Geh mir aus der Sonne

Entbehrliches Wissen #57

„Geh mir aus der Sonne“, sagte Diogenes und meinte damit nicht sein Körperhaar. Auch der Nudist von heute freut sich, wenn nichts zwischen ihn und die Sonnenstrahlen gerät. Die Ungestörtheit dieser Begegnung gilt es jedenfalls zu verteidigen. Im Notfall mit Brandbomben.

Bei den steigenden Temperaturen schmilzt das Bedürfnis nach Bekleidung ebenso schnell wie veganes Zitroneneis. Außer natürlich bei den Anhängern der Freikörperkultur (FKK), sie streben das ganze Jahr nach dem stofflos-ungetrübten Naturerlebnis. Bereits im 18. Jahrhundert propagierte der schottische Philosoph Lord Monboddo das Baden ohne Hüllen als Wiedererwachen der griechischen Nacktkultur. 1898 wurde in Essen, Deutschland der erste FKK-Verein gegründet. Damals wurde das Schwimmen ohne Hüllen auch „Schwedisch-Baden“ genannt, da sich das Schämen für den eigenen Körper in Skandinavien nie so recht durchgesetzt hatte.
Die FKK symbolisierte nicht nur eine Lebenseinstellung, sondern verstand sich klar als gesellschaftliche Bewegung, da einige Jahre zuvor vielerorts das gemeinsame Baden von Mann und Frau – selbst in Badebekleidung – noch verboten war. Zwischen den ideologischen Ausrichtungen gab es sowohl politisch links gerichtete, als auch dezidiert antisemitische oder auch völkisch ausgerichtete Varianten – wie etwa bei den Anhängern des Runenkults. Diesem zufolge stellten die Runen Körperstellungen und Bewegungsrichtungen dar, die im Runenyoga vornehmlich nackt eingenommen werden sollten.
In den 1930er Jahren stand man dem Naturismus eher ambivalent gegenüber. Einerseits wurde das Nacktbaden außerhalb geschlossener Bereiche generell verboten, andererseits wurde in dieser Zeit die erste Doktorarbeit über die FKK-Bewegung geschrieben. In Leipzig wurde ein großes öffentliches FKK-Schwimmfest gefeiert und in der Schweiz fanden 1939 die ersten „Naturistischen Olympischen Spiele“ statt. Nach dem Krieg kam es besonders in der DDR zu einer weitgehenden Toleranz gegenüber der Nacktbadekultur. Auch in Österreich etablierten sich in den 70er Jahren einige FKK-Strände, wie in der Lobau, in Hard am Bodensee, dem Ritzensee in Saalfelden im Salzburgerland oder rund um den Figurteich bei Guntramsdorf.
Heute hat die Präsenz von Nacktheit durch die Medien zwar stark zugenommen, gleichzeitig geht die Zahl der in Vereinen organisierten Naturisten kontinuierlich zurück. Außerdem wehren sich Nudisten im Allgemeinen gegen eine wachsende Vereinnahmung ihrer Kultur seitens der Swingerszene. Nach ihrem langen Kampf, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass das Nacktsein der Freikörperkultur nichts mit Sexualität zu tun hat, scheint die zunehmende Popularität von Swingerklubs zu einer öffentlichen Verwechslung der beiden unterschiedlich orientierten Szenen zu führen.
In Cap d’Adge, einem Teil der gleichnamigen Stadt an der französischen Mittelmeerküste, der bekannt für sein großes, naturistisches Viertel ist, spitzte sich diese Auseinandersetzung dermaßen zu, dass Nudisten sogar Brandbomben in einen Swingerklub schmissen, um diese zu vertreiben.
Auch andere Trends machen den Konservativen der Nudistenszene zu schaffen. So rasieren sich etwa die so genannten „Smoothies“ alle Körperhaare unterhalb des Halses ab – ganz nach der Philosophie: „Warum soll irgendetwas zwischen mir und der Sonne stehen?“ Am Ende des Tages ist jedoch nur eines wichtig: „Insel muss Insel bleiben!“

In aller Kürze

  • Alphabetisch betrachtet ist Zzyzx der letzte Ort der Welt.
  • Jeder zehnte Westeuropäer wurde in einem IKEA-Bett gezeugt.
  • Die Plakatdichte in Österreich ist deutlich höher als in allen anderen EU-Staaten.
  • Der Fachausdruck für menschliche Gänsehaut heißt Piloerektion.
  • Brieftauben orientieren sich mithilfe ihres rechten Nasenlochs.
  • Ein Kilt besteht aus sieben bis acht Metern Stoff.
  • Volleyball ist die beliebteste Sportart in Nudistencamps.
  • Die durchschnittliche Benützungsdauer einer Bohrmaschine im Leben eines Menschen beträgt etwa 13 Minuten.
  • Ein Mann besitzt durchschnittlich 19 Unterhosen.
  • In New York leben mehr Italiener als in Rom und mehr Iren als in Dublin.
  • Der Körper der meisten Chamäleons misst nur die Hälfte ihrer Zungenlänge.
  • Der Ersatzstoff für echte Vanille, Vanillin, wird aus Tannenbäumen gewonnen.