Party Prater Unser

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Frei nach Tocotronic: Die Idee ist gut, aber die Leopoldstadt noch nicht bereit. So oder so ähnlich könnte man die bisherige Geschichte des Prater Unser Festivals zusammenfassen. Vor vier Jahren hatten die Jungs vom Label Praterei und die Verantwortlichen der Pratersauna eine gute Idee. Heraus kam ein Bezirksfestival für den zweiten Wiener Gemeindebezirk (Leopoldstadt), das verteilt auf mehrere Venues rund um den Prater vor allem ein Publikum anlocken sollte, das sich für diverse Spielarten der elektronischen Musik begeistern kann. Da am Anfang noch das Fluc, Planetarium und andere Location bespielt wurden und auch organisatorisch mitgezogen sind, lief das alles wunderbar. Seit zwei Jahren ist das Fluc nicht mehr dabei, da es seine musikalische Ausrichtung geändert hat und im Planetarium wurde der Clubbetrieb eingestellt. Aus einem dazumal noch als Bezirksfestival (Leopoldstadt) gedachten Festival wurde ein One-Location-Show. Geblieben ist die Pratersauna – und die Techno-Gondel im Prater.

Sebastian Eckl – Küsserkönig bei Schmusesalon, Fädenzieher im Hintergrund, Mädchen für alles und Chef des frühmorgendlichen Putztrupps in der Pratersauna – hat beim Prater Unser Festival seine Hände im Spiel. Und da Hennes Weiss und Stephan Hiess ohnehin keine Zeit für ein Interview haben, gibt uns Sebastian Auskunft über das diesjährige Programm.

Das Prater Unser Festival wurde als Bezirksfestival ins Leben gerufen. Waren am Anfang noch das Fluc und Planetarium dabei, beschränkt sich das Festival mittlerweile auf die Pratersauna. Warum?

Sebastian Eckl: Die Idee, das Prater Unser im 2. Bezirk bzw. verteilt im Prater zu feiern, lebt. Wir mussten jedoch agieren, damit die Qualität des Festivals nicht stagniert und haben beschlossen das Nachtprogramm vorerst wieder auf die Pratersauna zu konzentrieren. Am Samstag werden wir aber ausbrechen und mit einem Open Air den Wurstelprater erobern. Dabei darf man die alljährliche Technogondel im Wiener Riesenrad auch nicht vergessen.

Für was steht eigentlich das Prater Unser Festival?

Sebastian Eckl: Wir lieben den Wiener Prater mit seinem Charme und alles, was dazugehört. Wir wollen uns integrieren und unsere Auffassung vom Feiern kulturell einbringen. Das Prater Unser ist quasi unser Liebesbrief an unsere Umgebung und wir bekommen mittlerweile immer mehr zurück. Das freut.

Nach welchen Kriterien hat man das diesjährige Line-up zusammengestellt?

Sebastian Eckl: Beim Prater Unser wird nicht gespart, das haben mir die Geschäftsführer Hennes Weiss und Stefan Hiess klar mitgeteilt. Das heißt: Wir packen aus, was geht und setzen auf ein Line-up mit Qualität, das wir gemeinsam mit den Jungs von Praterei Records zusammengestellt haben.

Gibt es bei der diesjährigen Ausgabe so etwas wie einen Schwerpunkt?

Sebastian Eckl: Eher Schwerpunkte – am Freitag haben wir um das Programm zu erweitern Jürgen Teipel zu Gast, der uns aus seinem Buch ‚Mehr als Laut – DJs erzählen‘ vorliest. Hier werden wir uns mit dem Schwerpunkt Clubkultur auseinandersetzen. Was natürlich wiederum sehr viel umfasst. Genau so sieht es nachts aus: Es teilen sich die musikalischen Schwerpunkte je nach Floors. Da ist alles dabei was das elektronische Herz begehrt.

Persönliche Höhepunkte?

Sebastian Eckl: Viele. Hervorheben will ich Ateq, Konstantin und Kettenkarussell vom Label Giegling, die uns am Sonntagvormittag bestimmt nicht nachhause gehen lassen. Große Vorfreude auch auf Manamana, die Gründer von Kann Records aus Leipzig, die schon angekündigt haben, dass sie unter fünf Stunden gar nicht erst spielen wollen. Viel Schlafen werden wir also nicht.

Sehr gut! Wir freuen uns auf langes Feierwochenende in Wien – hier kommen weitere Tipps und Emfehlungen für ein besseres Partyleben.

Freitag

Eröffnet wird der dreitägige Partyreigen Prater Unser mit einer Lesung. Der deutsche Schriftsteller und Journalist Jürgen Teipel wird dann nicht aus der Bibel lesen, sondern in der Pratersauna aus seinem aktuellen Buch ‚Mehr als laut – DJs erzählen‘. Teipel berichtet darin von ProtagonistInnen der deutschen Clubwelt. Im Anschluss an die Lesung (Eintritt frei!) teilen heimische DJs, Szenekenner und Produzenten (Friedrich Plöckinger, Ranah Geist, Tibcurl und Laminat) ihre Erfahrungen. Danach geht es zur Party mit unter anderem Tensnake, Akufen und Erdbeerschnitzel.
Im Fluc wird bei freiem Eintritt die Trash Keule geschwungen. Mitsingen erlaubt. Die DJs werden die Gäste mit ‚the best+worst of the noughties‘ in den Boden rocken. Soll heißen: Es kommt Musik aus den 00er Jahren aus den Boxen. Damit man sich auch nichts Falsches darunter vorstellt, liefern die Veranstalter einen Beipackzettel mit: ‚VIENNAs FIRST 2000s CLUB sounds like: 30 Seconds to Mars | 50 Cent | Aaliyah | Adam Green | Alicia Keys | Amy Winehouse | Arcade Fire | Arctic Monkeys (…).‘
In der Arena zu Wien dreht sich alles um das FM4 HipHop Open Austria. Bei dem von FM4 mitgetragenen Eintagsfestival wird der US-Rapper Nas sein noch immer tolles und mittlerweile als legendär geltendes Debütalbum ‚Illmatic‘ aus dem Jahr 1994 präsentieren. Dazu kommen Blumentopf, Left Boy (ist das HipHop?) und diverse andere Acts.

Linked ist ein neues Projekt zur Förderung lokaler DJs. Bei diesem Projekt werden regelmäßig jeden zweiten Freitag im Monat in der Grellen Forelle Freunde, die auf Qualitätsmusik setzen, bei jedem Termin zu immer neuen, kleinen DJ-Teams verlinkt. Bekannte und neue Gesichter sollen neu formiert und zusammengewürfelt werden. Zum Start treffen sich Bodo Schwarz von Sunday Mornings, Markus Lindner von Stadtpark, Daniel Kovac und Paul Walter vom Do Easy, Isili von Viennoise und Robin Ma’ar vom Club Pompadour zum gemeinsamen Musizieren bzw. Auflegen.

Von Freitag bis Sonntag lädt das Magazin Biorama zum dritten Mal zur Fair Fair, einer Messe, bei der Nachhaltigkeit unter verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. Präsentiert werden unzählige Produkte, die man mit bestem Gewissen konsumieren kann. Eco Fashion, Naturkosmetik und Lebensmittel –  natürlich alles bio und so weiter. Von 11. bis 13. Juli 2014 im Wiener MuseumsQuartier. Eintritt: 3 Euro (der Foodmarket ist frei zugänglich).
In der Auslage feiert man Eis am Stiel feat. Still Classic Showcase. Dort kann man – laut Veranstalterpressetext – sein Twinni mit anderen teilen. Grün oder gelb? Was das genau bedeutet, weiß man nicht. Aber Teilen kann nie schaden. Gefeiert wird ein Summer Break, zu dem diverse DJs ihre Platten mitbringen.

Am Freitagabend eröffnet auch das Espressofilm, ein Open Air Kurzfilmfestival. Bis Ende August werden jeden Donnerstag und Freitag im Gartenpalais Schönborn (Josefstadt) Themenschwerpunkte gesetzt. Heuer findet die Flmreihe bereits zum fünften Mal statt. In geschichtsträchtiger Kulisse findet zusammen, was zusammengehört: Eigens kuratierte Kurzfilmprogramme mit Hang zum Experiment, internationale Gäste, Filmgespräche, interaktive Rollenspiele und kreative Gastronomie. Feine Sache. Das wirklich ausführliche Programm kann man sich unter www.espressofilm.at ansehen.

Samstag

Am Samstag geht es beim Prater Unser Festival mit Redshape aus Berlin weiter. Der mit einer roten Maske auftretende Produzent wird ein Techno-Live-Set abliefern. Etwas ruhiger bzw. melodiöser gehen es an diesem Abend Thugfucker an. Das Duo widmet sich in ihren Tracks der Durchmischung von Disco und House. Da holpert und poltert die Bassline.
Der 9. Bezirk lädt zur Spittelauer Kernschmelze. Dabei macht die Grelle Forelle mit dem angrenzenden Werk gemeinsame Sache – eine Art Grätzelfest. Los geht es bereits am Nachmittag mit Open Air Bühne und Terrassenfeeling. Man kann auch shoppen – und zwar Vinyl und Kleidung. Die Ware ist sicherlich fein sortiert und wird einem von netten Menschen verkauft – mit einem nachhaltigen Lächeln versteht sich. Am Abend spielen dann da wie dort, also in zwei Clubs, lokale DJ-Größen auf.

Kaum ein Wochenende ohne Heuer. Auch dieses Mal muss man das vielseitige Lokal am Karlsplatz ins Programm nehmen. Denn am Samstag spielt dort der belgische Produzent Gullfisk seine Tracks ab. Die Melodien sind hübsch verhuscht, der Bass hüpft über das Sythesizer-Feld voller Echo-Blumen und Hall-Gräser.

Sonntag

Am Sonntag kann man dann die Frühmesse vom Prater Unser besuchen. In der Pratersauna. Die Rolle des Pfarrers übernehmen Kettenkarussell aus Deutschland. Vom Giegling-Orden (Plattenfirma) stammend haben sie Konstantin und Ateq als Ministranten dabei. Die Taufe der Partyjünger übernehmen dann Manamana aka Sevensol & map.ache von Kann Records in Deutschland.
 
Am Abend spielt dann nur mehr das WM Finale eine Rolle. Falls man danach noch ein bisschen Frust abbauen möchte, sollte man ins Fluc gehen. Dort spielt nämlich im Anschluss an das Finale The Pharmacy aus Seattle
. Ihre Musik ist eine schöne Reminiszenz an die 1990er Jahre – an Nirvana, an gute Grunge-Zeiten, an arge Depressionen in Kombination mit heftigen Drogen. Die Gitarren werden in Leck-mich-am-Arsch-Manier angeschlagen, die fettigen Haare hängen tief ins bleiche Gesicht. Und die Welt geht bei jedem ihrer Song unter – irgendwie halt. Da bekommt man gleich Lust auf Frust. Herrlich!