Di, 25. Jul 2017
Keine Angst für Niemand

Keine Angst für Niemand

Kraftklub im Interview

Humor ist bekanntlich die beste Medizin. Doch wenn es 2017 in Politik und Gesellschaft immer weniger zu lachen gibt, werden auch Kraftklub und ihr tanzbarer Indierock-Rap deutlich kritischer – ohne dabei Ironie und Hedonismus aus den Augen zu verlieren. Warum Angst scheiße ist, wer keinen Fick von ihnen verdient hat und was uns am FM4 Frequency Festival 2017 erwartet, hat uns die Band mit dem K bei einem Gläschen W-O-D-K-A an der Bar verraten.

„Keine Nacht für Niemand″…nicht mal für die Band mit dem K?

Felix: Nein, nicht einmal für die Band mit dem K. Während der Albumproduktion waren wir untertags im Studio und haben uns nachts in den Clubs und Konzertvenues der Hauptstadt Inspirationen geholt.
Max:
Es gibt eine Menge Fotos von uns, schlafend im Studio. Wir überlegen, einen Kalender damit rauszubringen. (lacht)

Frei nach Ton Steine Scherben: Singt ihr auf eurem neuen Album kaputt, was euch kaputt macht?

Felix: Das kann man so sagen. Es sind sehr politische Songs auf der Platte. Wir würden uns aber nicht in den Fußstapfen von Ton Steine Scherben sehen – das sind noch einmal ganz andere Kaliber. Wir begnügen uns mit dreieinhalbminütigen Kommentaren zu Dingen, die uns beschäftigen.

2014 gingen wir für Farin Urlaub mal wieder auf die Straße. Drei Jahre später tummeln sich dort aber auch immer mehr Wutbürger und Verschwörungstheoretiker. Wie viel anarchische Kraft hat gut erzählter Rock im Jahr 2017 noch gegen die?

Felix: Ich glaube, dass Musik generell ziemlich viel Kraft hat. Die Frage ist nur, ob man sie als Instrument einsetzen will oder soll. Dass wir als Band eine Haltung haben, die aus den Songs rauszuhören ist, ist klar. Wir sehen uns aber nicht in der Position, dass wir Leute mit unseren Botschaften auf die „richtige Seite″ ziehen wollen.

Doch abgesehen von diesen fragwürdigen Personen…wer hat im Jahr 2017 keinen Fick von euch verdient?

Felix: Auch wenn es eine ausgelutschte Antwort ist, aber Donald Trump hat schon ziemlich wenige Ficks verdient. Eines Tages im Studio aufzuwachen und mitzubekommen, dass dieser Psychopath tatsächlich Präsident des mächtigsten Landes der Welt geworden ist – das war schon beeindruckend, wie sehr uns das mitgenommen hat. Ich fühlte mich zwei Tage wie verkatert.

Wieso entstehen die schönsten „Liebeslieder″ immer erst, wenn es vorbei ist?

Max: Die schönsten Songs entstehen durch Trauer, Frust oder Hass. Das sind die besten Emotionen, um Lieder zu schreiben. Eine glückliche Beziehung eignet sich da nicht so gut.
Felix:
Ich bewundere Künstler, die aus einer positiven Emotion heraus Kreativität schöpfen können. Bei uns spielen eher Schmerz, Drama und Vergangenheitsbewältigung eine Rolle – die wir aber dennoch versuchen mit Humor rüberzubringen. Sobald man darüber lachen kann, ist es schon wieder halb so wild.

Auch wenn das nicht immer so einfach ist… 

Felix: Wir haben ja am Rock am Ring am Tag nach der Terrorwarnung gespielt und uns viele Gedanken zu dem Thema gemacht. Das Schlimmste, was man machen kann, ist, sich von seiner Angst leiten zu lassen. Aus Angst entsteht immer nur Scheiße!

Doch das ist leider genau das, was Terroristen heutzutage mit ihren Aktionen erreichen wollen.

Felix: Es sagt sich vielleicht einfach und klingt manchmal etwas zynisch, aber für uns ist Terrorismus mittlerweile einfach so etwas wie ein Zivilisationsrisiko geworden. Man könnte jetzt in Panik ausbrechen und sich zu Hause einschließen, aber das macht einen ja auch nicht glücklich. Natürlich habe ich keinen Bock drauf, erschossen oder in die Luft gesprengt zu werden, aber ich möchte mir auch nicht mein ganzes Leben von der Angst diktieren lassen.
Steffen:
Durch das Internet und die Vernetzung bekommt man immer sofort mit, wie viel schlimme Dinge rund um die Welt passieren – man ist immer live dabei. Das trägt natürlich auch zur Angst bei.

Definitiv! Lieber wieder zurück zum Thema Liebe: Reden eure Ex-Freundinnen nach „Dein Lied″ noch mit euch?

Felix: (alle lachen) Unsere Ex-Freundinnen fühlen sich nicht angesprochen.
Steffen:
Sie wissen, dass es ein fiktiver Song ist.

Zum Glück! Aber ist „Liebe zu dritt″ vielleicht die Lösung jeder Beziehungsproblematik?

Felix: Das habe ich, ehrlich gesagt, noch nie als Lösungsansatz für Probleme ausprobiert. So nach dem Motto: „Hey Schatz, wir hatten in letzter Zeit echt Probleme, wie wär’s denn mit einem weiteren Player im Game?″ (lacht) Könnte man aber mal ausprobieren. Bevor man aufgibt, ist es einen Versuch wert! (alle lachen)

Wie weit darf Kraftklub-Fanliebe gehen, bevor sie wehtut?

Felix: Wir haben tatsächlich Kollegen, bei denen das Fantum Ausmaße angenommen hat, die nicht mehr lustig sind – wenn zum Beispiel Leute vor deiner Wohnung abhängen. Das ist bei uns aber absolut nicht der Fall. Mit ein paar Fotos am Tag können wir bestens leben. Ich finde unsere Fans sehr höflich.
Max:
Vielleicht sind wir einfach zu langweilig für die richtigen Hardcore-Stalking-Fans? (alle lachen)

Eure beiden bereits ausverkauften Österreichshows sagen etwas anderes. Doch was erwartet uns davor am FM4 Frequency Festival 2017?

Felix: Normalerweise wissen wir nicht wirklich,was wir auf diese Frage antworten sollen. Mein Gott, wir sind eine Band und spielen unsere Instrumente. Klingt langweilig, wird aber trotzdem geil. (lacht) Diesmal haben wir aber tatsächlich etwas unglaublich Spektakuläres am Start. Ich will jetzt nicht zu viel verraten, aber wir werden nicht alleine sein. Es werden wesentlich mehr Leute als wir fünf auf der Bühne stehen.

Keine Nacht für Niemand, wenn ihr in St.Pölten spielt!