
"Die Menschen merken ganz genau, wenn etwas 'real' ist."
Interview mit HAUSER
HAUSERS Konzerte hitten anders. Viele kennen ihn vielleicht noch aus der Zeit der ersten viralen YouTube-Welle, als er sich mit „2Cellos“ quer durch alle Genres gecovert hat. Dieser musikalischen Vielfalt ist er treu geblieben – der Klassik auch. Bei seinen Shows fusioniert HAUSER klassische Virtuosität mit Humor und exzentrischem Entertainment. Mit seinem neuen Album Cinema, das am 12. September erscheint, verbindet er Filmgeschichte mit seiner eigenen Musiksprache und bringt so eine enorme Palette an Emotionen auf die Bühne. Im Gespräch mit VOLUME wird deutlich, wie stark er seine Kunst als Gesamterlebnis versteht. Und warum für ihn Stille genauso wichtig ist wie die Musik selbst.

Wie geht es dir – und wie fühlt es sich an, dass dein neues Album Cinema nun kurz vor der Veröffentlichung steht?
Mir geht es sehr gut. Ich bin unglaublich aufgeregt und stolz zugleich, dass dieses Album endlich herauskommt. Endlich habe ich die Möglichkeit, der ganzen Welt zu zeigen, wie ich Filmmusik wahrnehme und interpretiere. Ein arges Gefühl. Für mich ist es zusätzlich etwas ganz Besonderes, weil ich eben diese Filmmusik mit dem London Symphony Orchestra aufnehmen konnte. Bald ist Premiere.
Deine neuesten Projekte haben oft einen cineastischen Vibe. Würdest du lieber einen ganzen Film vertonen oder selbst in einem Film mitspielen?
Komponieren würde ich vielleicht nicht unbedingt. Aber Schauspiel, ja, das könnte ich mir vorstellen. Ich sage immer, ich wäre ein guter neuer James Bond. Nur hätte ich dann statt einer Waffe mein Cello in der Hand.
Deine Konzerte fühlen sich oft eher wie Theaterstücke an als wie klassische Auftritte. Siehst du dich selbst als Geschichtenerzähler?
Ja, genau so empfinde ich es. Meine Konzerte sind eine Reise, fast wie eine ganze Geschichte in Kapiteln. Am Anfang beginnt es sehr klassisch, fast traditionell. Dann öffnet sich die Tür zu ganz verschiedenen Genres, und die ganze Schönheit der Musik zeigt sich. Die Menschen im Publikum gehen mit: sie weinen, sie lachen, sie seufzen. Gegen Ende wird die Show dann richtig wild. Ich rolle über den Boden, ich gehe ins Publikum, tanze, verbinde mich direkt mit den Leuten. Das ist ein Erlebnis, das man bei klassischen Konzerten normalerweise nicht hat.
Viele Künstler:innen kennen das Gefühl von „After-Show-Blues“. Wie gehst du damit um?
Ich mag dieses Gefühl sogar. Ich bin schon so lange dabei, dass ich gelernt habe, auch das zu genießen. Früher war es vielleicht schwerer, aber heute sehe ich jeden Teil dieses Künstlerlebens als etwas Schönes – auch die ruhigen, stillen Momente nach dem Konzert. Da kommt man runter, man ist alleine, man reflektiert. Auch diese Seite gehört dazu, und sie gibt mir genauso viel wie der große Rausch auf der Bühne.

Wie verändert sich deine Beziehung zur Stille, wenn du dein Leben lang Klang erschaffst?
Ich genieße die Stille sehr. Mein Leben ist oft hektisch, voller Reisen, Termine und Action. Da ist es für mich wichtig, allein zu sein, in der Natur, einfach ruhig. Diese Momente geben mir Balance, und sie sind oft die Quelle für neue Ideen. Ich reflektiere viel, und die Stille ist dafür notwendig.
Wenn du eine Show nur für eine einzige Person spielen würdest: Wer säße da im Publikum?
Schwer zu sagen. Ich weiß es nicht genau. Aber ich denke, die Person wäre wunderschön (lacht).
Du hast manche Stücke auf Cinema als „hidden jewels“ bezeichnet. Welche meinst du konkret?
Für mich sind das Songs, die vielleicht nicht sofort im Rampenlicht stehen, sondern eher verborgen waren. In neuen Arrangements kommen sie nun richtig zur Geltung. Zum Beispiel Concerto pour la fin d’un amour. Ich kannte das Stück selbst am Anfang nicht so gut, aber es hat mich sofort berührt. Es ist so schön, und ich finde es toll, dass man mit diesem Album genau solche Facetten zeigen kann.
Was stört dich am meisten an Klischees über klassische Musiker:innen und wie gehst du damit um?
Hmm. Ganz ehrlich, ich fühle mich selbst überhaupt nicht als Klischee, das merkst du wahrscheinlich eh selbst. Also bleiben mir solche Erfahrungen ziemlich erspart.
Stell dir vor, dein Cello könnte sprechen – was würde es sagen?
(lacht) Es würde wahrscheinlich sagen, dass es meinen Touch mag. Vielleicht würde es sogar sagen: „Wow bitte hör nicht auf.“
Welche deiner Playlists würde die Leute am meisten überraschen?
Bei all den überraschenden Dingen und Wendungen, die ich seit meinen Anfängen gemacht habe, glaube ich nicht, dass ich die Leute mit irgendetwas in meinen Playlists schockieren könnte.
Manche Musiker:innen sind irgendwann müde von Liebesliedern. Wie ist das bei dir?
Ich? Niemals. Ich liebe und brauche romantische Lieder. Des Essens werde ich ja auch nicht müde (lacht). Für mich sind sie eine Mischung aus Sehnsucht, Zuneigung und Musik – das ist etwas, das nie langweilig wird. Künstler wie Dean Martin oder Julio Iglesias haben das perfektioniert. Und solange es Liebe gibt, sollte man auch über sie singen und spielen.
Viele nennen deine Musik „zeitlos“. Glaubst du, dass Musiker:innen wirklich zeitlos sein können?
Ja, davon bin ich überzeugt. Ich wähle meine Musik bewusst so, dass sie bleibt. Klassische Stücke, große Evergreens, sie überdauern Trends. Trends verschwinden und werden ersetzt. Aber wenn man das Herz sprechen lässt, bleibt die Musik für immer. Die Menschen merken ganz genau, wenn etwas „real“ ist.
Gibt es ein Stück, das dich jedes Mal aufs Neue berührt?
Ja, Caruso. Ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich es spiele. Es wird einfach nie langweilig. Hör es dir nach diesem Interview an, dann weißt du, was ich meine.
Dein Umgang mit Social Media wirkt sehr kreativ und positiv. Viele Artists sehen Insta und Co eher als Bürde. Wie geht es dir damit?
Für mich ist Social Media eine Möglichkeit, etwas Positives zu schaffen, von Beginn an eigentlich. Ich kann zeigen, wer ich bin, kann kreativ sein, mich mit Fans verbinden, Ideen ausprobieren. Am Anfang war es ungewohnt, aber dann habe ich gemerkt, dass man so viel daraus machen kann – und sich selbst dabei weiterentwickelt. Heute kann ich Videos schneiden, mache Reels, kümmere mich um Farben, Styles, all das. Es gehört für mich genauso zum Künstlersein dazu wie das Musizieren.
Dafür braucht man Selbstbewusstsein. Warst du schon immer so?
Nein, überhaupt nicht. Ich war ein sehr schüchterner Junge, in meiner eigenen Welt. Das Selbstvertrauen musste ich mir selbst erarbeiten. Aber es war notwendig, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Viele Artists tun sich schwer damit, diesen Schritt zu gehen, für mich war er entscheidend.
Was sollen die Menschen nach einem HAUSER-Konzert mit nach Hause nehmen?
Ich möchte, dass sie das Gefühl haben, etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Dass sie erfüllt rausgehen und sagen: „Das war es wert.“ Am besten ist, wenn sie den Abend so besonders fanden, dass sie die Erfahrung mit anderen teilen möchten. Und wiederkommen.
Wir sehen uns jedenfalls am 16.11. in der Wiener Stadthalle! Danke für’s Gespräch.