Schauspiel unter falscher Flagge

Der goldene Aluhut #69

Sobald in der Welt etwas Schlimmes passiert, kann man sicher sein, dass Verschwörungsideologen sofort ihre Theorien dazu spinnen. Die Widerlichsten von ihnen ranken sich um Terroranschläge, Amokläufe und Schießereien an Schulen. Diese seien nämlich von der Regierung inszeniert und die Opfer lediglich Schauspieler.

Ob 9/11, das Attentat in Las Vegas oder der Terroranschlag in Berlin. Für Verschwörungstheoretiker haben sie alle eins gemein: Sie waren von der geheimen Weltregierung inszeniert. Ein „Inside Job“, also hausgemacht, beziehungsweise eine Operation unter falscher Flagge („False Flag“), um die öffentliche Empörung auf einen vorher festgelegten Gegner zu lenken. Zum Beispiel auf den Islamischen Staat. Auch dieser ist angeblich ein Instrument der Mächtigen, um Angst und Schrecken zu verbreiten und die Flüchtlingsströme nach Europa zu lenken.
Weil ein so groß angelegtes Schauspiel ohne Akteure nicht funktionieren würde, hat sich der gemeine Konspiratist auch hierfür eine Lösung ausgedacht: Krisenschauspieler. Sie treten immer dann in Erscheinung, wenn die Elite Statisten und Nebenrollen für ihr Bühnenstück benötigt. Also Opfer, Verletzte und Angehörige. Vor allem nach Attentaten und Amokläufen werden schnell derartige Unterstellungen laut.
So behaupten Verschwörungstheoretiker, eine gewisse junge Frau mit langen dunklen Haaren bei Ereignissen in Sandy Hook, Aurora, Boston, Oregon, Paris und Manchester gesehen zu haben. In ihren Augen ein untrüglicher Beweis, dass all diese Massaker von der NWO (New World Order) inszeniert wurden.
Nun mag man bis zu diesem Punkt durchaus noch ein klein wenig über die Kurzsichtigkeit der Verschwörungstheoretiker schmunzeln, denn nicht selten ist das verwendete Bildmaterial so schlecht, dass es kein Kunststück ist, eine Person falsch zu identifizieren. Jedoch bleibt einem das Lachen recht schnell im Hals stecken, wenn man sich vor Augen führt, was 2012 nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Grundschule passierte. Dort traten die Verschwörungstheoretiker aus den Kommentarspalten des Internets in das reale Leben hinaus und bedrohten Robbie Parkers, den Vater einer getöteten Schülerin, den sie für einen Krisenschauspieler hielten. Parkers musste zeitweise unter Polizeischutz gestellt werden.
Dass man derartige Verschwörungstheorien aber auch durchaus zu seinem Vorteil nutzen kann, zeigt uns David Hogg, ein Überlebender des Parkland-Massakers, der sich nun gegen die Waffenlobby starkmacht. Dass er öffentlich im Netz als Krisenschauspieler diffamiert wurde, hat überhaupt erst dafür gesorgt, dass sein Anliegen international bekannt wurde. Hogg bedankte sich daraufhin öffentlich bei den Verschwörungstheoretikern für die durch sie erzielte Reichweite.
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