So., 8. Juni 2025

"This is music of the future."

Containecks im Interview

Sie sind brachial. Sie sind ausnehmend einnehmend. Sie sind verwandt oder verschwägert. Und sie haben einen Sound kreiert, den auch harterprobte Moshpit-Virtuosen nicht ohne Schleudertrauma rausgeheadbangt kriegen. Containecks aus Graz machen – laut slowenischer Fanbase – „music of the future“.

Wenn es stimmt, dass jede gute Band eine gewisse Art von Madness braucht, dann sind Containecks bestens ausgestattet. Entstanden aus einem top funktionalen Familiengeflecht und dem Wunsch, dem Ernst der Metal-Szene ein paar Shrimp-Kostüme entgegenzuwerfen, verkörpern die vier Grazer die vielleicht unterhaltsamste Seite des Nu-Metal-Revivals.

Was dabei rauskommt, klingt wie ein hochprozentiges Gebräu aus progressivem Metalcore, Mindless Self Indulgence-Charme und einem satirischen Poetry Slam im selbst ausgeleuchteten Proberaum. Auf der Bühne hämmern Breakdowns, in den Lyrics gibt’s Gesellschaftskritik aufs (grinsende) Maul. VOLUME hat sich mit Pauli, Manuel, Fabl und Florian über Freiheit & Zwang im DIY, Auftritts-Highlights und Metal-Stilbrüche unterhalten.

©LukeGoodlife

Wenn ihr euch selbst beschreiben müsstet – wie klingt das dann? Gibt’s eine Definition, die euch gerecht wird?

Fabl: Wenn ich die Band von außen beschreiben müsste, würd ich sagen: „Woss?!“ Im Hintergrund Nu Metal, im Vordergrund Humor. Also: du checkst erst auf den zweiten Blick, was da eigentlich alles passiert.

Pauli: In Slowenien haben sie mal gesagt: „This is Music of the future.“ Das nehmen wir. Klingt eh besser als alles, was Spotify uns vorschlägt.

Manuel: Ich glaub, für viele sind wir einfach zu komplex. Wir haben Rap-Parts, Breakdowns, Deutsch als Sprache, alles keine klassische Genrekombi. Genau das ist aber unsere Stärke. Bei Limp Bizkit haben zuerst auch alle große Augen gemacht – ihre Fanbase hatten sie trotzdem schnell.

(c) Containecks

Ihr habt mal gesagt, dass ihr euch früher „genreübergreifend“ nanntet – jetzt heißt es progressive Nu Metal. Gibt es für euch überhaupt noch musikalische Schubladen, die Sinn machen?

Manuel: Wir hatten schon von Anfang an Bock auf Härte, aber nie auf dieses Elitäre, das manchmal mit Metal kommt. Ich kenn von früher sehr viele Bands, die sich zu ernst genommen haben – jetzt können wir uns richtig ausleben. Bei Containecks geht’s darum, Spaß zu haben. Klar sind wir technisch versiert unterwegs, aber es ist alles viel verspielter. Und der Humor ist jetzt integraler Teil der Musik.

Pauli: Das hat sich auch ein bisschen gewandelt und war in der alten Formation (2021-2024) auch noch alles ernsthafter. Seit wir machen, was wir wollen, haben wir mehr Spaß. Und die Rückmeldungen sprechen auch für sich.

Florian: Wir machen Metal für Leute mit kurzen Haaren.

Fabl: Oder Nu Metal ohne Trauma. Uns geht’s nicht um Attitüde, sondern um Energie – und die kann auch deutlich verrückter sein. Wir wollten dem Genre das allzu Ernste austreiben.

(c) Containecks

Wie ist das Projekt in der jetzigen Form eigentlich entstanden?

Pauli: In der jetzigen Formation gibt es uns seit einem Jahr. Ich war eigentlich Gitarrist, dann ist unser damaliger Sänger am Tag der ersten EP-Release-Show ausgestiegen. Nach längerem Hin und Her war ich so: Okay, dann halt ich. Zwei YouTube-Tutorials, ein paar Bier – und ab geht’s.

Fabl: Ich erinnere mich noch, wie wir uns zum ersten Mal in der Besetzung getroffen haben. Es war wie Proben mit Familie. Weil’s eh fast so ist.

Manuel: Stimmt. Wir sind tatsächlich verwandt oder verschwägert. Und das funktioniert überraschend gut – wir wissen, worauf wir uns einlassen.

Man merkt, dass euch der Live-Auftritt liegt – wie wichtig ist euch Bühnenpräsenz?

Pauli: Extrem wichtig. Auch wenn ich oft nicht so viel Bock hab, mit Leuten zu reden. Aber auf der Bühne geht das. Da kann ich einfach reinschreien, statt anstrengenden Smalltalk zu führen. Außer mit der Tontechnik.

Florian: Es geht bei unseren Shows ja um das Publikum. Wir haben ein Shrimp-Kostüm und scheuen uns nicht das einzusetzen

Fabl: Oh ja, wer das Shrimp-Kostüm anziehen will, soll’s tun. Das macht was mit der Dynamik. Nu Metal war immer schon ein Ventil – wir geben dem noch ein bisschen Selbstironie dazu.

Manuel: Wir haben auch eine Moshpit-Einlage mit unserem Toyota-Logo. Wir spielen den „Toyota-Song“, und irgendjemand muss damit den Pit anführen. Das sind so Momente, wo du weißt: Okay, wir sind nicht mehr in der Proberaum-Phase.

(c) Containecks

Ihr habt kürzlich eine kleine Tour gespielt. Was bleibt hängen?

Manuel: Also seit der Show in Linz liebe ich Linz.

Fabl: Der legendärste Moment war für mich die Show in der Arena Wien. Günter, unser Soundmann, hat uns abgemischt – der Typ ist eine Legende. Das sind so Gigs, wo du als DIY-Band merkst: Du kannst mithalten, wenn du weißt, was du willst.

Pauli: Tour ist super, aber körperlich brutal. Nach zwei Gigs muss ich meine Stimme meistens wieder „einrenken“. Ich hätt gern vorher und nachher meine Ruhe, aber für die Stunde auf der Bühne zahlt sich’s aus.

Fabl: Du siehst Paul nie an, wie aufgeregt er ist, das find ich mal erwähnenswert.

Pauli: Aber nur, wenn ich was getrunken habe. Spaß – wenn ich davor Alkohol trink, mach ich mir die Stimme innerhalb kürzester Zeit kaputt. Tut das nicht, Kinder.

Fabl: Auch für mich als Drummer ist sowas wie eine Tour musikalisch sehr wertvoll. Ich spiel nie exakt gleich – das ist wie jammen mit der Crowd. Dadurch entwickelt sich der Sound auch weiter.

(c) Containecks

Und was ist mit der Studioarbeit? Ihr habt was Neues in der Pipeline, oder?

Manuel: Ja, die erste EP haben wir mit Mathias Garmusch produziert – ein alter Freund mit viel Gefühl für Metal. Jetzt ist das nächste Ding in Arbeit. Es soll ein Album werden, und diesmal machen wir alles DIY. Ich produziere daheim, Paul schreibt die Lyrics. Ich bin Musiknerd genug dafür – das ist ein cooles Projekt für mich.

Florian: DIY heißt aber auch: Wir machen Shirts selbst, schreiben Booking-Mails, bauen unser Licht, alles, kochen unsere Containecks-gethemten Essenskreationen. Wir haben gelernt: Wenn du willst, dass es passiert, mach’s selber.

Pauli: Social Media ist für uns alle eine riesige Hürde, kann aber auch echt witzig sein, wenn mans mit ein bissl wurschtiger Attitüde betrachtet.

Fabl: Prinzipiell wollen wir Musik machen, sehen uns aber auf jeden Fall auch als Unterhalter. Es ist beides Teil vom Ganzen.

(c) Containecks

Wie entstehen eure Texte?

Paul: Ich schreibe sie. Manchmal hab ich das Gefühl, den anderen ist der Inhalt gar nicht so wichtig – eher, dass die Rechtschreibung stimmt haha. Inhaltlich geht’s oft um Machtverhältnisse, Unsinn im System, oder halt… Essen. Tiere. Dinge, die uns alle beschäftigen.

Fabl: Man versteht ja eh kaum was, jetzt können die Sachen schon richtig geschrieben sein. Für mich ist Humor in der Musik total unterrepräsentiert. Vor allem im Metal. Nu Metal war schon immer ein Ventil – wir nehmen uns nicht weniger ernst, wir nehmen das Ganze nur spielerischer.

Wer hört euch eigentlich?

Manuel: Gute Frage. Wenn wir’s wüssten, könnten wir sie gezielter erreichen. Aber ich würd sagen: Leute unter 30, die sich nicht entscheiden wollen, ob sie Moshpit oder Meme wollen.

Fabl: Und Nu-Metal hat ja grad eine kleine Renaissance – auch international. Wir merken das bei Spotify. Und live ist nochmal was ganz anderes. Leute, kommt zu den Konzerten!

(c) Containecks

Nächstes Konzert: Wann wo wie was?

Pauli: Die nächste Containecks-Show steigt am 13. Juni im Music House Graz, danach geht’s im Sommer unter anderem nach Fernitz (30.8.).

Manuel: Am 15.6. kommt unser Bungalow Cover raus, gerne schon vormerken. Für Oktober ist dann eine neue Tour in Planung. Und ja, Booking Mails schreiben und Locations finden ist nach wie vor schwieriger als einen ausgefallenen Breakdown zu produzieren.

Letzte Frage: Wenn ihr ein Feature mit einer Person aus einem komplett anderen Kosmos machen müsstet – wer wäre das?

Manuel: Schick mir was und ich mach, dass es geil in Metal klingt. Das trau ich mir mittlerweile zu.

Wir werden da sein. Gerne im Shrimp-Kostüm.