Do, 4. Mrz 2010

TITTEN - Gib deinen Brüsten Namen!

„Gib deinen Brüsten Namen!“, riet uns das Doktor-Sommer-Team in der Bravo anno 1992. Dadurch sollte die werdende Frau die wachsenden Fett- und Bindegewebemassen an ihrer Vorderseite lieb gewinnen und als Teil des eigenen Körpers sehen. Nur blöd wenn nichts wächst.
Aber zurück zum Anfang.

Sophia

Die ersten Brüste, an die ich mich erinnern kann, sind natürlich die meiner Mutter. Ich war noch ziemlich klein, 2-3 Jahre (viele Menschen glauben mir diese frühen Kindheitserinnerungen nicht, aber ich habe sie!) und saß auf meiner Mama. Ich spielte „Auto“! Hupen, Lenken, „Tuut, Tuut!“. Unschwer zu erraten, dass ihr das sehr schnell auf die Nerven ging. Eigentlich fand ich Brüste schon immer toll, ich konnte es kaum erwarten irgendwann selbst welche zu haben. Schon als kleines Mädchen ließ ich es mir nicht nehmen Bikini-Oberteile zu tragen und beim Verkleiden dienten abgeschnittene Schulterpolster zum Ausstopfen. Natürlich war mir der sexuelle Aspekt da noch nicht bewusst, ich fand Titten einfach schick und zum Oberteil füllen gedacht.

 

JUNGS WURDEN EIN INTERESSANTES BETÄTIGUNGSFELD

 

Dann kam die Pubertät. Jungs wurden ein interessantes Betätigungsfeld. Doch ich hatte immer noch keine Brüste. Schnell musste ich feststellen, dass die männlichen Schulkameraden vor allem an jenen Mädels interessiert waren, die schon welche hatten. Gesicht zweitrangig, je dicker die Dinger, desto größer die Aufmerksamkeit. Ich war klein und „unterentwickelt“, was für ein Scheißwort! Mehr so der Kumpeltyp. Zum Kotzen.

Auch meine sogenannten „Freundinnen“ gingen nicht gerade feinfühlig mit meinem „Defizit“ um. Zum 13. Geburtstag bekam ich einen BH geschenkt und dazu eine Packung Watte, vor versammelter Mannschaft, auf meiner eigenen Party – welch Gespött.

Mutter meinte, das würde schon noch, sie hätte ihre auch erst spät bekommen.

Mit 15 fing ich dann endlich zu wachsen an, innerhalb eines Jahres schoss ich fast 10 cm in die Höhe, nur da vorne passierte immer noch nicht viel. Ich begann gepolsterte BHs zu tragen und schmiss mich den Boys entgegen. Langsam bekam ich Aufmerksamkeit, doch wenn gefummelt wurde, waren alle Teile meines Körpers interessanter als das „Obenrum“.

Ich hatte einen handfesten Komplex entwickelt. Erst als ich 17 wurde, tat sich ein bisschen was. Ich hatte einen Freund, ich hatte Sex, ich trug BHs, der Wonderbra war mein bester Freund.

Permanent hatte ich das Gefühl, dem mir aufoktroyierten Schönheitsideal nicht zu entsprechen.

Ich quetschte mich in alles was presste, formte und füllte. Männer lieben große Brüste, alle Männer, soviel war sicher.

Ich kann gar nicht mehr genau sagen, wann ich aufhörte diesen Blödsinn zu glauben. Irgendwann muss ich wohl den ersten Mann getroffen haben, der kleine Brüste auch nicht so schlecht fand. Der meine super fand. Außerdem konnte ich immer mehr Vorteile feststellen: Ich kann ungehindert hüpfen und rennen, ich kann auch mal ohne BH vor die Tür gehen, weil es sexy ist, wenn ein kleiner Busen sich unter dem Stoff abzeichnet. Abgesehen davon werden mir die Dinger nie, niemals bis zum Bauchnabel hängen und Rückenschmerzen bekomme ich auch keine davon.

Ich habe Freundinnen mit großer Oberweite, die haben schon Männer gehabt, die eingeschüchtert waren und sich nicht trauten hinzufassen, beziehungsweise krampfhaft vorbeischauten. Das wird mir wohl kaum passieren.

Wenn man ein Teenager ist, lässt man sich furchtbar schnell verunsichern, weil man glaubt, der Norm entsprechen zu müssen. Dabei sind die menschlichen Vorlieben so vielfältig wie die Merkmale menschlichen Aussehens. Klar stehen frühpubertäre Jungs auf die Girls mit den dicksten Dingern, deshalb nennt man das ja auch sekundäre Geschlechtsmerkmale, aber hey, soweit ich mich erinnern kann, fand ich damals Marky Mark und Richard Grieco heiß. Primitive Holzhammer-Reize funktionieren halt am Simpelsten bei zart aufflammender Sexualität.

So habe ich es also geschafft, mich mit meinen Brüsten anzufreunden (ohne ihnen Namen zu geben…), ich würde sie nicht eintauschen wollen. Und schon gar nicht aufpumpen.

Silikonbrüste sind so mit das Bescheuertste was sich die (männliche) Menschheit in den letzten hundert Jahren hat einfallen lassen, die fleischgewordene Schnittstelle zwischen Barbie-Puppe und Frau.

Letztens im niveaulosen Nachmittagsprogramm eines deutschen Privatsenders, eine Reality-Doku, Thema: „Mann will, dass Frau sich für ihn die Möpse machen lässt, sonst verlässt er sie!“

Sie ist abgeneigt, überlegt, „weil sie ihn nicht verlieren will“ (ein Stück Scheiße verliert man nicht, die Absonderung ist ein ganz natürlicher Vorgang). Sie geht zum Arzt, lässt sich beraten, der rät ihr ab, die beste Freundin auch, der Mann merkt, dass er mit seinen Forderungen vielleicht etwas zu weit gegangen ist, entschuldigt sich mit einem rosenblätterbestreuten Bett bei Kerzenschein (klassisches Proll-Ritual für „was Romantisches“). Sie versöhnen sich. Er träumt weiter von Plastiktitten, sie hat Minderwertigkeitskomplexe. Herzlichen Glückwunsch!

Es gibt da diese Vorstellung in meinem Kopf nach der nur primitive Männer Silikon-Euter geil finden. Männer, die statt „ins Fitnessstudio gehen“ „Pumpen“ sagen und die schon seit Jahren überlegen sich das geile Tribal-Tattoo, das George Clooney in „From Dusk till Dawn“ am Hals hat, stechen zu lassen, der Mut aber dann nur für eine Wadenversion ausreicht.

Oberflächliche Vollpfosten, die in der U Bahn immer 2 Sessel brauchen, weil sie so dicke Eier haben. Wahrscheinlich gibt es da aber doch noch ein paar mehr Fans, heimliche Katie Price- und Pamela Anderson-Verehrer, Stubenwichser mit intellektueller A-Körbchen-Freundin und Doppelidentität, warum sonst hätten diese Damen mit ihren hervorstechenden Argumenten Millionen verdient? Manches will man gar nicht so genau wissen, zum Glück ist so was bei Schwänzen noch nicht so verbreitet, sonst müsste man noch fragen :“Sag mal, ist der eigentlich echt?“

PRIMITIVE HOLZHAMMER-REIZE FUNKTIONIEREN HALT AM SIMPELSTEN BEI ZART AUFFLAMMENDER SEXUALITÄT.

Alex

Brüste. Titten. Quastln. Tuttln. Hupen. Zitzen. Es gibt viele Wörter für das weibliche Geschlechtsmerkmal Nummer eins. Wir Männer, egal ob hetero oder homo, lieben Brüste.

Natürlich aus verschiedenen Gründen. Ein guter Freund von mir kann sich kaum auf das Gesicht seines weiblichen Gegenübers konzentrieren, wenn dieses in ein tiefes Dekolleté blicken lässt. Er braucht Brüste wie ich behaarte Beine. Für einen anderen sind die Nippel wichtig. Sie müssen eher nach oben zeigen und auf einer schön geformten Brust sitzen. Ein bisschen mehr als eine handvoll findet er ideal. Der Haken: Nippel bekommst du erst zu Gesicht, wenn es eventuell schon zu spät ist. In meiner und der Welt heterosexueller Frauen ist es das gleiche mit Penissen. Man weiss nie, was man kriegt.

 

Generell finden die meisten meiner Hetero-Freunde klein und fest besser, als gross und hängend. Auch ein kleiner Hof wird meistens lieber gesehen als ein grosser. Doch was sagen die Frauen dazu? Eine meiner besten Freundinnen wurde von der Natur mit eher kleinen Brüsten ausgestattet. Als ich sie nach einem Statement fragte, hörte ich als erstes, dass sie das als Makel empfindet. Sie hat immer das Gefühl, sie müsse mit ihrer Persönlichkeit punkten, um Männer zu verzaubern. Erst wenn sie Intelligenz und viele ihrer anderen Qualitäten bewiesen hat, fällt der Push-up-BH. Als könnte Intelligenz Schweine beeindrucken. Natürlich haben wir auch über Brustvergrösserung gesprochen, etwas was für sie nie in Frage kommen würde. Der Gedanke, einen Fremdkörper unter der Haut zu haben, gruselt nicht nur mich.

 

Als Haarstylist am Set sehe ich viele Titten. Models haben meistens kleine aber wunderschöne, feste Brüste. Ein Klischee, das meiner Erfahrung nach voll zutrifft. Natürlich beurteile ich Brüste nach anderen Kriterien als ein heterosexueller Mann. Ich finde Brüste sind gut anzuschauen und nötig, um die schönen Kleider auszufüllen. Sie fühlen sich auch nett an, aber verursachen bei mir so gut wie keinen sexuellen Reiz. Mir sind Titten herrlich egal. Im Teenageralter, als ich noch mit Mädchen und dazugehörigem Busen rumexperimentierte, geriet ich einmal an zwei riesige Exemplare. Das hat mich offensichtlich so überfordert, dass ich es bis heute sein hab lassen. Ich war als Kind schon abgeschreckt von Barbie´s fünfziger Jahre Bomber-Busen.

 

Ich war daher auch ein wenig überrascht, wie viel die Menschen über dieses Thema zu sagen haben, wenn sie gefragt werden. Frauen haben Komplexe weil sie ihre zu klein oder zu gross finden. Männer fühlen sich schlecht, weil blanke Titten das Animalische in ihnen hervorkehrt. Und ich bin ratlos, denn seien wir uns doch mal ehrlich: „Nichts geht über behaarte Beine!“ Hehe.