So, 13. Sep 2009

Nächster Halt: Bahnhof Soul - Jan Delay im Interview

So schön kann ein Intervietermin sein: Volume trifft Jan Delay am Forchtensteiner Stausee – in Badehose und 30 Grad im Schatten. Ein paar Stunden später spielt der Hamburger Junge und die Band Disko No.1 das absolut flashigste Konzert beim diesjährigen Nuke-Festival. Respekt! Auch für den Heimgebrauch gibt es eine ordentliche Portion Funk aus dem hohen Norden – seot 14. August ist sein drittes Soloalbum ‚Wir Kinder vom Bahnhof Soul‘ erhältlich. Im Oktober kommt er damit nach Österrecih zurück. Wir freuen uns auf das baldige Widersehen und wünschen bos dahin gute Unterhaltung bei dem Sommer-Sonne-Stausee-Gespräch mit Jan Delay

Wie schwimmt sich das österreichische Wasser?

Sehr fein, nur ist der Wassergeschmack etwas ungewohnt für mich. Vor unserem Festivaltourstart habe ich ein paar Tage auf Ibiza verbracht, darum fehlt mir hier ein wenig Salz im See. Ansonsten: lecker!

Dein Lieblingshit zum Singen in der Badewanne oder unter der Dusche?

Fällt mir jetzt erst auf – ich singe nur in Studios oder auf Bühnen.

Und das Mitte Oktober wieder Im Lande der Berge, Land am Strome. Welche Vorkehtungen trifft Jan Delay, wenn er vom Flachland in die Alpen tourt?

Meine Vorbereitung auf die Tournee beginnt in einem Hamburger Bioladen. Kurz bevor wir die Stadt in Richtung Showbühnen verlassen, brauche ich unbedingt einen gesunden Reiseproviant. In Österreich weniger, aber sonst bin ich während der Tour darauf eingestellt, dass das Essen absolut Scheiße ist. Darum ist der Bioladen definitiv die wichtigste Vorkehrungsmaßnahme.

Ein Feinspitz, der Herr Delay? Verarbeitest du deine Tourerlebnisse zu Musik?

Definitiv. Alle meine Texte basieren auf dem, was ich täglich erlebe. Egal, ob ich unterwegs bin, etwas in der Zeitung oder im Fernsehen sehe, auf der Straße oder im Radio höre – meine Texte erzählen Geschichten, denen ich im Leben begegne. Und so sollte es bei uns Rappern ja auch sein: Wir stehen mit dem in Berührung, was in unserer Musik passiert.

Deine letzte Anekdote, die es zu einem Liedtext geschafft hat?

Keine Anekdote, aber die letzte wichtige Feststellung: Einige Leute da draußen kennen mich erst seit meiner letzten Platte ‚Mercedes Dance‘, nehmen mich wegen Nummern wie ‚Klar‘ in einem aussagelosen Popkontext wahr. Darum habe ich einen Song geschrieben, der in Reimen verpackt meine musikalische Herkunft und meine Ideale erklärt. Eine Selbstdefinition sozusagen. Kostprobe?

Gerne!

Sie kommen und sie fragen: Wofür steht dein Name? Schwarze Mukke, schwarzer Block, schwarzer Humor und schwarze Zahlen!

Hört sich vernünftig an. Musikalisch gesehen und allgemein – wer schreibt die besten Geschichten?

In Sachen Rap ist Dendemann mit seinen lyrischen Ergüssen unschlagbar. Ich finde die Musik von den Goldenen Zitronen zwar anstrengend, aber Schorsch Kamerun schreibt wirklich sehr gute Texte. Rocko Schamoni auch, nur ist das einfach nicht mein Sound. Udo Lindenberg und Rio Reiser genießen bei mir sowieso den höchsten Stellenwert. Ansonsten lasse ich mich zu der allgemeinen Aussage hinreißen, dass das Leben die besten Geschichten schreibt.

In Anlehnung an deinen neuen Albumnamen ‚Wir Kinder vom Bahnhof Soul‘: Wer ist der Soul Brother von Jan Delay?

Alle Leute da draußen, die Herzblut zu schätzen wissen, leidenschaftlich mit Musik leben und unterhalb der poppigen Oberfläche nach ihrem persönlichen Sound suchen. Schon bei meiner ersten Platte habe ich das Wort Soul in den Titel (Anm. d. Red.: ‚Searching for the Jan Soul Rebel‘) eingebaut, obwohl hauptsächlich Reggae drauf zu hören ist. Aktuell bin ich voll auf Funk. Soul ist meine Geisteshaltung, aber keine Beschreibung der Musik von Jan Delay. Anfangs sollte das Album auch ‚Rave Against The Machine‘ heißen. Super Titel, nur hat er überhaupt nicht zu dem Sound gepasst. Soul hingegen passt immer.

Welche Eltern haben die Kinder vom Bahnhof Soul zu dieser Geisteshaltung erzogen?

Meine musikalischen Eltern sind auf jeden Fall Udo Lindenberg und Nina Hagen. Jeder für sich hat in den 70er Jahren deutsche Musikgeschichte geschrieben, die in dieser Qualitäüt nie wieder stattgefunden hat. Das erste Album von Nina Hagen zum Besipiel ist die beste deutschsprachige Platte überhaupt – geile Texte in Kombination mit sattem Funk.

Christiane F. hat es vorgemacht (Anm. d. Red.: Die Biographie von Christiane Felscherinow ist Ausgangspunkt der Tatsachenerzählung ‚Wir Kinder vom Bahnhof Zoo‘ aus dem Jahr 1978. Die Autoren Kai Hermann und Horst Rieck berichten darin über den Alltag der Drogenszene am Berliner Bahnhof Zoo und die Drogensucht der damals 14-jährigen.) Was und warum wird am Bahnhof Soul konsumiert?

Die Kinder vom Bahnhof Soul konsumieren macnhmal auch das Falsche. Aber sie sind sich dessen wenigstens bewusst und versuchen, es besser zu machen. Aber auf spaßbefreites Taliban-Leben ohne jegliches Konsum-Vergnügen haben die kinder vom Bahnhof Soul keinen Bock.

Welche Dramen spielen sich an diesem Bahnhof ab?

Alle. Wir leben ja nicht abgetrennt vom Rest der Welt, haben die gleichen Begegnungen mit dem Schicksal wie jeder andere Mensch auf dieser Erde. Nur haben wir mit dem Bahnhof Soul einen Platz gefunden, an dem wir zusammen diese Dramen überstehen können. Gemeinsam sind wir stärker und erzeugen im Kollektiv leichter Glücksgefühle. Diese Art von Bahnhof findest du überall dort, wo Sympathie aufkeimt. Dazu braucht es jkein Dach oder keine Wände.

Ist der Bahnhof Soul Endtstation für Jan Delay?

Nein, nur die Zusammenarbeit zwischen Jan Delay und Disko No.1 nimmt nach diesem Album und der dazugehörigen Tour ein Ende. Ich will musikalisch in eine andere Richtung weiterreisen, werde hier aber immer wieder Halt machen.

Bevor du gehst, wollen wir gerne nachprüfen, ode das auch stimmt, was deine Plattenfirma über dich schreibt (Anm. d. Red.: Aktuellle Biographie von Jan Delay bei Universal Music.) Angeblich fallen die auf Anhieb zu jedem Thema drei blöde Sprüche ein. Sommer, Sonne, Sinnlichkeit – Thema heute bei VOLUME: Sex in freier Wildbahn. Drei blöde Sprüche zu dem noch blöderen Thema bitte.

Sorry, heute gibt es nur einen, der sitzt aber dafür: Sex im Freien? Beser als im Knast!

Weise Worte zm Abschluss von Jan Delay, im Internet auch bekannt asl Delay Lama (letzte Anm. d Red.: unbedingt bei www.jantube.com vorbeisurfen!) Danke für den herrlichen Tag am See.