Do, 4. Mrz 2010

VOLUME MILESTONES - diesmal: Ausgabe 01/1990

Schon in der letzten Ausgabe unserer geliebten Celebrity-Illustrierten für die Hosentasche haben wir den Rückblick gewagt. Diesmal wagen wir uns noch einen Schritt weiter zurück: In Zeiten, in denen man bei akutem Wissensbedarf nicht etwa sein internetfähiges Smartphone konsultieren konnte, sondern per Wahlscheibentelefon bei der Auskunft anrief. Zeiten, in denen diese Zeilen auf Schreibmaschine getippt wurden und Volume noch jährlich erschien…

Neunzehnhundertundneunzig! Die Volume-Redaktion befindet sich noch im Jugendzimmer des heutigen Chefredakteurs und arbeitet fieberhaft an der nächsten Ausgabe. Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu, der Druck wächst –„Volume“ erscheint doch nur einmal alle 365 Tage! Man einigt sich auf erste Schwerpunkte: Grafiker Benjamin, von allen nur „Apfel-Ben“ gerufen, weil er schon damals auf seinen sauteuren exotischen All-In-One Rechner namens „Macintosh II fx“ und den gerade frisch releasten Photoshop 1.0 schwört, ist schon damals glühender Anhänger der deutschen Fußballkultur. Er will unbedingt ein großes Special zur Fußball-WM. Die fand 1990 bekanntlich in Italien statt und wurde vom gerade frisch wiedervereinigten Deutschland gewonnen. „Zu viel Sport!“ moniert Chef Michi, ob seines gitarrenlastigen Musikgeschmacks nur „Iron Mike“ gerufen, zum wiederholten mal. „Wir müssen den Sport über die Politik aufarbeiten! Wiedervereinigung Deutschlands, und die werden Weltmeister; Auflösungserscheinungen in der Sowjetunion und die überstehen nicht mal die Vorrunde!“ Für den Chef war damals alles ein Politikum, alles musste basisdemokratisch abgestimmt werden – mit ein Grund für den dauernden Delay der Volume-Ausgabe von 1990.

 

MOCHROM MOVEMENT

 

Aber der Anzeigenmarkt hat das damals noch verziehen, bediente Volume doch eine der wichtigsten Zielgruppen: Potenzielle Käufer des Game Boys von Nintendo. Das kleine 8-Bit Spielgerät mit den funky Monochrom-Farben faszinierte die gesamte Welt und sollte bis heute den Weg in über 100 Millionen Haushalte weltweit finden. Und für Weihnachten 1991 stand auf so gut wie jedem Wunschzettel: „1x Game Boy, liebe Eltern, äh Christikind.“ Und Volume wäre nicht Volume, wenn es dieses frühe Wunderding der Technik nicht zu gewinnen gäbe. Eingefädelt hat das wieder mal der Philipp, der umtriebige Austro-Piefke. Ein Computer-Geek erster Generation: noch leicht gezeichnet vom Babyspeck seiner Kindertage, den er durch stundenlange „World- und Winter Games“-Sessions am Commodore 64 aber auch nicht wirklich reduzieren konnte.

 

KEVIN, JOE UND STADIONROCK

 

Die Themenfindung bei unserer Retro-Redaktionssitzung geht indes schleppend voran –

wir einigen uns auf den Film des Jahres: „Home Alone“ – „Kevin allein zu Haus“. Volume honoriert den kommerziellen Erfolg des Films mit einem Porträt über den geheimen Star des Films: Joe Pesci, Teil des vertrottelten Einbrecherduos „Harry & Marv“, ist in diesem Jahr auch an der Seite Robert De Niros im heute legendären Mafiastreifen „Goodfellas“ zu sehen.

Jetzt geht es endlich um Musik – schon damals ein Hauptbestandteil des Magazins. Eine kritische Annäherung an die österreichischen Chartstürmer der „Ersten Allgemeinen Verunsicherung“ steht am Spielplan. Klaus Eberhartinger und Co. polarisieren das Land mit inhaltsleeren Gassenhauern wie „Ding Dong“, mit dem sie 16 Wochen lang die Charts anführen.

 

Zweiter musikalischer Schwerpunkt: Ein Porträt über die Band Guns N’ Roses, die nach ihren beiden fulminanten letzten Alben nun schon monatelang ein neues Doppelalbum ankündigen. Noch weiß niemand, dass die beiden Teile von „Use Your Illusion“ in die Rockgeschichte eingehen werden. Aber der Riecher für Revolutionäres ist bei unseren wackeren Jugendlichen der 1990er-Redaktion schon derart ausgeprägt, dass die Geschichte natürlich den Weg ins Heft findet.

 

Blödel-Pop der EAV, Stadionrock mit Guns N’ Roses – was fehlt noch, um die Musikseiten ausgewogen zu gestalten? Nach einigem hin und her fällt es unseren Jungredakteuren wie Schuppen von den Augen: Gangsta-Rap, ganz klar! Gerade erschien die EP „100 Miles And Runnin’“ der berüchtigten Band „Niggaz Wit Attitudes“, kurz „N.W.A.“. Und die Herren rund um den späteren Eminem-Entdecker Dr. Dre wollen sich ganz im Stile ihres Gangsta-Images so gar nicht vertragen. Ein Streit mit Bandmitglied Ice Cube führt zu viel Stress und einem legendären Solo-Album des späteren Film“stars“: „AmeriKKKa’s Most Wanted” erscheint ebenfalls 1990 und markiert durch die Zusammenarbeit mit dem East Coast Produktionsteam des “Bomb Squad” aus dem Public Enemy-Umfeld einen Meilenstein der noch jungen Rapgeschichte.

 

TETRIS WITH ATTITUDE

 

Die Köpfe rauchen, das Heft nimmt langsam Formen an. Der Philipp schlägt vor, einen der für die Gewinnspiele bestimmten Game Boys aufzureissen, um sich „etwas zu entspannen“, wie er sagt. „Das merkt doch eh keiner!“ – Und schon ist die Tetris-Challenge eröffnet: Wer kann die 125 Linien schlagen, wer kann die 137 Linien schlagen, wer kann im alternativen Modus Level neun mit Höhe 5 schlagen, wer kann…