Es war einmal HipHop 6 - Der Amen Ra der universalen HipHop-Kultur

In der aktuellen Ausgabe geht es um den Master of Records, Godfather of HipHop, Amen Ra of the Universal Zulu Nation, um den Botschafter der vier Elemente DJ Afrika Bambaataa himself!

Afrika Bambaataa ist Mythos und lebende Legende zugleich. Seit seiner Jugend steht er im öffentlichen Rampenlicht, dennoch ist er als Person kaum zu fassen. Es scheint als gäbe es zwei Bambaataas. Zum einen den Botschafter für

HipHop, der seit den 80er Jahren den Globus bereist, um die vom ihm mitbegründete Kultur in alle Ecken der Erde anzusiedeln. Auf der anderen Seite die Privatperson Bambaataa, über die man kaum etwas weiß. Schon bei seinem bürgerlichen Namen scheiden sich die Geister. Lange Zeit war von Kevin Donovan die Rede. Dies sei laut Bambaataa jedoch der Name eines ehemaligen Gangmitglieds der Spades. Wahrscheinlicher ist, dass Bams richtiger Name Lance Aasim lautet. Auch über sein Geburtsdatum gibt Bam keine öffentliche Auskunft. Oft wurde 1960 als Geburtsjahr angegeben. Doch dann wäre Bam erst neun gewesen, als er Warlord der Black Spades wurde. Daher dürfte das Jahr 1957 richtig sein.
Sicher ist jedenfalls, dass Bam seit 1970 Teil der Black Spades Führungsriege war. Das Friedenstreffen der Gangs 1971 spornte ihn an, seine Fähigkeit, Leute zu mobilisieren, zum Aufbau einer Alternative zu den Jugendbanden zu

verwenden. Mit zwei anderen Ex-Black Spades, die angefangen hatten, als Disco King Mario und Kool DJ D aufzulegen, gründete er deshalb 1971 seine eigene Gemeinschaft namens „The Organization“. Als diese veranstalteten sie erste Partys in der Bronx, die für Mitglieder aller Gangs zugänglich waren.
Nachdem Bambaataa erstmals Kool Herc an den Turntables gesehen hatte, wurde ihm klar, in welche Richtung sich seine „Organization“ bewegen sollte. Er scharte in weiterer Folge neben seinen DJ-Kollegen MCs, Breakdancer und Writer um sich, dann änderte er den Namen seiner Bewegung in „Zulu Nation“. Für den Namen wurde Bambaataa durch den Film „Zulu“ (1964) mit Michael Caine inspiriert. Der Film stellt den Kampf bei Rorke‘s Drift nach, bei dem der afrikanische Zulu Stamm versuchte, sein Land und damit seine Freiheit gegen eine Übermacht Britischer Soldaten zu verteidigen. Obwohl der Zulu Stamm scheiterte, war Bambaataa von den kraftvollen Bilder der im Film dargestellten „black solidarity“ beeindruckt.

Außerdem hatte Bam im Jahr 1975 bei einem Schreibwettbewerb eine Reise nach Afrika und Europa gewonnen, durch die er sich stärker mit seinen afrikanischen Wurzeln auseinandersetzte. Er nannte sich auch erst nach seiner Rückkehr von diesem Trip Afrika Bambaataa. Im selben Jahr gab es dann noch ein weiteres Ereignis, dass Bams Weg stark beeinflussen sollte. Sein Cousin Soulski wurde von Polizisten getötet, die im folgenden Prozess jedoch freigesprochen wurden. Doch anstatt mit den anderen Gangs einen Angriff auf die Polizeiwachen der Bronx zu starten, entschied Bambaataa sich, nicht in den Kampf zu ziehen, sondern sich verstärkt weiter für Frieden zu engagieren.
Die Zulu Nation wuchs über die folgenden Jahre stetig und erstreckte sich bald auf andere Viertel, Städte und später sogar Länder bzw. Kontinente. Sie wurde in Chapter

unterteilt – jedes Chapter bekam seinen King oder seine Queen. So entstand beispielsweise Mitte der 80er Jahre das Deutschland -Chapter mit Rapper Torch als dortigen Zulu King. Durch die starke Ausbreitung gab es bald auch das Bedürfnis nach einem gemeinsamen Kodex, nach Richtlinien, die definierten, was die Zulu Nation und deren Mitglieder ausmachte. Daher schrieb Bambaataa sieben „infinity lessons“ sowie einen Verhaltenskodex und eine Beschreibung des „Zulu way of life“. Dadurch erhielt die Zulu Nation neben ihrer grundsätzlichen positiven Ausrichtung einen ideologischen Anstrich, der sich auf folgende Schlagwörter stützt:

 

“International HipHop Awarness Movement, Knowledge, Wisdom, Understanding, Freedom, Justice, Equality, Peace, Unity, Love, Respect, Work, Fun, overcoming the negative to the positive, economics, mathematics, science, life, truth, facts, faith.”

Aber nicht nur aus soziologischer Sicht war Bambaataa wichtig für die HipHop -Kultur. Seit Anfang der 80er produziert er unermüdlich Songs und veröffentlicht praktisch im Jahresrhythmus Alben – sein letztes 2005. Diese bringt er teilweise unter diversen Pseudonymen wie Time Zone, Hydraulic Funk oder Shango auf den Markt. Außerdem ist sein

Schaffen von Kollaborationen geprägt. Einerseits hat Bambaataa meist MCs seiner Zulu Nation mit an Bord, wobei er am häufigsten mit der Crew „The Soulsonic Force“ zusammenarbeitete. In den 80ern entstanden außerdem Songs mit Künstlern wie Yellowman, Johnny Rotten und dem Godfather of Soul himself James Brown. Und falls ihr euch schon einmal gefragt habt, wem WestBam (Westfalia Bambaataa) seinen Namen zu verdanken hat – jetzt wisst ihr es!

Bambaataas wichtigster Song und zugleich größter Hit ist das 1982 erschienene „Planet Rock“, das er gemeinsam mit der Soulsonic Force aufnahm. Mit diesem Stück, das auf den Liedern „The Mexican“ von Babe Ruth und Kraftwerks „Trans Europa Express“ aufbaute, begründete Bam auch das „Electro Funk“ Genre. Diese auf elektronische Drums aufbauende Musikrichtung beeinflusste in weiterer Folge die Entstehung von Genres wie Miami Bass oder auch 90er Jahre Techno. Der Song „Planet Rock“ war sowohl musikalisch wie auch textlich eine Einladung an alle Interessierten aus den verschiedensten Stilrichtungen, sich der HipHop-Bewegung anzuschließen. Und tatsächlich entstanden durch den Song und die im selben Jahr von Bambaataa organisierte „European Hip Hop Tour“ in Frankreich und England die ersten HipHop-Szenen außerhalb der USA.

Seitdem bereist Afrika Bambaataa die Welt, um seine Botschaft von einem friedlichen Miteinander unter dem Banner der HipHop-Bewegung zu verbreiten. Er engagiert sich mit seiner Zulu Nation unter anderem gegen Apartheit, Kriege oder auch Umweltverschmutzung. Wer noch mehr über diese von Mythen umrankte Person wissen möchte, die davon ausgeht, dass die „Herrscher der Welt“ uns Nachrichten über Hollywood-Filme transportieren, sollte sich diese beiden Interviews mit Davey D zu Gemüte führen.

In der nächsten Ausgabe werde ich den Werdegang des vielleicht bekanntesten Mitglieds der hiphopschen DJ-Dreifaltigkeit, Grandmaster Flash, unter die Lupe nehmen. Wie er sich seinen Namen verdiente und durch seine Erfindungen das Auflegen revolutionierte, erfahrt ihr dann nächste Woche, wenn es wieder heißt: „Es war einmal HipHop“.