Mo, 7. Okt 2013

Legen... wait for it!

Game Rezension: Rayman Legends

… hieß es vorallem für Wii U Besitzer die sich auf den März Release von Rayman Legends freuten. Als Ubisoft verkündete, die Veröffentlichung des bereits fertigen Spieles um 6 Monate nach hinten zu verschieben und dazu auch noch die Wii U-Exklusivität aufzuheben und einen Multi-Konsolen Titel daraus zu machen, war die Empörung groß. Von Spielern hagelte es Shitstorms und sogar das Entwicklerteam, allen voran Rayman-Schöpfer Michel Ancel persönlich, lehnte sich gegen ihren Arbeitgeber auf. Leider vergeblich.

Doch nun ist er endlich da, der Nachfolger von Rayman Origins. Und die Erwartungen sind nicht nur wegen der überlangen Wartezeit groß. Denn mit dem von Kritikern hochgelobten Rayman Origins, landete Ubisoft vor 2 Jahren einen absoluten Überraschungshit – ein Jump’n’Run Meisterwerk das Rayman auf eine Stufe stellte mit den Marios dieser (Videospiel-)Welt. Mit einem Gameplay, so hervorragend, dass es den besten Genre-Vertretern der 16-bit Generation alle Ehre machte und einer Kreativität wie man sie nur selten sieht, war das Spiel für mich persönlich eines der 5 besten Jump’n’Runs aller Zeiten.
Konnten die Entwickler ihren eigenen Meilenstein nun tatsächlich noch übertreffen?
Gameplay

Im Grunde ist Rayman Legends wieder ein einfacher Plattformer. Mit 3 Knöpfen kann man sämtliche Aktionen der Charaktere ausführen. Und doch schaffen die Entwickler es mit fast jedem Level etwas Neues auf den Bildschirm zu zaubern. Oftmals sogar komplett neue Ideen die man bisher noch in keinem anderen Jump’n’Run gesehen hat. Und jede davon ist hervorragend umgesetzt.

Was alle Levels wieder gemeinsam haben ist, dass es jede Menge Lums einzusammlen und Teensies zu befreien gibt. Letztere sind gut versteckt und man muss sich schon genau umsehen um sie alle zu finden. Die Lums dagegen sind offensichtlich platziert und führen einen durch die Levels, so wie die Münzen in Super Mario Games. Folgt man den Lums lassen sich, mit etwas Übung, auch hier ganze Passagen in vollem Lauf bewältigen – was sich großartig anfühlt.

Das Spiel ist wieder in mehrere Welten unterteilt. Anders als bei ‚Origins‘ durchquert man diese aber nicht auf einer Weltkarte der Reihe nach. Stattdessen beginnt man das Spiel in einer Galerie, die als Hubworld dient und in der man sich frei bewegen kann. Die einzelnen Welten und Levels erreicht man durch einen Sprung in das entsprechende Gemälde. Diese sind zunächst verdeckt und unzugänglich, werden aber nach und nach frei geschaltet, abhängig von der Gesamtzahl der gefundenen Teensies. Hat man in den frühen Levels bereits viele gefunden, lassen sich so auch schon spätere Welten vorzeitig betreten. Mir persönlich gefiel die Weltkarte mit den sequentiellen Levels im Vorgänger besser, da man das Gefühl hatte sich in einer großen Welt zu befinden in der man stets voran schreitet. In Rayman Legends hat man so ein bisschen das Gefühl einfach ein Level nach dem anderen abzuhacken aber das ist wohl Geschmackssache.

Wie gehabt, wartet am Ende jeder Welt wieder ein Bosskampf. Diese sind, wie schon beim Vorgänger, wieder absolute Highlights und stellen mitunter eine ziemliche Herausforderung dar.

Der Schwierigkeitsgrad an sich ist generell über das ganze Spiel gesehen wieder großartig abgestimmt, so, dass Spieler jeden Alters und Könnens Spaß daran haben können und trotzdem eine Herausforderung bekommen.
Koop (auch für Singleplayer)

Eine große Neuerung bei Rayman Legends ist die Verwendung des Wii U Gamepads. In einigen Levels trifft man Murphy, den fliegenden Frosch. Der Spieler mit dem Gamepad übernimmt dann (nach einem kurzen Abklatschen der Protagonisten) dessen Steuerung und das Spielgeschehen verlagert sich (für diesen Spieler) auf den Touchscreen. Dort assistiert man dem Mitspieler am TV indem man Schalter betätigt, Plattformen bewegt, Gegner kitzelt oder zerstampft, Steinschleudern betätigt, Tunnel gräbt, Plattformen erschafft und vieles mehr – die Kreativität der Designer ist hier wieder einmal beachtlich. All diese Aktionen muss man stets mit den Bewegungen des anderen Spielers abstimmen wodurch eine unheimlich witzige Dynamik entsteht, die für sehr viel Spaß sorgt. Spielt man alleine, übernimmt in diesen Passagen die KI die Steuerung der Spielfigur auf dem großen Bildschirm. Dies funktioniert zwar großteils gut, unterbricht aber irgendwie den Spielfluss und macht einfach weit weniger Spaß als wenn man mit einem zweiten menschlichen Spieler gemeinsam am Werk ist.

Überhaupt ist vor allem der 2-Spieler Modus wieder eine ganz große Stärke bei Rayman Legends. Sämtliche Levels wirken sorgfältig abgestimmt, um sowohl im Singleplayer als auch zu zweit voll genossen werden zu können.
Taktgefühl

Eine der herausragenden Innovationen von Rayman Origins war der Einsatz der großartigen Spielmusik. In vielen Levels war es so, dass diese sich teilweise in perfekter Harmonie mit dem Spielgeschehen befand. So konnte man schnelle Passagen oft bewältigen in dem man sich am Timing der Melodie orientiere. Die Spielmusik transzendierte damit in einmaliger Weise von bloßer Untermalung zu einer essentiellen Gameplay Mechanik was den erlebten Spielspaß noch mehr verstärkte.

Das schienen auch die Entwickler so empfunden zu haben und setzen bei Rayman Legends noch einen drauf. Am Ende jeder Welt nach dem man den Endboss bezwungen hat, schaltet man, quasi als Belohnung, ein ‚Musik Level‘ frei. Und eine Belohnung sind sie in der Tat. Zu einem bekannten Song wie ‚Eye of the Tiger‘, läuft man ohne zu bremsen durch diese Levels und timed sämtliche Aktionen (springen, schlagen, schweben,…) nach dem Rhythmus der Musik. Kann man die ersten 2 dieser Levels theoretisch auch ohne Ton schaffen, sind die späteren so schnell und optisch so überladen mit herumfliegenden Gegnern und Objekten, dass man kaum mehr auf visuelle Impulse reagieren kann, sondern sich voll und ganz der Musik hingeben muss. Besonders diese Levels machen unglaublich Spaß und das befriedigende Gefühl sie erfolgreich zu absolvieren ist fantastisch. Hatte ich die Befürchtung, dass Rayman Legends nicht noch einmal einen Wow-Faktor wie damals ‚Origins‘ hervorbringen könnte, haben mich spätestens diese Levels mit offenem Mund vor dem Fernseher sitzen lassen.
A Challenge a Day

Als Trostpflaster sozusagen, für die verärgerten Wii U Fans und um die Wartezeit zu verkürzen, hat Ubisoft Ende April die Rayman Legends Challenges App im Nintendo E-Shop veröffentlicht. Die Gratis-App enthielt neben ein paar Demo Levels einen Bereich in dem jeden einzelnen Tag und einmal pro Woche eine neue Challenge verfügbar war. Bei den Challenges handelte es sich um eigens angefertigte Levels in denen es galt eine vorgegebene Aufgabe zu erfüllen, z.B.: sammle 150 Lums so schnell wie möglich, komme soweit durch das Level wie möglich, sammle in 1 Minute möglichst viele Lums, erreiche das Ende des Levels so schnell wie möglich, usw.

Trotz meines damals noch deutlich vorhandenen Ressentiments gegen Ubisoft, war mein erstes Urteil zur Challenges App, ein simples: „Sie haben abgeliefert“. Genau so stellt man sich einen modernen Challenge Mode vor. Leaderboards: weltweit, national, Freunde, Top 10 und das alles auch noch in einem Diagramm auf dem Gamepad dargestellt wie man es aus Mario Kart Wii kennt. Instant Restart: ohne Ladezeiten. Ghosts: eigene und die von den in der Rangliste nächstbestplatzierten Leuten, natürlich abschaltbar. Freunde herausfordern. Und allen voran ein hoch motivierendes Belohnungssystem: je nach dem wie gut man bei einer Challenge abschneidet, erhält man einen Pokal (Bronze, Silber, Gold und Diamant). Der Clou dabei ist, dass nicht etwa die Entwickler die Grenzen für die einzelnen Pokale vorgeben, sondern die Leistungen der teilnehmenden Spieler. So bekommen die besten 1% einen Diamantpokal, die besten 20% einen Goldpokal usw. Das Spiel zeigt einem dabei stets an welchen Pokal man mit der momentanen Leistung bekommen würde, man erhält ihn aber erst dann wenn die Challenge abgelaufen ist. So kann es schon passieren, dass man mit einem Silberpokal schlafen geht und am nächsten Tag einen Goldpokal erhält weil noch weitere Spieler teilgenommen, sich aber nicht besser platziert haben. Es wird auch angezeigt welche Leistung man momentan für die verschiedenen Pokale benötigt.
Dieses System hat mich persönlich unheimlich motiviert. Auch weil es sich einfach wesentlich besser anfühlt zu sehen, dass man einen Goldpokal geschafft hat, als dass man auf Platz 1348 der Welt war.
Zusätzlich werden die gewonnen Pokale auch noch in Punkte umgerechnet mit denen man im „Level of Awesomness“ aufsteigt. Dazu werden auch noch alle möglichen Statistiken wie Anzahl der Sprünge, Gelaufene Kilometer, Gesammelte Lums usw. festgehalten und ebenfalls mit einem Leaderboard versehen. Einfach grandios was sich die Entwickler hier alles hineingepackt haben lassen.

Erfreuchlicherweise wurde dieser Challenge Mode in vollem Umfang in Rayman Legends inkludiert und wird auch dort für unzählige zusätzliche Spielstunden sorgen.

Grafik

Um Rayman Origins zu realisieren, hat Ubsioft seinerzeit das Ubiart Framework entwickelt. Dieses sollte es den Grafikdesignern möglich machen ihre Zeichnungen direkt in das Spiel umsetzen zu können. Das Resultat sollte aussehen wie ein gespielter Zeichentrickfilm. Diesem Ziel kam man damals schon recht nahe. Größtes Manko dabei war: es handelte sich um einen SD – ‚Film‘.
Dank der Power der neuen Konsole und dem weiterentwickelten Ubiart Framework, erstrahlt die Welt von Rayman Legends nun in prachtvollem HD-Glanz und die Designer konnten ihrer Kreativität nun scheinbar freien Lauf lassen. Denn was man zu sehen bekommt ist eine lebendige, plastische Comic – Welt voller liebevoller Details. Vom Vordergrund bis zu den zahlreichen Hintergrundebenen wirkt jeder Pinselstrich durchdacht und nichts generisch erstellt. Zum Leben erwacht das ganze Kunstwerk durch die unzähligen feinen Animationen. Kaum etwas am Bildschirm steht still. Besonders die Charaktere mit ihren butterweichen Bewegungen wirken wie lebendig gewordene Zeichentrickfiguren.

Technisch einwandfrei umgesetzt, läuft das Siel durchgehend flüssig, selbst mit 100en animierten Objekten gleichzeitig im Bild.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, doch Rayman Legends ist meiner Meinung nach das bestaussehendste 2D – Jump’n’Run überhaupt.
Sound

Wie oben bereits erwähnt ist die Musik bei Rayman Legends mitunter integraler Bestandteil des Gameplays. Da verwundert es nicht, dass auch diese wieder großartig gelungen ist. Die Melodien passen hervorragend zu den Levels und Spielsituationen und viele davon bleiben einem dauerhaft im Ohr. Besonders witzig sind die bekannten Songs (wie „Eye of the Tiger“), die für die speziellen „Musik-Levels“ frei interpretiert wurden und vom Gesang und den Geräuschen der Spielfiguren begleitet werden. Abgerundet wird das Klangerlebnis von den bekannten, klassischen Comic – Soundeffekten.
Fazit

Als ich Rayman Origins zum ersten Mal durchspielte war ich vom Anfang bis zum Ende begeistert. Quasi jedes einzelne Level zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht und immer wieder entkam mir ein, mitunter auch lautes, ‚Wow!‘. Das Spiel war ein Quantensprung für Rayman und ein Meilenstein für das Genre.
Mit Rayman Legends haben die Entwickler ihr Meisterwerk in jedem Bereich noch übertroffen. Vom Leveldesign, der Grafik, den Sound, über den Koopmodus mit dem Wii U Gamepad, bis hin zum absolut hervorragenden Challenge Mode, hat man hier das Beste Gesamtpaket abgeliefert, das es bis dato auf der Konsole gibt. Wenn man überhaupt etwas sagen kann, dass den grandiosen Eindruck von Rayman Legends schmälert, dann, dass es – naturgemäß – nicht noch einmal so einen Sprung gemacht hat wie sein Vorgänger. Trotzdem haben es die Entwickler wieder geschafft mit laufend neuen Ideen zu verblüffen und das Lächeln im Gesicht der Spieler zu verankern. Denn wieder einmal macht jede einzelne Minute Spaß und im Multiplayer sogar mehr denn je.

Rayman Legends reiht sich damit ein, im erlesenen Kreis der besten Jump’n’Runs aller Zeiten.

  


ENTWICKLER: Ubisoft Montpellier
PUBLISHER:
Ubisoft
GENRE:
Jump’n’Run
PLATTFORM:
Wii U, Playstation 3, Xbox 360