Rokko Ramirez Rotzt (12te Ausgabe)

Das Nickelsdorf Syndrom

Heute wird’s fast etwas medizinisch-pathologisch mit psychosozialem Hintergrund, geschätzte KollegInnen, seien sie Herzlich Willkommen am Institut für Festivalforschung. Da der Stehplatzwavebreaker bereits zu über 80 % gefüllt ist, würde ich alle anderen Anwesenden bitten, hinten auf der VIP Tribüne Platz zu nehmen, die Bühnensicht bleibt hervorragend, der Vortrag beginnt in Kürze. Ottarocker Modus EIN *schlürf* Ottarocker Modus AUS.
 
Lassen sie uns nun also von der Pathogenese, der Entwicklung einer Krankheit, sprechen, die zumeist jährlich rund um den Monat November – zu den ersten Festivalankündigungen – ausbricht und sich seuchenförmig mit rasender Geschwindigkeit ausbreitet. Hauptinfektionsträger: das Internet. Betroffen ist hierbei europaweit einzig und allein Österreich mit seinen wichtigsten Ballungszentren Wien, Niederösterreich und Burgenland. Das Phänomen breitet sich aber via diverser Internetforen in kürzester Zeit über das ganze Bundesgebiet aus. Ja, sehr geehrte Damen und Herren, über kurz oder lang kommt es zu einem infernalen Flächenbrand, für dessen Eindämmung bisher nur Wasser, Gerste, Hopfen und Malz in äußerst rauen Mengen die gewünschten Symptomlinderungserfolge zeigen. Der Uhudler gilt bislang als eine der robustesten Geheimwaffen gegen das HEADLINER SYNDROM, fälschlicherweise vom Volksmund auch als Nickelsdorf-Syndrom bezeichnet (nach dem Erstverbreitungsgebiet).
 
Das Krankheitsbild ist leicht erklärt und hat umrissener Weise ein grundsätzliches Hauptmerkmal: Kaum sind Musikfestivals mit entsprechenden Künstlern gebucht, werden die Rufe nach den sogenannten „Headlinern“ (das sind bevorzugt die letzten drei Bands, die am Schluss eines Festivaltages meist auf der Hauptbühne auftreten) immer lauter: „Wer kommt?“, „Der und die müssen unbedingt kommen, sonst kannst das Festival kübeln!“ „Was, die sind Headliner? Das geht ja gar nicht, da geh ich fix nicht hin!“ etc. Typisch österreichische Unzufriedenheit gemischt mit dieser lästigen Grantlerei, die uns in aller Herren Länder so bekannt unbeliebt macht.
 
Mein Tipp als euer aller Therapeut – mehr Bewusstsein für alle Bands mitbringen, auch am Nachmittag gibt’s gute Acts und das würdet ihr vielleicht mitkriegen, wenn ihr nicht am Nachmittag noch immer oder schon wieder blunzenfett am Campingplatz herumkugeln würdet! Wie wärs stattdessen mal mit einem Lady Gaga LookaLike Contest? Die headlined
wenigstens fix die Stadthalle…aber egal…
 
Viel Spaß auf den Musikfestivals 2010 und ab in die erste Reihe!
 
Euer Dr. Ramirez