So, 24. Mai 2009

ADNEXEKTOMIE - Chronik Einer Eierstockentfernung

Seit Monaten sagten mir Freunde, ich sollte mit meinem Bauchzwicken mal zum Arzt gehen, sonst könnte das ein böses Ende nehmen…und so war es auch, und zwar am:

30. März: Böse Krämpfe. Das sind keine Regelschmerzen mehr, eher zu vergleichen mit der Löffelfolter der heidnischen Chinesen. Meine Freundin tut das einzig Richtige: 144 rufen und mir damit quasi das Leben retten, denn unter Umständen…dickes DANKE, Maria! Im Krankenwagen steht fest: chirurgisch!
Etwa 3 Stunden verbringe ich mich-schüttelfrostig-auf-einer-Bahre-am-Gang-krümmend, werde untersucht und weitergereicht zur gynäkologischen Ambulanz. Der dortige (Soap-Opera-mäßig-gutaussehende) Arzt scheißt erst mal den Pfleger zusammen, der mich dort geparkt hat (wegen Sterben und so), untersucht mich innerlich, sieht schwarz und entfernt meine langgediente Verhütung –  das Gynefix. Dieses ist mit Widerhaken in der Gebärmutter verankert, hormonfrei und wirkt 3-5  Jahre mit ca. der gleichen Sicherheit wie Pille o.ä. – nicht zu empfehlen allerdings bei wechselnden Sexualpartnern, da dies ein Infektionsrisiko erhöht. Bei richtiger „Verwendung“, also aktivem Achten auf Signale des Körpers und regelmäßiger Kontrolle etc. ist Gynefix durchaus praktisch! Jedenfalls zupft er mir das Teil aus dem Innernen – ohne Narkose. Wer mich kennt, weiß, dass ich schmerztechnisch mindestens so zäh bin wie ein Massai während der Dürre, aber das …! Er sagt „Sie werden lachen, aber kürzlich kam jemand mit demselben Problem…“- ich heule weiter. Anscheinend hat das Ding eine üble Entzündung ausgelöst. Man karrt mich weg. Ich weiß nicht mal, wo ich bin und es ist mir auch egal, ich will am liebsten raus aus diesem Körper. Fieber. Kein Schlaf, trotz Schmerzmittel. Mood: pathetic.

31.März: Meine Eierstöcke waren fleißig und haben links einen Abszess entwickelt. Der Tag verläuft, abgesehen von Schmerzen, eher unspektakulär. Nach einer Computer-Tomographie (da ich oral nichts zu mir nehmen kann, ohne dass es gleich wieder hochkommt: Kontrastmittel rektal, yay!) probiert man, mich bis zum Abend mit diversen Medikamenten in grünere Bereiche zu bringen. Leider erfolglos, und so teilt mir ein Arzt mit: „Morgen früh kommen Sie als erste zur OP dran!“. Die Entzündungswerte steigen (Normalwert CAB: 0 – 5, meiner: 378…), so auch das Fieber. Ebenfalls beunruhigend: nicht mal der Arzt kann mir sagen, was alles entfernt werden muss. Sprich: wache ich mit einer Naht von Nabel bis Schambein auf, wurde mir der linke Eierstock entfernt (gut). Geht sie bis zum Brustbein, mussten sie mich komplett aushöhlen, also beide Eierstöcke, Eileiter, Gebärmutter (ungut).Grade etwas eingepennt, wache ich – Galle kotzend – auf. Im Spiegel sieht mir jemand entgegen, der Antiwerbung für Crack machen könnte. Vollgepumpt mit Zeug „schlafe“ ich ein. Zustand: 39,6°C.

April, April: Werde um 6.00 Uhr geweckt, krieg meine täglichen Infusionen (wenn ich nämlich nicht gerade angezapft werde, wird mir was zugeführt) und um 7.15 Uhr bekomme ich eine Schlaftablette. Als ich aufwache – nachmittags – gehen per

Venflon (Venenverweilkannüle, per Nadel entweder in der Armbeuge oder am Innenarm oder einfach in den Handrücken geführt) 2 Schläuchlein in mich (links Schmerzmittel, rechts NaCl, damit ich nicht komplett dehydriere) und im Gegenzug aus mir: ein Katheter (künstlicher Ausgang führt per Schlauch von der Harnröhre in einen Urinbeutel, da ich mich nicht bewegen darf) und… die Drainage (Schlauch in die Bauchhöhle, zuständig dafür, Wundsekret, Eiter und derartig anfallende, ungesunde Säfte von innen nach außen zu befördern), aus welcher gelb-roter Schleim in einen weiteren Beutel sickert. Befinden: hilflos.

2. April: Ich soll aufstehen. Hardcore. Ich kann nur schluchzen, flennen und um Gnade winseln, nicht atmen – aber ich muss aufstehen, weil Liegen u.a. eine Lungenentzündung hervorrufen kann… Mit meinen beiden Grind-Beuteln in der Hand – tres chique – werde ich von der Physiotherapeutin zum Bad  begleitet… dort ausgezogen und gewaschen… irgendwie erniedrigend. Die „gute“ Nachricht: sobald ich mobil bin, werden Katheter und Drainage entfernt. Ich fühl mich kläglich.

3. April: Katheterentfernung: Kinderfasching im Gegensatz zu… nun, das Entfernen einer Drainage erinnert an das Starten eines oldskool-Außenbordmotors mit Kabel. 30 cm Schlauch werden mir vor versammelter, wissbegieriger Jungärzteschar aus der Bauchhöhle gerissen. Ich hab fast noch „Glück“, dass es  schon 2 Tage nach der OP geschieht, denn je länger der Schlauch in die Wunde führt, desto dichter verwächst er mit dem Gewebe –  desto hässlicher die Schmerzen. 2 Tage reichen in dem Fall aber aus…  AAAAUARR!!! 6 Tage Restaufenthalt: dominiert von Bewegungsunfähigkeit, Schmerzen beim Pissen/Kacken/ Liegen/Sitzen/Stehen/Lachen/Husten/Bewegen/kurz: SEIN, Trivialliteratur, suspektem Geruch, Blutabnahmen, der Frage nach dem Stuhl, Infusionen, abendlichen Thrombosespritzen (eine Lungenembolie würde grade noch fehlen), Katzenwäsche, mangelnder Privatsphäre und mehr Einstichstellen als der erfahrenste Karlsplatz-Junkie vorzuweisen hat. Ich vermisse Freiheit! Außerdem werde ich vom Nixtun unrund, aber das nur im übertragenen Sinne, zur Fertigstellung dieses Artikels habe ich bereits 2,5 Kilo zugenommen. 

Und wenn man im Nachhinein realisiert, wie brenzlig die Situation eigentlich war, weil einen die Schwester aufklärt, dass man kurzzeitig sogar unter intensiver Beobachtung stand, weil’s nicht nur um Gebärunfähigkeit in Folge, sondern um etwas mehr ging, denkt man: nice…Hätte man sich aber sparen können. Tatsache ist, dass ich mit weniger im Unterleib gehe als ich gekommen bin…dafür mit plakativer 15cm langer Narbe auf einem bis auf Weiteres geblähten Bauch. Suboptimal. Vorteile nämlich sind aus dieser Eierstockentfernung keine entstanden. Weder hab ich nur alle 2 Monate die Regel, noch wiege ich bedeutend weniger und Spaß hätte ich woanders auch mehr gehabt, ganz zu schweigen von der 4-8-wöchigen Rekonvaleszenz, soll heißen: KEIN SEX, KEINE PARTIES, KEIN VOLLBAD, KEINE TAMPONS, NICHT ZUVIEL SONNE, KEINEN SPORT, NICHT SCHWIMMEN, NICHTS HEBEN, UND IM ALLGEMEINEN SCHONEN.Also LAAANGWEILIIIG!

Daher: Mädls, sucht euch eine/n Gyn, dem ihr vertraut, geht zur Kontrolluntersuchung und bei dubiosen Schmerzen sofort zum Arzt – auch 2. Meinungen einholen, wenn ihr euch nicht genug beraten fühlt, die Gebärmaschine da drinnen ist wahrlich kompliziert! (und Jungs – ich kann euch versichern: ein Finger im Arsch is Spass [gegen eine Akut-OP], also auch die Prostata beizeiten brav checken lassen…)!