Do, 21. Jul 2011

Mister Nice Guy - Foo Fighters im Interview

Die tapferen Foo Fighters um Rockikone Dave Grohl spielen als finale Headliner beim Frequency Festival 2011. Mit ihrem siebten Studioalbum „Wasting Light“ und massig Hits aus den letzten 16 Bandjahren bewaffnet, ist lauter Musikgenuss vom Feinsten garantiert. Dafür steht Dave Grohl mit seinem Namen – mit VOLUME plaudert der sympathischste Typ im Rock’n’Roll über den führerscheinlosen Lemmy Kilmister, das letzte Kapitel von Nirvana und seine persönliche Bandwunschliste.

Ein Grund für das Gastspiel der Foo Fighters am Frequency Festival ist euer neuester Langspieler “Wasting Light”. Bandintern läuft das Album aber unter einem ganz andern Titel – wieso?

Weil die Foo Fighters immer bis zum allerletzten Moment warten müssen, bis sie ihren Babys einen Namen geben. Meistens ruft dann vom Label schon jemand an und meint: „Hey! Wenn ihr heute keinen Titel für euer neues Album habt, dann erscheint es einfach ohne.“ Dann antworten wir meistens kurz und knapp: „Okay, es heißt so und so!“. „Wasting Light“ war auch ein Schnellschuss, dabei hätte der daraus stammende Song „Back & Forth“ die aktuelle Stimmung und Verfassung der Foo Fighters passender reflektiert.

Inwiefern?

Beim Songschreiben von „Back & Forth“ ist mir bewusst geworden, was wir als Band in den letzten 16 Jahren durchlebt haben. Viel Gutes, aber auch die ein oder andere schlechte Erfahrung. Alles in allem haben wir es dennoch geschafft, zu überleben, uns ständig zu verbessern und aus den Foo Fighters eine der größten Bands im Rockgeschäft zu formen. Dabei ging es nie um Ruhm, Geld und den ganzen anderen Schwachsinn. Der Schlüssel zu unserem Erfolg ist die menschliche Verbindung innerhalb der Band. Und weil jeder von uns weiß, wo wir herkommen und wie alles begonnen hat, haben sich die Foo Fighters bei den Aufnahmen zum neuen Album gegen jeglichen technischen Schnickschnack entschieden. Wir sind zurück zu unseren Anfängen, in die Garage, um den nächsten Schritt nach vorne gehen zu können – so wie es „Back & Forth“ erklärt.

Um dem Song doch noch eine spezielle Bedeutung zu verleihen, habt ihr wenigstens eure aktuelle Banddokumentation nach ihm benannt. Apropos Foo Fighters in Bewegtbild: Wie habt ihr Lemmy Kilmister dazu gebracht, sich in eurem Musikvideo zu „White Limo“ als Chauffeur hinters Steuer zu setzen?

Das war nicht schwer – Lemmy ist ein richtig guter Freund, den ich jederzeit anrufen kann, und umgekehrt. Nachdem die Idee zu diesem trashigen Video im Stile von Black Flag (Anm. d. Red.: legendäre 80er Jahre Punkband aus den U.S.A.) von mir stammt, musste ich die Rolle des Regisseurs übernehmen und mich um die Besetzung der darin zu sehenden Akteure kümmern. Lemmy hat sofort zugesagt, prinzipiell ist er für die Rolle des durchgeknallten Limousinenfahrers wie geboren. Bis auf die Tatsache, dass er keinen Führerschein besitzt.

Wie hast du dieses kleine aber feine Problem gelöst?

Ganz pragmatisch: Indem ich meinen Kumpel Wiley am Set schnell als Lemmy verkleidet habe. Irgendjemand musste ja die Limousine fahren.

Um was geht es in diesem Song?

Gute Frage, ich kann mich nicht einmal an den Text erinnern. Was daran liegt, dass er innerhalb von zwei Minuten fertig geschrieben war und die Worte darin keinen zusammenhängenden Sinn ergeben. „White Limo“ ist vom Prinzip her so wie die ersten Songs der Foo Fighters: Wichtig war damals nur, dass unser Sound fett klingt – scheiß auf den Text! Mir gingen diese ständigen Inhaltsanalysen der Musikpresse auf die Eier, das wollte ich bei meinem ersten Bandprojekt nach Nirvana verhindern. Beim zweiten Album mit den Foo Fighters habe ich dann angefangen, mich mit dem Schreiben von Liedtexten ernsthaft auseinanderzusetzen. Hier und da brauche ich aber immer noch etwas Sinnfreies wie „White Limo“.

Krist Novoselić, dein ehemaliger Bandkollege und Bassist bei Nirvana, ist auf „Wasting Light“ ebenfalls zu hören. Wie fühlt es sich an, wieder gemeinsam im Studio zu stehen?

Auf einigen B-Seiten der Foo Fighters konnte Krist bereits mitwirken, da wir nach dem Tod von Kurt (Anm. d. Red.: Kurt Cobain) und dem daraus resultierenden Ende von Nirvana stets in Kontakt geblieben sind. Bei „I Should Have Known“ kommt hinzu, dass unser Freund und Produzent Butch Vig ebenfalls involviert war. Zwanzig Jahre nach den Aufnahmen zu „Nevermind“ sitzen wir drei zum allerersten Mal wieder vor Lautsprechern und einem Mischpult – mit all den schönen und schmerzlichen Erinnerungen an damals, nur ohne Kurt. Verrückt, aber ein sehr befreiender Moment für uns alle!

Schließt du mit dem Song „I Should Have Known“ das Kapitel „Nivana“ endgültig für dich ab? Immerhin lassen sich im Text markante Parallelen zum Leben und Sterben von Kurt Cobain feststellen.

Anfangs habe ich dabei an eine andere Person gedacht. Es ging vielmehr um dieses Gefühl, das in jedem von uns steckt: „Mein Gott, ich hätte wissen müssen, dass das passiert, aber ich habe es trotzdem getan oder es nicht verhindert.“ Umso mehr ich den Text verfeinert habe, desto mehr Verbindungen zu Kurt und Nirvana konnte ich darin erkennen. Damals hatte ich auch dieses Gefühl, dass etwas Schicksalhaftes passieren wird. In „I Should Have Known“ steckt also tatsächlich ein Stück seelischer Verarbeitung meinerseits und natürlich habe ich vor der Veröffentlichung damit gerechnet, dass ich zukünftig diese Fragen bei jedem Interview beantworten muss. Das bin ich gewohnt und habe kein Problem damit. Nur wollte ich Krist aus dieser Sache raushalten.

Wie hat er darauf reagiert?

Ich habe ihn vorgewarnt, dass die Leute bei „I Should Have Known“ garantiert an Kurt denken werden. Krist meinte: „Drauf geschissen, wir sind alt genug mittlerweile!“ Und er hat vollkommen Recht – genau diese Angst vor den Interpretationsmöglichkeiten deiner Texte hält dich davon ab, einen Song auf den Punkt zu schreiben. Am Ende weißt nur du als Verfasser, was hinter den einzelnen Worten steckt.

Sehr nett, dass du diese Textfragen mit Verweis auf Nirvana trotzdem immer brav beantwortest. Von dir wird generell behauptet, dass du der sympathischste Typ im Rock’n’Roll bist – kann Dave Grohl auch anders?

Auf jeden Fall! Wenn ich an etwas arbeite, dann erwarte ich von meinem Umfeld mindestens die gleiche Leistung wie von mir selbst. Um es in einem Beispiel auszudrücken: Du hast 15 Dinge auf deiner Liste stehen, ich ebenfalls. Solltest du nicht ungefähr in der gleichen Zeit damit fertig sein wie ich, dann hast du ein großes Problem! Bei den Foo Fighters funktioniert diese Erwartungshaltung deswegen, weil wir ohne Einflüsse von außen arbeiten und alles selbst bestimmen können. Wir sind auf unserem eigenen Plattenlabel, gestalten den Sound, so wie wir wollen – in unserem Studio bei mir zuhause. Wenn du eine Nachricht von uns auf Twitter liest, haben wir sie verfasst. Genauer gesagt, bin ich dieser Schwachkopf, der den ganzen Blödsinn schreibt.

Auch wenn es bei den Foo Fighters so perfekt und selbstbestimmt abläuft: Hast du trotzdem noch die ein oder andere Band auf deiner Wunschliste stehen, mit der du gerne zusammenarbeiten willst?

Schon als Kind musste ich meine Lieblingsplatten von Punkrockbands wie Bad Brains, Minor Threat oder den Dead Kennedy´s rauf und runter hören. Irgendwann habe ich auf meinen Kissen die Lieder nachgespielt, meine ersten Versuche als Drummer sozusagen. Im zarten Jugendalter bin ich dann auf die Konzerte in kleine Clubs gegangen und habe davon geträumt, dass der Sänger auf die Bühne kommt und ins Publikum fragt: „Hey, unser Drummer ist krank und wir können heute nicht spielen. Oder ist hier zufällig jemand im Raum, der alle unsere Lieder spielen kann?“ Dann hätte ich mich gemeldet, hinters Schlagzeug geschwungen und losgetrommelt. So geht es mir auch heute noch, ich bin allzeit bereit! Wenn AC/DC für eine Nacht einen Drummer brauchen, hier bin ich. Das Gleiche gilt auch bei Killing Joke, Motörhead und meinen anderen Lieblingsbands. Ich will mit allen spielen!

Ambitioniert! Bevor du jetzt von Band zu Band hüpfst, freuen wir uns erstmal auf die Foo Fighters beim Frequency Festivival!