Sa, 8. Jun 2013

Besser als Schlager

Saint Lu im Interview

Eine österreichische Rockstimme in Berlin: Der zweite Langspieler von Luise Gruber alias Saint Lu ist der beste Beweis dafür, dass guter Soul weder musikalische noch nationale Grenzen kennt. Im Interview mit VOLUME geht es um den schönsten Song der neuen Platte, einen länderübergreifenden Aufnahmeprozess und stimmungsvolle Zukunftspläne.

                          ‚Es ist mir egal, was Adele macht‘


Du bist in Wels geboren, wohnst aber inzwischen in Berlin. Was gefällt dir besonders gut an der deutschen Hauptstadt?


Saint Lu: Berlin ist eine sehr internationale Stadt mit vielen Möglichkeiten, aber zum Leben trotzdem erschwinglich – im Gegensatz zu Musikmetropolen wie London, Paris oder New York City.

Entweder FM4 oder Ö3: In Österreich gibt es kaum Nischen für Musiker zwischen Mainstream und Alternativ. Ist das ein Mitgrund, warum du heute in Deutschland lebst?

Saint Lu: Ich habe damals meine Demos an Produzenten in Österreich und Deutschland gesendet. Hierzulande hat sich niemand zurückgemeldet, aus dem Nachbarland habe ich gleich zwei Angebote bekommen. Deswegen hat es mich hierher verschlagen.


Adele nennt ihre bisherigen Alben ’19‘ und ’21‘. Dein neues Album heißt ‚2‘. Scheint, als würden Soulsängerinnen ihre Alben gern nach Zahlen benennen…..

Saint Lu: Es ist mir egal, was Adele macht. Ich stehe nicht auf unnötigen Pathos. ‚2‘ ist nun einmal mein zweites Album und als Zahl gab es diesen Albumtitel erstaunlicherweise noch nicht.

Gab es in letzter Zeit ein Album, dass dich so richtig gefesselt hat?

Saint Lu: Ja, ‚Kala‘ von M.I.A. Ich habe schon lange nicht mehr so innovative und doch poppige Musik gehört.

Dein Debüt wurde in den Abbey Road Studios aufgenommen. Wie sahen die Arbeiten zum Nachfolger aus?

Saint Lu: Das Album ist an vielen verschieden

Plätzen entstanden und genau deswegen auch so vielfältig geworden. Ich habe dafür in vielen kleinen und großen Studios in Berlin, Hamburg, London und L.A. aufgenommen zum Beispiel mit Linda Perry oder in den Angle Studios. Viele Songs sind aber auch zu Hause in meinem WG-Zimmer entstanden.

Dein Debüt war rockiger, auf der neuen Platten sind mehr verträumte Popnummern und soulige Ballade zu hören. Warum dieser Wandel?

Saint Lu: Für die neuen Aufnahmen habe ich mich oft in mein Zimmer zurückgezogen, um alleine an Demos zu basteln. Ich kann besser Beats basteln als Gitarre spielen – darum sind die neuen Nummern teilweise grooviger und souliger geworden.

Dank deiner Stimme werden deine Alben immer nach Saint Lu klingen. Nerven dich die ewigen ‚Rockröhre‘ und ‚Next Amy Winehouse‘ Schlagzeilen nicht ungemein?

Saint Lu: Immer noch besser als Schlager, oder?

Allerdings! Du hast schon in Texas gelebt. Einen so schönen Gitarrenblues wie im Song ‚The Letters‘ kann man doch nur in Amerika lernen, oder?

Saint Lu: Komischerweise ist die Nummer in Berlin entstanden. Wahrscheinlich hat der Kontrast ganz gut geholfen.

VOLUME Geheimtipp der neuen Platte ist ‚Why do i want love‚. Gibt es eine Geschichte oder Studioanekdote dazu?

Saint Lu: Schön! Das ist auch mein Lieblingssong auf der Platte. Auch die Texte in diesem Song mag ich persönlich sehr gerne! Die Musik habe ich gemeinsam mit dem Produzenten und Songwriter Nick Whitecross geschrieben. Wir haben vier Stunden über Gott und die Welt philosophiert und dann den Song in 15 Minuten ganz nebenbei in einem einzigen Jam festgehalten. Dieses Erlebnis  war sehr berührend und inspirierend für mich.
Im Lied ‚Craving‚ geht es darum, dass man Beziehungen oft nur schwer beenden kann, obwohl man weiß, dass sie einen nicht gut tun. Wenn man es hasst jemanden zu lieben, was hat man falsch gemacht?
Saint Lu: Ich glaube nicht, dass es dafür eine allgemein gültige Antwort gibt. Ich war damals eher in die Vorstellung von einer Person als in die Person selbst verliebt. Das wurde mir zum Verhängnis.
Im Video dazu geht es heiß her: Wie ging es dir dabei, diese Szenen zu drehen?
Saint Lu: Die Arbeit war unglaublich lustig und sehr professionell. Ich glaube nur deshalb hat alles so gut funktioniert. Das Team war sehr jung und wir hatten alle Lust sehr viel im Moment zu entwickeln. Die zwei Tage sind wie im Flug vergangen. Rundum eine unglaublich tolle Erfahrung.


Du hast schon mit einigen großen Künstlern zusammen gearbeitet. Wer wäre dein Wunschkandidat für das nächste Album?

Saint Lu: Alex Clare!
Na dann wird ‚3‘ wohl eine Art Dubstepsoul! Wir freuen uns darauf und natürlich auf Saint Lu live am Nova Rock Festival!