Mo, 1. Okt 2012

Madsen im Interview

Generation Madsen

Madsen sind zurück und haben mit ‚Wo Es Beginnt‘ das stärkste Album der Bandgeschichte fabriziert. VOLUME hat mit dem Brüderpaar Sebastian und Sascha aus Niedersachsen geplaudert – über die Gefahren von Facebook, wie ein Hit rein zufällig passiert und warum sich Nervensäge Andreas Gabalier bei Madsen lieber nicht im Backstage sehen lassen sollte.

Sebastian, bereitet dir deine Verletzung vom Videodreh noch Probleme? Zwei Jahre ist der Unfall jetzt her.

Sebastian: Hin und wieder. Neulich wollte ich unserem Vater beim Umstellen der Gartenmöbel helfen, bin aber beim Anheben kläglich gescheitert. Es hat damals ja meine Greifhand böse erwischt. Deshalb kann ich im Sitzen fast gar nicht mehr Gitarre spielen. Je weiter sie unten hängt, desto einfacher geht’s aber. Sieht ohnehin cooler aus. (lacht)

Im neuen Video von Justin Bieber darf Schauspieler Michael Madsen das Bürschchen heftig vermöbeln. Möchte man da als Namensvetter auch einmal kräftig zulangen?

Se.: (lacht) Ich habe nichts gegen den Bieber, weil ich ehrlich noch nie einen Ton Musik von ihm hören musste.

Sascha: Der Kleine sieht doch gut aus, ich hege da keine Aggressionen. Natürlich ist es schade, dass Justin Bieber musikgeschäftlich mittlerweile so eine Macht hat. Aber mein Gott, das ist halt die Zeit.

Gutes Stichwort. ‚Generation im Arsch‘ – auf eurem frischen Album ist eine beinharte Abrechnung mit der Jugend. Was läuft da schief?

Se.: Das ist eine Momentaufnahme. Ich besinge eine Generation, zu der wir auch selbst gehören. Es fehlen die Perspektiven! Viele Bekannte in meinem Umfeld zahlen zum Beispiel nicht in ihre Pensionskasse ein, wissen nicht im geringsten, was sie in 20 Jahren überhaupt machen. Dazu kommt der ganze Wahnsinn auf Facebook, wo jeder Kontrolle abgibt und sich völlig unkritisch zensieren lässt. Niemand regt sich mehr über irgendwas auf.

Weil alles verfügbar ist und jeder theoretisch alle Möglichkeiten hat?

Se.: Genau. Und es gibt auch unwahrscheinlich viel Ablenkung. Gerade auf Facebook. Man postet, was man gegessen hat. Man postet, wo man jetzt hingeht und will dabei sofort wissen, wie man bei seinen tausend Freunden ankommt. Diese Nichtigkeiten werden dann unmittelbar von anderen bewertet. Sehr ungesund!

In ‚Baut wieder auf‘ gibt es die Textzeile ‚Baut die Beatles wieder auf‘. Muss das wirklich sein?

Se.: Da geht es eher darum, seine Träume wieder aufzubauen, sich seine Welt so zu gestalten, wie man sie will. Oft sind die Menschen so veranlagt, dass sie überwiegend nörgeln und gern das Schlechte sehen…

…Willkommen in Wien!

Sa. (lacht): Ein Freund war letztens mit dem Taxi in Wien unterwegs und hat mich später gefragt, nachdem der dritte Fahrer sein höfliches ‚Hallo!‘ beim Einsteigen nicht erwidert hat, ob die immer so unfreundlich sind. Als jemand, der seit geraumer Zeit hier wohnt, kann ich bestätigen: Ja, das ist so.
Se.: In Berlin wirst du vom Fahrer dafür gezwungen, deine Lebensgeschichte zu erzählen.

Die neue Single ‚Lass die Musik an‘ ist mit dem elektronischen Intro eher untypisch für Madsen. Passiert es im Proberaum, dass einer zum anderen meint: ‚Du, das geht jetzt gar nicht‘?

Sa.: Bei diesem Intro war das so. Sebastian hat wie im Wahn drei Tage auf einem kleinen Keyboard herumgehämmert und wir anderen so: ‚Was wird DAS denn?‘. Wir meinten dann: ‚Ach komm, den lassen wir mal spielen, übermorgen geht’s weiter‘. Und dann ist dieses Ding dabei rausgekommen und wir wussten relativ schnell: Das kann nur die erste Single sein.

Aus der ein richtiger Hit geworden ist! Ihr seid einen Monat lang – im Zuge eines Schulprojekts – als Botschafter der deutschen Sprache durch die USA getourt. Was waren die schönsten Momente?

Sa.: In New York City zu spielen war schon beeindruckend. Die ganzen Harlem-Girls sind bei uns auf einmal derartig abgegangen…
Se.: Ich dachte kurz, ich wäre Eminem (lacht). Schwierig war nur, dass alle Konzerte um 10 Uhr morgens oder so stattfanden, wir aber eine ganz normale Madsen-Show gespielt haben, mit maximaler Energie und Laustärke. Da mussten wir früh aufstehen, und ich bin dann zum Beispiel in San Francisco den Strand entlang gelaufen, um wach zu werden und Gesangsübungen zu machen.

Haben sich die Regeln im Tourbus geändert, seit Keyboarderin Lisa mit an Bord ist?

(Beide lachen): Schön wär’s!
Sa.: Vielleicht haben wir uns am Anfang etwas mehr zusammengerissen. Aber Madsen waren ohnehin nie große Schweine im Bus.
Se.: Außerdem ist es bei versauten Witzen immer Lisa, die am lautesten lacht.

Ihr habt als Intro bei euren Konzerten die bombastische Filmmusik von ‚Rocky‘ verwendet, Sebastian trägt oft ein dazu passendes T-Shirt. Warum?

Se.: Nach meinem Unfall habe ich alle Teile von Rocky im Krankenhaus angesehen. Das klingt jetzt vielleicht doof, aber diese Story vom kleinen Mann, der immer wieder aufsteht, hat mir damals Mut gegeben.

Sascha, du bist mittlerweile in Wien zuhause – was liebst du hier, was nervt dich?

Sa.: Am meisten freut mich natürlich, dass ich in Österreich bei meiner Familie sein kann. Und ich liebe die Ruhe. Alte Donau zum Beispiel: Dort könnte ich tagelang mit dem Tretboot auf- und abfahren. Ich wohne am Stadtrand, also am Arsch der Welt. Mit der U-Bahn bin ich trotzdem in 20 Minuten in der Innenstadt. Was mich an Österreich nervt? Dieser Andreas Gabalier, oder wie der Vogel heißt. Ich war mit meiner Frau dieses Jahr beim Amadeus Award, sie hatte sich dafür besonders hübsch gemacht. Worauf der Typ sie dort die ganze Zeit so dermaßen eklig angegafft hat, dass ich den blöden Idioten wirklich gern gefragt hätte, was er eigentlich will. Das kannst du auch sehr gern so schreiben!

Deutscher Rocker gegen österreichischen VolksRock‘n‘ Roller – da geht’s um alles. Wir freuen uns auf Madsen am 12. Oktober Madsen live: 12.10. Wien im Wiener Gasometer!