Di, 26. Mrz 2013

Russkaja im Interview

Energie ist alles!

Selbst nach sieben Jahren Vollgas geht dem Turbopolka von ‚Russkaja‘ die Puste nicht aus: Wenn Geigen mit Trompeten über zünftigen Ska und klassische Polkabeats hüpfen, bleibt kein Stein bzw. Tanzbein auf dem anderen. Zur Veröffentlichung des neuen Albums ‚Energia‘ spricht Bandgründer Georgij Alexandrowitsch mit VOLUME über abstruse Konzerte, verrät was bei Willkommen Österreich wirklich serviert wird und plaudert über seine Liebe zu Salzgurken oder russischen Romanzen. Ein Blick hinter die Kulissen der Russendisko.

Russkaja spielen Höchstgeschwindigkeitsmusik. Deswegen der Albumname ‚Energia‘?

Georgij Alexandrowitsch: Auf der neuen Scheibe gibt es atemberaubende Hochgeschwindigkeitsmusik, hemmungslose Energieschübe, aber auch balladeske Balkannummern oder Klezmerstücke zu hören. Ja, Energie ist alles!

Ihr habt nach gut siebenjähriger Bandgeschichte den Spitznamen ‚Helden der Arbeit‘ bekommen. Wo nimmt jeder von euch diese Kraft zum ekstatischen Musizieren her? Fitnessstudio? Drogen? Außerirdische Hilfsmittel?

Georgij Alexandrowitsch: Die einzig wahre Energie bekommen wir von unserem Publikum – energetischer Austausch ist das Ziel! Um dorthin zu kommen, erfordert es extrem viel Arbeit, Geduld und Begeisterung – sonst geht das nicht. Love it or leave it!

Bei eurer Mixtur aus Ska, Metal, Polka und Weltmusik NICHT zu tanzen, ist quasi unmöglich: Einen totalen Konzertflop vor einem Publikum mit Stock im Arsch – hat es das schon einmal gegeben?

Georgij Alexandrowitsch: Einmal! Da hat uns ein Oligarch auf seinem Privatfest gebucht. Die Gäste haben gegessen, wir mussten leise spielen und wurden dauernd unterbrochen, damit dazwischen Ballett getanzt oder Feuerwerk abgefeuert werden konnte. Das war voll daneben!

Abgesehen von den gewohnten Konzerthallen: Wo muss Russkaja unbedingt noch live spielen?

Georgij Alexandrowitsch: In Japan! Wir arbeiten gerade an einer umfassenden Tour. Auch Amerika finde ich interessant und natürlich Russland selbst.

Warum hat sich euer Outfit von rot auf schwarz geändert? Politischer Wandel?

Georgij Alexandrowitsch: Unsere Gewandfarbe hat noch nie politische Aspekte reflektiert. (lacht) Wenn, dann war Rot die Farbe der Liebe. Schwarz tragen wir, weil es schlank macht – da wir vor lauter Liebe schon dick geworden sind!

Welches Feedback auf euren Sound bekommt ihr in eurem Heimatland?

Georgij Alexandrowitsch: Es gibt großes Interesse und sehr viel positives Feedback aus Russland, was auch mit unserem Label zusammen hängt: Napalm Records ist seit Jahren in der russischen Metalszene omnipräsent. Die Moskauer Presse hat ausführlich über uns berichtet, beim Wacken Festival habe ich einige Russen getroffen, die uns super finden und schon einige Zeit kennen.

Wie viel Moskau steckt in Wien?

Georgij Alexandrowitsch: Es steckt kein Moskau in Wien. Woher auch? Moskau ist riesig – Wien ist winzig. In Moskau dauert ein Stau viele Stunden, in Wien muss ich lachen, wenn es heißt ‚Stau auf der Tangente‘. Moskau ist Chaos – Wien ist Ordnung.

Trinken die Herren Stermann & Grissemann wirklich so viel, dass es nur eine alkoholgeübte Band aus Russland in ihrer Sendung durchhält?

Georgij Alexandrowitsch: Nein! Der ausgeschenkte Sendungswein ist einer von der ganz speziellen Sorte, die nicht betrunken macht. Einmal habe ich jedoch vor unserem Auftritt ein Glas „Wodka“ von ihnen bekommen – fies, ich habe nicht damit gerechnet, dass es wirklich Feuerwasser ist. Seitdem habe ich ein paar Falten mehr im Gesicht. (lacht)

Wie versteht ihr euch mit den zwei Moderatoren? Geht es backstage ungefähr so rund wie im Video zu ‚Change‘?

Georgij Alexandrowitsch: Vor der Sendung ist jeder für sich hochkonzentriert und versucht dabei, niemanden zu stören. Nach der Sendung bleibt aber immer Zeit zum Albern: Stermann & Grissemann sind immer witzig, wortgewandt und scharfsinnig! Fazit: Sehr angenehme Zeitgenossen.

Neben Stermann & Grissemann habt ihr auf eurer nächsten Tour noch einen anderen Gast mit im Gepäck: Wladimir Kaminer. Woher kennst du den Erfinder der ‚Russendisko‘?

Georgij Alexandrowitsch: Wir wurden eingeladen, bei der Russendisko zu spielen. Das war eine große Ehre: Wladimir verkörpert für mich den Initialzünder der Idee ‚Russkaja‘. Durch sein Buch und die beigelegte CD ist bei mir die Idee entflammt, eine Band zu gründen. Für das neue Album haben wir zusammen einen super Song aufgenommen. Wladimir hat einen Text geschrieben und sogar selbst gerappt – viel Spaß im Studio inklusive!

In welche Nebenprojekte – abseits von Russkaja – bist du noch involviert?


Georgij Alexandrowitsch
: Ich treffe halbwegs regelmäßig alte Freunde, mit denen ich schon seit fast 20 Jahren musiziere. Wir genießen die gemeinsame Zeit im Proberaum – ohne den Druck, etwas aufnehmen zu müssen. Ein Soloprojekt von mir ist aber auch in Arbeit: Ich liebe russische Romanzen und Straßenlieder. Darum werden sie von mir teilweise in moderner oder klassischer Form präsentiert. Mehr dazu, wenn die Zeit reif ist.

Wo und welcher Wodka schmeckt am besten?

Georgij Alexandrowitsch: Über Marken rede ich nicht. Nur ein Tipp: Tiefgekühlter Wodka, aber so, dass er ölig ist und dazu eine Salzgurke. Köstlich!

Na zdorovje?

Georgij Alexandrowitsch: ‚Za zdorovje‘! ‚Na zdorovje‘ stammt aus Polen. Nach dem 2. Weltkrieg haben in Hollywood viele polnische Schauspieler die Russen gemimt. Daher hat sich irrtümlich ‚Na zdorovje‘ als russischer Trinkspruch im Westen etabliert. Mittlerweile sagen das sogar die Russen selbst. Mir egal, Hauptsache Salzgurke! (lacht)

Die VOLUME Redaktion bedankt sich für das aufschlussreiche Interview und sagt ganz einfach Prost. Bis bald live mit Russkaja!