Fr, 9. Jan 2015

Lorbeeren mit Rekord

Die Fantastischen Vier im Interview

Was geht? Seit 25 Jahren gibt es die deutsche Sprechgesanginstitution Die Fantastischen Vier. Am 9. Jänner kommen Andreas Rieke alias And.Ypsilon, Michael Bernd Schmidt alias Smudo, Thomas Dürr alias Hausmeister Thomas D und Michael Beck alias Dee Jot Hausmarke mit all ihren Hits und dem aktuellen Jubiläumsalbum ‚Rekord‘ in die Wiener Stadthalle. Im Sommer gibt es dann ein Festivalwiedersehen am Nova Rock 2015. VOLUME hat mit Smudo über Lorbeeren von gestern, Erfolge von heute und Pläne für morgen gesprochen.

Platz 1 für ‚Rekord‘ – alles andere wäre Majestätsbeleidigung gewesen, oder?

Die Lorbeeren von gestern sind heute nicht mehr viel wert – auch wenn Die Fantastischen Vier gerade 25-jähriges Bandjubiläum feiern. Bei jeder Veröffentlichung stellen wir uns die ehrliche Frage, ob’s das Ganze bringt und ob wir damit Erfolg haben können. ‚Rekord‘ ist unser viertes Album in Folge, das auf Platz 1 der deutschen Charts eingestiegen ist – eine tolle Bestätigung für unser gesamtes Team, das im Hintergrund sehr hart an dieser Platte gearbeitet hat.

Wann hast du das komplette Album zum ersten Mal an einem Stück gehört?

Eine Woche vor Abgabe, kurz nachdem die Reihenfolge der einzelnen Songs endgültig

feststand. Meine Familie musste mit mir ‚Rekord‘ im Auto hören. Weder meine Frau noch meine Kids haben sich beschwert – was immer ein gutes Zeichen ist.

In Interviews war zu lesen, dass ihr lange gebraucht habt, euer neues Album auf den Boden zu bringen. Wo lagen die größten Schwierigkeiten und wann ist der Knoten endgültig geplatzt?

Klingt abgedroschen, ist aber so: Aller Anfang ist schwer! Warum? Zum einen liegt die Messlatte nach 25 Jahren im Musikgeschäft sehr hoch, zum anderen stellen wir uns bei jeder Veröffentlichung – wie bereits erwähnt – die Frage nach unserer Relevanz. Wen interessieren Die Fantastischen Vier denn heute noch? Bevor es keine plausible Antwort darauf gibt, stellt sich auch kein richtiger Workflow ein. Was bei ‚Rekord‘ erschwerend dazu kam: Wir wussten bereits 2012, dass wir 2014 ein Album veröffentlichen wollen. So eine lange Zeitspanne bis zur Abgabe kommt meiner Arbeitsweise nicht unbedingt entgegen. Ich brauche Druck, bin ein Typ, der am besten funktioniert, wenn die Deadline unerbittlich näher rückt. Dann platzt der Knoten – aber so richtig!

25 Jahre deutscher Sprechgesang – wie schwer fällt es da einem Mikrofonprofessor, sich nicht zu wiederholen bzw. ständig neue Reime zu servieren?

Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich mir die Reime und Texte einfach aus dem Ärmel schüttele. Um authentisch zu sein bzw. zu bleiben, muss ich Geschichten erzählen, die ich auch tatsächlich selbst erlebe und fühle – das Älterwerden, Erfolg und Scheitern. Wenn sich das Ganze echt anfühlt, kommen die Worte von ganz alleine.

Hast du einen Favoriten aus eurer Diskografie oder gibt es Veröffentlichungen, auf die du im Nachhinein lieber verzichtet hättest?

‚Die 4. Dimension‘ zählt nach wie vor zu einem meiner absoluten Lieblingsalben, auch wenn es im Vergleich zu anderen Veröffentlichungen kommerziell eher weniger erfolgreich war. Aus künstlerischer Sicht ist diese Platte unglaublich wichtig für unsere Weiterentwicklung gewesen. Beim Vorgänger ‚4 gewinnt‘ war der Anspruch damals vergleichsweise eher gering, denn wir wollten unbedingt Pop machen. Was am Ende zu einer gewissen Belanglosigkeit geführt hat. In unserer restlichen Diskografie stehen gute und bessere Alben, dabei spiegelt jedes einzelne eine gewisse Besonderheit wider.

Gibt es nach 25 Jahren Bühnenerfahrung noch Songs, die dir live Schwierigkeiten bereiten?

Die alten Hits habe ich im Blut, bei den neuen Songs bin ich teilweise noch etwas wacklig. Damit es bei unserer aktuellen Tour zu keinen Aussetzern kommt, haben wir die Generalprobe aufgezeichnet. Diese Tonspur konnte ich mir dann daheim mehrmals reinziehen, um die letzten Fehler oder Hänger auszumerzen. Ich habe meine Hausaufgaben also erledigt!

Kein Geheimnis: Die Fantastischen Vier feiern Falco. Hast du einen Lieblingssong von ihm?

‚Maschine brennt‘ finde ich super. Hans Hölzer ist ja einer der ersten deutschsprachigen Rapper, obwohl er zum Sprechgesang nicht wie wir wegen HipHop, sondern aufgrund des speziellen Rhythmus gekommen ist. Ich habe ihn selbst einmal getroffen und gefragt, wie er das Ganze denn gemeint hat.

Und?

Falco war ein leidenschaftlicher Bassist. Er meinte zu mir, dass ihm der Rhythmus im Sprechgesang sehr getaugt hat. Für ihn war das ein interessantes Stilmittel, wobei er sich selbst mehr als Sänger und nicht als Rapper gesehen hat.

Hast du sein Grab schon besucht?

Leider habe ich bis heute nicht zum Zentralfriedhof geschafft. Aber Falco liegt ja da noch länger, eines Tages werde ich ihm einen Besuch abstatten.

Was passiert mit Die Fantastischen Vier, wenn einer von euch so wie Falco diesen Planeten frühzeitig verlässt?

Dann ist diese Band automatisch Geschichte! Wie können wir fantastisch sein, wenn wir nicht mehr zu viert sind? Gar nicht! Die Frage ist hart, aber vollkommen berechtigt. Denn vor genau 10 Jahren standen wir schon einmal vor dieser Situation – Thomas war damals in Thailand, als der verheerende Tsunami hunderttausende Menschen getötet hat. Drei ganze Tage lang gab es kein Lebenszeichen von ihm. Wir wussten nur, dass er mit seiner Familie genau dort war, wo das Ausmaß dieser Naturkatastrophe am schlimmsten gewesen sein soll. Schrecklich! In dieser Zeit haben wir keine Sekunde an die Zukunft der Fantas gedacht, sondern einfach nur wie auf Nadeln sitzend gewartet und gewartet. Zum Glück kam dann die gute Nachricht! Aber so etwas will ich nie wieder erleben müssen. Da ist mir lieber, einer von uns fällt Tod auf der Bühne um und der Rest feiert eine wundervolle Beerdigung. (lacht)

Das dauert hoffentlich noch einige Jahre! Was haben sich Die Fantastischen Vier zum letzten Weihnachtsfest geschenkt?

Drei super Konzerte hintereinander in unserer Heimatstadt Stuttgart. Unbezahlbar!

Wir schenken uns keine materiellen Dinge. Ist ja auch nicht so einfach – denn was schenkt man jemanden, der schon alles hat?

Ein ausverkauftes Konzert am 9. Jänner in Wien zum Beispiel?

Richtig! Alle müssen kommen, sonst sind wir nicht alle. Verstanden? Vor allem, weil wir Wien einfach lieben.

Und Wien liebt Fanta 4! Bis bald in der Stadthalle und auf ein Festivalwiedersehen beim Nova Rock 2015.