Mi, 25. Mai 2011

Volbeat im Interview: Tak! Danke!

Elvis Metal, Country Metal, Cash Metal – die Klischeeschubladen im Volbeat’schen Schreibtisch sind gut gefüllt. Irgendwas müssen die Dänen aber richtig machen: James Hetfield im Handyspeicher, ausverkaufte Hallen und als Headliner neben Kalibern wie Iron Maiden spielen ist ja nicht ohne. Gitarrist Thomas Bredahl erklärt uns, was das alles soll, warum drei Monate Nova Rock nicht funktionieren und ein Mann beim Pinkeln stehen sollte.

Hi Thomas, wo bist du gerade?

Zuhause in Dänemark – wir haben vorige Woche unsere US-Tour beendet. Heimkommen ist immer komisch, der Tagesplan ist wieder völlig umgedreht. Aber es ist schön, meine Familie wieder zu haben, und das Wetter ist herrlich. Ich kann mich nicht beschweren.

Als du vor ein paar Jahren zu Volbeat gekommen bist, war die Band ein Geheimtipp. Beim Nova Rock in Österreich seid ihr Headliner neben Iron Maiden. Vermisst du manchmal die alten Zeiten?

Ja und nein. Natuürlich ist nun vieles einfacher. Reisen ist zum Beispiel komfortabler geworden (lacht). Der romantische Teil des Tourens geht aber verloren: Sechs Buben in einem kleinen Van auf Roadtrip durch Europa, sowas gibt es nicht mehr. Manchmal, so wie jetzt in den USA, wo wir kleinere Clubshows vor 800 Leuten gespielt haben und in einem Monat 25.000 Kilometer on the road waren, ist dieses Gefühl aber schon noch da. Wir laden jetzt unsere Batterien auf und bereiten uns auf die Festivalsaison vor. Ich mag es, zwischen diesen zwei Welten hin- und herzuschalten.

Ihr spielt oft 200 Konzerte im Jahr. Wie bekommst du das mit deiner zweiten Band Gob Squad unter einen Hut?

Gob Squad liegt aktuell auf Eis. In den Anfangszeiten habe ich eine Show mit Volbeat gespielt, bin danach ins Flugzeug gesprungen, irgendwo anders mit Gob Squad auf der Bühne gestanden und danach wieder ins Flugzeug gestiegen, um wieder pünktlich mit Volbeat spielen zu können. In der Zeit habe ich nicht geschlafen und meine Familie nie gesehen. Musik soll Spaß machen, das tut es aber nicht mehr, wenn Du wochenlang jeden Abend da oben stehst und keine freie Minute mehr hast.

Stichwort Spaß: Wie lustig ist es, in einer Band zu spielen, in der nur eine Person, die nicht Thomas Bredahl heißt, alle Texte und fast die ganze Musik schreibt?

(lacht) Ich find’s angenehm, weil ich nicht viel nachdenken und arbeiten muss. Als ich zur Band kam, hat Michael (Anm. d. Red.: Poulsen, Sänger und Boss von Volbeat.) alles allein gemacht. Er ist aber immer offen für Ideen. Das ist auch der Grund, warum man auf den letzten zwei Alben, bei denen ich schon dabei war, viele Einflüsse von mir hört. Ich spiele ihm zum Beispiel ein neues Riff vor, und wenn es ihm gefällt, bastelt er einen Song rundherum. Es ist nicht so, dass wir uns vier Wochen vor der Tour treffen und Michael sagt dann, was wir zu tun haben. Um es so zu sagen: Michael kocht das Essen und wir würzen es nach.

Ihr wart vor zwei Jahren mit Metallica auf Tour: Gibt’s da Erlebnisse backstage, die du uns verraten möchtest?

(lacht) Die Jungs von Metallica sind ganz normale Typen. Wir sind ein paar Mal gemeinsam Essen gegangen und haben ein bisschen getrunken. James trinkt ja keinen Tropfen Alkohol mehr, und er ist dann auch immer gegangen, bevor die anderen betrunken waren. Es macht keinen Spaß, nüchtern unter zehn besoffenen Typen zu sitzen. Das respektiere ich nicht nur, sondern ich bewundere ihn dafür auch. An diesen Abenden haben wir meistens über unsere Familien oder über Autos gesprochen. Da sind Metallica mit ihren Privatsammlungen ja Spezialisten, vor allem James. Stell’s dir vor wie einen Abend mit deinen Freunden: langweilige Alltagsgespräche (lacht).

Wie kann ich mir dann Volbeat im Tourbus vorstellen? Lest ihr schlaue Bücher und schlürft grünen Tee? Oder gibt’s doch Bier und Elvis?

Irgendwo dazwischen. Wenn man so lange auf Tour ist, bist du einfach nicht jeden Abend betrunken, das geht körperlich nicht. Deine Leser sollen sich vorstellen, wie es wäre, nicht bloß drei Tage beim Nova Rock zu sein, sondern drei Monate lang. Da muss man irgendwann bremsen. Aber klar, ab und zu steigt eine Party im Bus. Die besten sind immer die, bei denen man eigentlich nur ein Bier trinken wollte (lacht). Was dazu kommt, ist, dass man lange mit vielen Menschen auf engstem Raum lebt. Nach persönlichem Freiraum muss man dann richtig suchen, auch der Bandchemie zuliebe. Wenn du nicht genug Zeit für dich allein hast, entsteht Lagerkoller. Dann gibt’s erst recht keine Parties. Irgendwie ist es, wie in einem UBoot eingesperrt zu sein.

Ist es euch wichtig, dass die Fans das Rahmenerzählungskonzept begreifen, das sich wie ein roter Faden durch die letzten Alben zieht?

 

Ich finde diese Geschichte interessant, weil ihr Inhalt nur vordergründig eine Story erzählt, auf einer parallelen Ebene aber Aspekte aus Michaels Leben aufgreift. Er kann damit Persönliches auf fiktive Charaktere projizieren, ohne selbst als realer Darsteller aufzutreten. Ich kann mir zu einigen der Songs auch gut einen Film oder Kurzfilm vorstellen, manche sind ja wie ein Drehbuch aufgebaut.

 

Die letzte Nummer auf dem letzten Album – ‚Thanks‘ – ist eine der perfektesten Fan-Verneigungs-Hymnen. War das von Michael so geplant, um einen genialen Set-Closer im Talon zu haben?

 

Wie Bands mit ihren Fans umgehen, ist normal eine Einbahnkommunikation. Wir sind zwar auf Facebook und antworten auch persönlich, aber wenn ich so wie jetzt dieses Interview führe, dann ist das nur indirekte Kommunikation mit den Fans. Es ist einfach, auf der Bühne zu stehen und ‚Danke‘ zu sagen. Unser Weg, ihnen das aufrichtiger und direkter zu sagen, war, einen Song für sie zu schreiben. Soweit ich weiß, hat das auch noch niemand zuvor gemacht. Allerdings haben wir ‚Thanks‘ noch nie als Closer verwendet. Gute Idee!

 

Zum Abschluss ein Manierencheck: Wenn du bei einem Mädchen zuhause eingeladen bist, stehst du dann beim Pissen oder setzt du dich hin?

 

(lacht) Hängt davon ab, wie betrunken ich bin. Nein, ernsthaft. Männer sollten beim Pissen stehen, denke ich, dafür wurden wir gebaut. Aber ich bin ein Gentleman und setze mich in solchen Fällen ausnahmsweise auch einmal hin.

Sehr spritzig! Tak (dän.: Danke) für das Gespräch, Thomas!