um nur einige zu nennen.

Was dieses Wochenende in Wien läuft? Hier kommen die völlig subjektiven Empfehlungen vom Stadtversteher Weise…

Freitag

Es gab Zeiten in Wien, da gab es außer der Blue Box kaum lässige Lokale, in denen sich der Kunststudent oder Musiknerd zum regen Austausch, zum Bier treffen konnte. In den 80ern und 90ern war die Blue Box eines der wichtigsten Szenelokale in Wien. Nach dem Abgang von Herbert Molin, der seither das rhiz in den Gürtelbögen betreibt, rutschte das Lokal nach und nach ab: Besitzer kamen und gingen, die Speisekarte wechselte ständig und musikalisch hat man sich für Konservenware und gegen Live-Beschallung entschieden. Am Freitag wird sich die Blue Box erneut in einem neuen Gewand präsentieren. Diesmal will man aber „eine Brücke zwischen der alten Zeit und heute zu bauen“, wie es in der Facebook-Einladung geschrieben steht. Es werden dort also wieder DJs auflegen und auch Bands auftreten. Hoffentlich haben da die Anrainer nichts dagegen. Den Beginn machen auf jeden Fall Konea Ra, Dzihan mit DJ-Sets sowie die beiden Singer/Songwriter Lemo und Ankathie Koi mit einer Live-Performance. Beginn: 18 Uhr.
Bei einer weiteren Ausgabe von Dreif im Heuer gastieren unter anderem die Beat-Spezialisten Moogle und Amblio an den Turntables. Diese Chose ist auch die Afterfilmparty von Kino am Naschmarkt, eine Open-Air-Veranstaltung am Naschmarkt-Parkplatz.  Das Programm beginnt mit der Kopfhörerausgabe (20 Uhr), einer Auswahl an Kurzfilmen von VIS Vienna Independent Shorts. Was danach als Hauptfilm gezeigt wird, weiß noch keiner. Das Verblödete daran: Es haben bereits über 21.000 Menschen beim Facebook-Event zugesagt. Häää?!
Mit nur einem Bruchteil dieser Masse kann das The Birds & The Bees mit der Canyoudigit-Crew an den Reglern im Volksgarten Pavillon aufwarten.
DJ DSL legt im Cafe Leopold seinen Lieblings-HipHop und Soul auf.
In der Auslage wird der aus Glasgow stammende DJ und Produzent Harvey McKay (Drumcode/Cocoon) seinen fluffigen, stampfenden wie treibenden Klicker-di-Klack-TechHouse auftischen.
In der Pratersauna gibt es bei der Klubnacht feinen Detroit-Techno von Bell, der in den 1980er-Jahren von Richie Hawtins Label Plus 8 Records unter Vertrag genommen wurde und in den folgenden Jahren viele Tracks ablieferte. Mitte der Nullerjahre wurde es aber ruhig um ihn. Das Auflegen hat der Glatzkopf aber keineswegs verlernt, was man in einem Boiler-Room-Set nachhören kann.
Der Fesch’Markt macht wieder Station in der Ottakringer Brauerei. Vom 12. bis 14. Juni kann man sich dort also mit  Mode, Vintage-Möbel und diversen Einrichtungsgegenständen eindecken – die Bedürfnisse werden geschürt und wohl auch befriedigt werden. Über 200 Nachwuchstalente aus dem In- und Ausland präsentieren ihre Entwürfe. Der Schwerpunkt liegt dieses Mal auf Delikatessen. Neben einem eigenen Food-Bereich wird auch Einblick in die neusten Fahrrad-, Skate- und Longboard-Trends gewährt. Am Freitagabend kann man sich nach dem Rundgang auch noch einen Film ansehen – in Kooperation mit dem Volxkino zeigt man ab 21.30 Uhr bei freiem Eintritt den heimischen Spielfilm „Gruber geht“. Der Eintritt zum Fesch’Markt kostet 4 Euro.

Samstag

Beim Theobaldgassenfest machen alle Shops und Läden gemeinsame Sache. Ladenhüter werden günstigst an den Mann oder die Frau gebracht, es wird auf der Straße gefeiert, musiziert und aufgekocht. Am Mittag kann man dort dann durchspazieren, schmökern und sich wohlfühlen.
We Walk Walls veröffentlichen ihr zweites Album und laden deshalb bei freiem Eintritt zur Album-Release-Party ins Fluc. Über ein Jahr lang haben sie an den insgesamt zehn neuen Songs geschrieben. Zu Hause, auf Tour oder im Proberaum. Gemeinsam mit dem erfahrenen Produzenten und Musiker Christoph Mateka (Gudrun von Laxenburg) zog sich die Band in ein abgeschiedenes Kellerstudio für vier Monate zurück. Dort wurde Tag und Nacht mit Konzentration und Liebe an Details gefeilt, Melodien verfeinert, Texte umgeschrieben und natürlich aufgenommen. „Opportunity“ (Wohnzimmer Records) heißt das neue Werk.
Mit Salopp geht es dann im Fluc und der Fluc Wanne weiter. Am Programm steht eine kunterbunte wie wohlschmeckende Mischung von heimischen Acts der elektronischen Musikszene: Ogris Debris Ant Antic. Motsa, caTekk und Der Fux.
Bei der Fete Fesch, der offiziellen Afterfeschmarkt-Party kann man sich gleich in das neue Kleidchen, das neue Hoserl, das man am Nachmittag auf dem Fesch Markt erstanden hat, schmeißen und der Öffentlichkeit präsentieren. Fürs Musikalische sorgen Anna Leiser, Mosbee und die Jungs von Deep Baked.
Hart und Dark geht es dann beim Meat Fest mit Fish Market und F*cken Plus zur Sache.

Gefeiert wird im dasWerk und in der Grelle Forelle – ein Ticket für zwei Clubs.  In der Forelle spielt der renommierte DJ, Produzent und Labelbetreiber (Novel Sound) Levon Vincent, der erst kürzlich sein feines Debütalbum veröffentlicht hat, auf. Guter Mann. Im dasWerk gibt es eine Live-Performance der Nuclear Family und ein DJ-Set von Hanno Hinkelbein, seines Zeichens Mitglied der Killekill-Crew und gern gebuchter Gast in Locations wie dem Berghain oder dem Tresor Club. Welchen Sound man erwarten kann, sollte mit diesen Infos klar sein.
In die Auslage kommt Anna Levia vom Berliner Club der Visionäre nach Wien.

Die mit brasilianischen Wurzeln gesegnete Djane und Produzentin pflegt in ihren Sets einen hypnotischen, dezent melodischen Tech-House mit rhythmisch-treibender Schlagseite. Zur Seite stehen ihr unter anderem der Exil-Berliner Thomas Grün und Veronika Amie.

Sonntag

Anschwitzen und abkühlen!