Do, 8. Feb 2018
Malen nach Zahlen

Malen nach Zahlen

Donots im Interview

Der Welpenschutz des ersten Ausflugs in die Muttersprache ist verbraucht, die letzten Konfetti der großen Überraschung zieren den Boden der Stammkneipe. Was nun? Anlauf nehmen und springen – in alle Richtungen auf einmal. Warum? Weil die Donots Bock haben. Weil es ihnen wichtig ist, neue Dinge auszuprobieren und mit alten Gewohnheiten abzuschließen. Weil sie ihre sozialpolitischen und -kritischen Botschaften so klar ausdrücken wollen, dass sie auch noch der letzte Fascho versteht. Weil im Punkrock doch eh alles möglich ist, oder Ingo?

Erst mal, herzlich willkommen in der VOLUME-Musikredaktion! Wir freuen uns sehr, dass du als Gastredakteur Rezensionen für uns schreibst.

Sehr gerne! Ich bin jemand, der stundenlang über seine neuen Lieblingsalben quatschen könnte. Ich gehe den anderen aus der Band damit auch schon ein bisschen auf den Sack, deswegen ist es total gut, dass ich sozusagen ein „Outlet“ gefunden habe, um euch damit auf den Sack zu gehen. (lacht)

Immer gern! Mit „Karacho“ habt ihr 2015 einen großen Schritt gewagt. Der Wechsel von Englisch zu Deutsch war zu diesem Zeitpunkt etwas völlig Unerwartetes. Wie geht man denn ein Album nach diesem Überraschungsalbum an?

Der Wechsel von Englisch zu Deutsch hat natürlich für einen Aufschrei gesorgt und das Album sehr in den Fokus gerückt. So ein Überraschungsmoment haben wir bei dieser Platte nicht, aber wir folgen der logischen Inkonsequenz und machen auf Deutsch weiter. (lacht) Der Welpenschutz, den man hat, wenn man zum ersten Mal etwas Neues ausprobiert, fehlt nun. Auf der anderen Seite kann und muss man dann dementsprechend einfach mutiger an die Sache herangehen – mit einer größeren Selbstverständlichkeit. Jetzt kennen wir uns besser auf dem Spielfeld aus, deshalb wurden auf „Lauter als Bomben“ auch viele andere Themen textlich abgegrast. Wir haben uns musikalisch noch mal einen Tick mehr geöffnet und mehr Spielarten ausgelotet. Ich glaube, wir stehen mit diesem Album sehr souverän da. Wenn die Leute das am Ende des Tages ähnlich sehen, dann wäre das das größte Lob. Uns gefällt’s. Wir hoffen, euch auch!

(c) Dennis Dirksen

Scheißt ihr euch einfach weniger als früher? Wie eure Freunde die Beatsteaks …

In der Tat! Um die 2000er herum hatten wir eine ganz klare Vorstellung davon, was musikalisch geht und was nicht. Wir haben uns selbst ein bisschen in dieses Pop-Punk-Korsett geschnallt. Nach dem Motto: So muss es sein – das Genre erfordert dieses oder jenes Songwriting. Heutzutage ist erstmal alles erlaubt, solange man damit das Gefühl eines jeden einzelnen Riffs, Beats oder Textes maximieren kann. Wir sind ja auch keine Killer an unseren Instrumenten. Ich bin nicht der beste Sänger der Welt. (lacht) Wir lehnen uns einfach, so gut wir können, aus den verschiedenen Fenstern unseres kleinen Häuschens raus.

Doch wer besser verstanden wird, muss auch mehr zu sagen haben, oder?

Absolut! Das ist seit „Karacho“ für uns die ganz klare Marschrichtung. Ich finde ganz viele deutsche Texte einfach richtig zum Kotzen. Viele deutsche Songs, die im Radio laufen, genügen sich so komisch selbst und treffen keine Aussage. Das hat keine Haltung, das hat keine Richtung, sprich, das will nix. Ich möchte weder Musik machen noch hören, die nix will. Ich möchte klare Aussagen treffen. Wenn man die Möglichkeit hat, Menschen zu erreichen, dann sollte man sich auch so ausdrücken, dass einen die Leute verstehen. Punk hat immer geradeaus gesprochen. Das ist wie Malen nach Zahlen – sehr einfach und zum Teil auch stumpf, aber das macht genau die Power und die Geradlinigkeit aus. Wenn ich mir gleichermaßen den Applaus von Fans und die Anfeindungen vom rechten Lager anhöre, dann glaube ich, dass wir alles richtig gemacht haben. Wenn die Faschos nicht ganz genau wüssten, dass wir gegen die sind, dann haben wir nicht klar genug gesprochen.

Apropos Faschos … lassen sich deren Propagandakabel durch musikalische Aufklärung 2018 überhaupt kappen?

Nun ja, das ist zugegeben recht platt ausgedrückt. Musik ist natürlich in erster Linie ein Instrument und schiebt möglicherweise irgendwelche neuen Gedankengänge an. Ich würde das auch niemals so hochstilisieren und sagen, ein Song verändert die Welt. Definitiv nicht, aber ich glaube, dass Musik dabei hilft, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Als Band mit einer bestimmten Reichweite kannst du in gewisser Weise auch etwas bewirken und neue Gedankengänge anstoßen. In der Diskussion kannst du sowieso nur die Leute erreichen, die sich noch nicht für eine Seite entschieden haben. Ich glaube nicht, dass du mit Faschos reden kannst. Du wirst sie nicht davon überzeugen, keine Faschos mehr zu sein. Definitiv nicht, aber du kannst theoretisch die umstehenden Leute für ein Thema sensibilisieren und sie möglicherweise mit guten Argumenten auf deine Seite ziehen. Und dann hast du in der Tat so etwas wie „wir kappen eure Propagandakabel“.

Wann schlägt dein Herz lauter als Bomben?

Das mag jetzt kitschig klingen, aber in jenen Moment, in dem ich mich sehr wohl fühle oder in denen ich mir ganz klar über gewisse Sachen bin. Mein Herz schlägt lauter als Bomben, wenn ich zu meiner Freundin, meinem Kind und meinem Hund nach Hause komme. Mein Herz schlägt aber auch lauter als Bomben, wenn es um Themen wie Religion, Kriegstreiberei oder Rechtpopulismus geht. Damit möchte ich nichts zu tun haben! Und ganz aktiv schlägt mein Herz lauter als Bomben bei guter Musik. Ich bin immer noch der gleiche Fanboy wie vor 25 Jahren, wenn eine neue Platte rauskommt und ich mich drüber freue, wie geil sie ist. (lacht)

Eine letzte, letzte Runde – wer von euch ist gewohnheitsgemäß der Letzte an der Bar?

Auf Tour bin ich es nicht. (lacht) Wenn ich mir da meine Stimme wegsaufe, dann verarsche ich all die Leute, die am nächsten Tag vor der Bühne stehen. Auf Tour bin ich in der Tat der Erste, der pennen geht. Meistens ist es unsere Road-Crew, die am längsten durchhält, aber an Off-Tagen halten Guido und ich auf jeden Fall mit.

(c) Dennis Dirksen

Zum Schluss: Wie viel Konfetti regnet es am 7. März 2018 im Wiener WUK?

Das kommt darauf an, wie viel Konfetti mitgebracht wird. (lacht) Hier also der Aufruf: Entgegen dem Kotzen der Putzfrauen am nächsten Tag, die die Scheiße wegmachen müssen, bringt bitte ganz viel Konfetti mit! Wir garantieren dafür, dass ganz viel Schweiß von der Bühne Richtung Publikum fliegen wird, dass wir alte und neue Songs spielen und dass wir die Sportgitarren bedienen, wie wir das immer machen. Wir freuen uns darauf!

Unsere Herzen schlagen bereits jetzt lauter als Bomben!