Mi, 8. Aug 2018
Halb so schlimm

Halb so schlimm

Please Madame im Interview

Mit „Young Understanding“ schrieben Dominik Wendl, Martin Pöheim, Laurenz Strasser und Niklas Mayr im Frühjahr 2018 das nächste Kapitel ihrer jungen Bandgeschichte und kamen zwischen Leichtigkeit und Schwere, Hedonismus und Zukunftsangst zu der relativierenden Erkenntnis: „It’s all for the better!“ Ob dem wirklich so ist, was sie von unserer „Generation Maybe“ halten und wie sie das FM4 Frequency Festival 2018 vergolden werden, haben uns die vier fidelen Salzburger im sympathischen Interview erklärt.

„Back to the Start“ hat im letzten Jahr gewissermaßen einen Neuanfang inklusive Stilfindung markiert. War das angeblich immer schwierige zweite Album danach doch leichter als gedacht?

Dominik: Ja, das zweite Album war auf alle Fälle leichter als gedacht – auch weil wir mit Niklas Mayr einen neuen musikalischen Einfluss dazu gewonnen haben. Für viele Bands ist das zweite Album mit Druck verbunden. Für uns war das definitiv nicht so, weil es sich durch die Neufindung innerhalb der Band wie ein erstes Album angefühlt hat.

Im letzten Interview habt ihr mir erzählt, dass sich die gravierendste Veränderung beim Schreiben ergab. Wie hat sich das bei der Arbeit an „Young Understanding“ geäußert?

Niklas: Für uns war es wichtig, dass wir wieder zu einer Rockband werden. Die gravierendste Veränderung war, dass wir von Anfang an eine genauere Vorstellung davon hatten, wie das Album klingen soll. Dadurch, dass sich Dominik in den letzten Jahren viel mit Recording und Sound beschäftigt hat, war es uns möglich, extrem gut klingende Demos zu produzieren. Somit war ein guter Grundstein für die Arbeit gelegt.
Laurenz: Die Demos haben uns echt auf eine gute Spur gebracht. Es war sehr angenehm, so zu arbeiten. Abends konnte man sich immer die Songs in Ruhe anhören und dann darüber nachdenken, was ein Song noch braucht oder was vielleicht nicht.

(c) Simon Laabmayr

Grundsätzlich suggeriert die Platte musikalisch fast durchwegs positive Vibes – im Gegensatz zu den teilweise düsteren und melancholischen Lyrics, deren Schwere sich erst bei genauerem Hinhören offenbart …

Dominik: Uns war es besonders wichtig, dass wir zwar die Songs oft happy klingen lassen, man bei zweiter Betrachtung aber durchaus Tiefgang erkennt. Eine gewisse Melancholie ist ja eigentlich etwas Schönes. Für mich – auch weil ich sehr gern mal melancholische Musik höre – ist das Niederschreiben auch ein Ventil zum Verarbeiten. Dass das dann manchmal irgendwie ein bisschen schwer ist, passiert leider, aber Leben an sich ist ja oft auch nicht nur happy.
Niklas: Wir haben auch während des Schreibens viel miteinander geredet. Oft sind einfache Gespräche die beste Inspiration, die man sich vorstellen kann. Songs müssen ja nicht immer lebensverändernde Lyrics haben. Oft reicht es, wenn man einfach niederschreibt, was man denkt und fühlt. Das ist teilweise auch viel authentischer.

Sind wir wirklich eine „Generation Maybe“ , die zwischen Selbstverwirklichung und Hedonismus hin und her gerissen ist?

Dominik: Definitiv. Das war für uns auch immer wieder mal ein Thema während den Aufnahmen: „Ist das jetzt eigentlich gut? Ist das überhaupt richtig, was wir hier machen?“ Ich glaube, dass man auch einfach mal nur Beifahrer seines Lebens sein darf. Wir müssen nicht immer genau wissen, was in jeder Minute unseres Lebens passiert. Solche Leute gehen mir furchtbar am Arsch. Einfach mal machen, nicht immer drüber nachdenken. „Was kann sein, was wird sein?“ – das ist das Hauptproblem unserer Zeit. Jeder will alles gleichzeitig sein und am besten heute noch.
Laurenz: Wenn wir jetzt nicht genau das machen würden, worauf wir Lust haben, dann tut es uns wahrscheinlich irgendwann leid. Alle hetzen und rennen, keiner spaziert mehr.

Was war die letzte Lüge, die ihr erzählt habt?

Martin: Bei jedem Interview auf die Frage: „Wie kamt ihr eigentlich auf euren Namen?“ Das sind einfach Fragen, die wir nicht beantworten wollen.
Laurenz: Blumentopf haben es in dem Song „Liebe und Hass“ ja eh auf den Punkt gebracht – so ähnlich geht es uns auch.

Was sagt ihr zu dem Vorwurf, ihr wärt poppiger geworden?

Laurenz: Wer sagt das?!
Dominik: (lacht) Grundsätzlich hatten wir immer diesen Pop-Appeal, finden aber, dass unser Debüt um einiges poppiger ist. Bei „Young Understanding“ haben wir zurück zum bodenständigeren Indie-Sound gefunden. Wenn etwas poppig ist, ist es für uns nicht verwerflich, weil es immer noch Spaß macht, solche Musik zu schreiben. Wenn es uns nicht gefallen würde, würden wir es ja auch nicht mehr machen.
Niklas: Es ist echt so wurscht! Pop, Indie, Elektro. Wenn es jemandem gefällt, ist es gut. Wenn nicht, dann halt nicht. Ich finde es super, wenn Menschen verschiedene Sachen in unseren Songs hören – genau darum geht es ja auch. Verschiedene Meinungen! Wunderbar!

Doch wer ist eigentlich Lewis?

Dominik: Shoutouts to Simon Lewis! (lacht) Ich glaube, wir haben 100 Mal drüber gelacht, dass ein Song auf unserem Album ein Namensvetter von ihm ist! Aber Spaß beiseite: Lewis ist eine fiktive Figur, die von einem Typen erzählt, der so richtig 08/15 ist, der nicht aus seiner Haut rauskommt. Jeder, der eine lange Zeit in einem Rad gefangen war, wird sich mit dieser Figur identifizieren können – auch wir sind hin und wieder, sowohl musikalisch als auch persönlich, ein kleiner oder auch großer Lewis.
Niklas: Ja, jeder ist auch immer ein bisschen ein Lewis.

Wie haben Georg Gabler und Oliver Kamaryt den Sound von „Young Understanding“ eventuell auch beeinflusst?

Laurenz: GG und Öli waren sehr maßgeblich für den Sound. Wir haben viel Zeit mit ihnen verbracht. Das hat auch irgendwie die ganze Dramatik des Albums ausgemacht. Eine wahnsinnige Erfahrung!
Dominik: Öli ist nach Tobias Maislinger nun auch unser zweiter Tonmann und begleitet uns auch auf Tour. Das wird lustig! Wichtig war uns immer, dass wir die Leute, mit denen wir arbeiten, nicht nur als Menschen sehen, die wir bezahlen. Das ist die erweiterte Family …
Niklas: … das müssen richtige Freunde werden. Dann ist alles gleich tausendmal schöner!

Sowieso! Wie viel goldenen Glitter regnet es bei eurer Show am FM4 Frequency Festival 2018?

Martin: Ganz viel! Da ein Schuss vom reinsten goldenen Glitter fast 30€ kostet, verballern wir einfach unsere komplette Gage. Worth it! (lacht)  

Zum Schluss: It’s all for the better? Tatsächlich?

Dominik: Tatsächlich! Oder?
Niklas: Aber echt! Oft ist alles nur so schlimm, wie man es sich selbst macht.

Sehr schön gesagt, danke! Wir sehen uns im goldenen Glitterregen am FM4 Frequency Festival.