Es war einmal HipHop 13 - Rappin' Black in a White World

Hieß es letzte Woche noch ‚Rappin‘ and Rockin‘ the House‘ entfernen wir uns in der dieswöchigen Suche nach den Vorfahren der HipHop-MCs von Comedy und reiner Unterhaltung und tauchen ein in die politisch, sozialkritische Welt der Spoken Word Bewegung der 70er Jahre.

Wir befinden uns noch immer auf der Reise durch die Musikgeschichte, um mögliche Vorläufer der HipHop-MCs aufzuspüren. Die bisherigen Beispiele hatten allesamt einen sehr unterhaltenden Charakter und können als direkte Vorbilder für den Party-Rap der Oldschool Rapper gesehen werden. Anfang der 80er Jahre entwickelte sich innerhalb der

HipHop-Kultur jedoch eine Bewegung, deren Mitglieder es mehr um die Vermittlung sozialkritischer und politischer Inhalte ging, als darum, eine Party am Laufen zu halten. Diese Strömung wird als Conscious Rap bezeichnet und die wichtigsten Vorbilder dafür finden sich im Spoken Word Genre. In diesem steht das gesprochene Wort im Mittelpunkt, das oftmals nur von spartanisch arrangierter Musik begleitet wird.
Der wohl bekannteste Vertreter dieses Genres, der von diversen Rappern immer wieder als Einfluss genannt wird, ist Gil-Scott Heron. 1949 in Chicago geboren, lebte er seit seiner Kindheit in New York. Als Heron im Mai 2011 verstarb, meldeten sich viele HipHop-Künstler wie Chuck D, Eminem oder L

upe Fiasco zu Wort und strichen seinen Einfluss und seine Bedeutung für sie und die HipHop-Kultur als Ganzes hervor. Heron veröffentlichte in seiner langen Karriere 15 Alben – das letzte kurz vor seinem Tod im Jahr 2010. Sein bekanntestes Stück stammt von seinem 1970er Debüt „Small Talk at 125th and Lenox“. Der Song „The Revolution Will Not Be Televised“ ist voller kultureller Zitate und Querverweise und wahrscheinlich einer der meist zitierten Sätze seit es das Fernsehen gibt. Im folgenden Interview erklärt Heron den Inhalt des Songs. Das zweite Video zeigt die Originalaufnahme von 1970 mit reiner Perkussionsunterstützung.

The Last Poets wurden im Mai 1968 am Geburtstag von Malcolm X (einem der wichtigsten Mitglieder der „Nation of Islam“ und der afroamerikanischen Befreiungsbewegung) gegründet. Dass das Datum nicht zufällig gewählt war, zeigt ihre starke Verbindung zur Bürgerrechtsbewegung und zum Schwarzen Nationalismus der 60er Jahre. Mit ihren politischen Texten und ihrem R

ap -ähnlichen Vortragsstil legten sie die Grundlage für politischen Rap der folgenden Dekaden. Auf den ersten beiden Alben wurden die Texte noch rein mit Perkussionsinstrumenten unterlegt. Später breitete sich die musikalische Basis auf Funk und Jazz aus. Es kam später sogar zu Kollaborationen mit HipHop-Künstlern wie Common oder Nas. Als Beispiel für ihre Musik ist „The Courtroom“ von ihrem dritten Album „At Last“ von 1976 zu nennen. Auch wenn diesem Song etwas an der rohen Direktheit der Stücke aus den ersten beiden Alben fehlt, ist er sehr interessant. Er stellt nämlich eine Anspielung an das in der letzten Ausgabe vorgestellte Stück „Here Comes The Judge“ von Pigmeat Markham dar. War die Nummer von Pigmeat noch eher der Comedy zuzurechnen, ist diese Version um einiges kritischer gestaltet und endet mit der Forderung nach einer „Nation of Blacks – independent and free“.

Ein Kurzfilm über die Last Poets. ‚The difference between our movement and hip-hop, we had a movement and we had a direction‘.

Die letzten in der Riege dieser politischen Rap-Vorläufer sind die Watts Prophets. Sie stellen das kalifornische Pendant zu den Last Poets dar. Ihrer Gründung 1967 gingen 1965 die als Watts-Unruhen in die Geschichte eingegangen Ausschreitungen im

Stadtteil Watts von Los Angeles voran. Watts war damals zu 99% von Afroamerikanern bewohnt, nachdem fast alle weißen Bewohner des Viertels in die Vorstädte gezogen waren. Mit ihnen verschwand ein Großteil der Arbeitsplätze und große Armut machte sich breit. Zu diesem Umstand gesellte sich eine Vielzahl von gewalttätigen Übergriffen durch die Polizei. Die angespannte Stimmung entlud sich letzten Endes in den Watts-Unruhen in denen 34 Menschen ihr Leben verloren und ein Sachschaden von geschätzten 40 Millionen Dollar verursacht wurde. Durch die das Viertel dominierenden Gangs gilt Watts auch heute noch als ein gefährliches Viertel. Im deutschen Wikipedia -Artikel zum Bezirk wird sogar geraten „die Gegend nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr aufzusuchen“.

Die Watts Prophets waren kommerziell nicht so erfolgreich wie die Last Poets, erfreuten sich dennoch einer beträchtlichen (lokalen) Fangemeinde. Sie wurden unter anderem von der Gruppe N.W.A. gesampelt und Snoop Dog nennt sie in einem Interview mit Nardwuar als wichtiges Stück Geschichte. 

Es zeigt, dass diese Form der Musik nicht nur Rapper des erwähnten Conscious Rap beeinflusste, sondern mit seinen direkten, oftmals aggressiven Texten auch Vertreter des so genannten Gangsta-Raps ansprach.

Damit endet der Rückblick auf die Geschichte des Raps. Wie anfangs bereits angedeutet, handelte es sich hierbei nur um eine kleine Auswahl von Liedern. Einige Genres wie Blues oder Funk wurden mehr oder weniger völlig außen vor gelassen. Dennoch hoffe ich, dass ich einen Überblick über mögliche Vorläufer der HipHop-Rapper geben konnte und zeigen, dass Rap wie die anderen Elemente von HipHop nicht aus dem Nichts heraus entstand.
Praktisch aus dem Nichts heraus entstand jedoch die Sugarhill Gang. Mit i

hrer Geschichte, die zugleich den Beginn der Old School Ära und der ersten HipHop-Platten darstellt, wird es in der nächsten Ausgabe dieser Kolumne weitergehen. Die wird es aber erst im September geben, da auch die HipHop-Geschichte ein wenig Sommerurlaub nötig hat. Um noch meine Aussage vom letzten Mal zu beweisen, dass der Song „Rappers Delight“ nicht die erste Aufnahme eines HipHop-Raps ist, entlasse ich euch mit dem wirklich ersten auf Platte gepressten HipHop-Song in die Sommerpause und wünsch euch eine schöne Zeit, bis es im September wieder heißt: „Es war einmal HipHop“!

P.S.: Morgen (27.7) gibt es die nächste Radiosendung auf Radio Orange um 23 Uhr! (www.o94.at) Tune in!