Die wilden Gärtner

Mit Pikmin 3 bring Nintendo seinen ersten großen Titel seit dem Launch der Wii U im Dezember. Eine lange Zeit. Und ein wichtiger Moment für die Konsole. Kann das Spiel den Erwartungen gerecht werden?

  
  
Als auf dem Planeten Koppai die Nahrungsmittel knapp werden, entsenden die Bewohner Raumschiffe quer durch die Galaxie auf der Suche nach neuen Resourcen. Jedoch bisweilen ohne Erfolg. Nur mehr ein Schiff ist noch auf seiner Mission auf dem Weg zum erdähnlichen Planeten ‚PNF-404‘. Nach einer Bruchlandung bei der die 3 Besatzungsmitglieder von einander getrennt werden, beginnt für die Aliens die abenteuerliche Suche nach den Teammitgliedern und nach Rohstoffen für die Heimat.
Dass sich so ein Szenario diesmal nicht zur einer ‚Independence Day‘-Endzeitschlacht entwickelt, liegt u.a. daran, dass die außerirdischen Protagonisten etwa so groß wie Käfer sind. Außerdem sind sie nicht auf Öl und Wasser aus, sondern lediglich auf Früchte um diese auf ihrem Heimatplaneten kultivieren zu können.
Kurz nach Beginn begegnet man den eigentlichen Stars des Spiels, den Pikmin. Ameisengroße Lebewesen in verschiedenen Farben und Formen. Jede Gattung verfügt dabei über spezielle Eigenschaften und Fähigkeiten. So können gelbe Pikmin Elektrizität leiten und Stein-Pikmin Glas sowie Kristall zerstören. Netterweise folgen einem die gutmütigen Wesen gleich auf Schritt und Tritt. Bis zu 100 gleichzeitig kann man mit sich führen, um sie dann in hohem Bogen auf gegnerische Insekten und Hindernisse aller Art loszulassen. Pikmin sind vorallem im Team stark: je mehr man gleichzeitig auf einen Gegner hetzt, desto schneller wird dieser besiegt. Dabei ist aber taktisches Vorgehen gefragt, denn jeder Feind hat andere Schwachstellen und oft können nur Pikmin einer gewissen Art etwas ausrichten. Manchmal benötigt man auch den richtigen Mix um effektiv vorgehen zu können und die eigenen Verluste dabei zu minimieren. Besiegte Gegner sowie gefundene Früchte und Gegenstände tragen die Pikmin automatisch zurück zum Raumschiff. Neben Früchten müssen im Lauf des Spieles auch noch verschiedene wichtige Gegenstände wie verlorene Teile des Raumschiffes gefunden und eingesammelt werden.
Ein Hauptelement von Pikmin 3 ist Erkundung. Wie in einem ‚Metroidvania‘-Game sind viele Bereiche eines Levels zunächst nicht zugänglich. Doch kann man diese Orte später nochmal besuchen, nachdem man neue Pikmin Arten oder Gegenstände erhalten hat, mit denen sich nun weitere Wege erschließen lassen. Um den Erkundungsdrang zu bestärken, wurde das viel kritisierte Zeitlimit der Vorgänger entfernt. Man kann nun quasi beliebig viel Zeit in den einzelnen Levels verbringen. Diese Zeit wird im Spiel allerdings in Tage unterteilt. Ein Tag dauert etwa 15-20 Minuten Echtzeit und am Ende jedes Tages kehren Crew und Pikmin in ihre Raumschiffe zurück. Dort werden dann die gesammelten Früchte des Tages in Fruchtsaft umgewandelt, welcher flaschenweise gelagert wird. Für jeden neuen Tag wird zu Beginn 1 Flasche als Nahrung für die Crew aufgebraucht. Das wichtigste Nebenziel ist es somit, immer wieder Obst zu finden und einzusammeln, um stets genug Fruchtsaft für die nächsten Tage zu haben.
Leveldesign und Spieltiefe von Pikmin 3 sind beachtlich. Was auf den ersten Blick niedlich und einfach wirkt, entpuppt sich als ausgeklügeltes Konzept, das durch das Steuern von bis zu 3 Figuren gleichzeitig noch eine neue Ebene an Tiefgang dazu erhalten hat. Laufend erschließen sich einem neue Möglichkeiten und Wege und damit weitere Gebiete und Herausforderungen.
Die Steuerung selbst ist, dank dem Wii U Gamepad sehr gelungen umgesetzt. So kann man sich auf der Map am Gamepad zunächst einen Überblick verschaffen und seine Wege im Voraus planen. Zur Steigerung der Effizienz splittet man sein Team in bis zu 3 Gruppen und schickt 2 davon am Gamepad per Berührung automatisch an den gewünschten Ort, während man am TV-Bildschirm die 3. Gruppe direkt steuert.
Ein besonderes Lob hat diesmal die technische Seite verdient. Pikmin 3 ist nicht nur das bestaussehendste Wii U Spiel, sondern zeigt klar, welch großartige Grafik mit der Konsole möglich ist. Die Darstellung der Natur wirkt teilweise fotorealistisch. Wasser und Sonnenlicht sind die realitätsnähesten die ich bis jetzt in einem Videospiel gesehen habe. Und dazu bleibt das Spielgeschehen selbst mit 100 Pikmin in Aktion stets flüssig.
Die Spielwelt wurde so hübsch gestaltet, dass ich immer wieder gern zur ‚KopPad‘-Kamera griff, ein Feature mit dem das Gamepad zu einer Kamera wird, mit der man sich in der Egoperspektive, durch Bewegung, frei in der virtuellen Umgebung umschauen und Fotos schießen kann, welche dann auch gleich auf Miiverse gepostet werden können.

Multiplayer

Im Multiplayer Modus können 2 Spieler gleichzeitig spielen wobei einer das Gamepad benützt und einer Wiimote + Nunchuck. So lassen sich im Koop Modus Aufgaben gemeinsam erledigen und bei guter Teamarbeit kann man die einzelnen Missionen so noch effizienter erfüllen.
Im witzigen ‚Bingo Battle‘-Modus treten die Spieler gegeneinander an und versuchen jeweils als Erster die benötigten Früchte einzusammeln. Beide Modi machen viel Spaß und sind eine willkommene Ergänzung.

Fazit

Pikmin 3 hat lange auf sich warten lassen; doch das Warten hat sich gelohnt. Denn der Nintendo-typische Feinschliff ist nicht zu übersehen. Der Konsolenhersteller musste etwas abliefern mit dem man zeigt warum es sich lohnt eine Wii U zu besitzen. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich skeptisch war ob Pikmin 3 das geeignete Spiel dafür sein könnte. Doch wenn Shigeru Miyamoto mit ganzem Herzen hinter einer Sache steht, was könnte da schon anderes dabei herauskommen als Spitzenklasse?! Vom Spielprinzip, über das Leveldesign, bis hin zur Grafik, ist Pikmin 3 großartig. Selbst die Story hält einige Überraschungen (wie z.B. alte Bekannte) bereit. Dazu sind die Figuren wieder einmal niedlich, witzig und charmant.
Aber das Wichtigste: Pikmin 3 fängt einen mit seinem Konzept ein und macht so viel Spaß, dass man sich kaum mehr davon lösen kann.
  

ENTWICKLER: Nintendo
PUBLISHER: Nintendo
GENRE: Echtzeit Strategie, Adventure
PLATTFORM: Wii U