Mi, 15. Feb 2017
So und nicht anders

So und nicht anders

Broilers im Interview

Mit ihrem siebten Studioalbum „(sic!)“, dem selbst gegründetenLabel sowie einer Hallen- und Festivaltour mit zwei Stopps in Österreich wollen es die Broilers 2017 noch einmal so richtig wissen. Wir haben uns mit Sammy Amara – Sänger, Texter und Komponistder Düsseldorfer Punkrocker – über (k)ein Leben nach dem Tod, ihr Manifest und das Rezept für ein besseres 2017 unterhalten.

„(sic!)″ ist ein durchaus interessanter Titel. Was steckt dahinter?

Sic kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „so und nicht anders″. Wenn man das metaphorisch ein bisschen vergewaltigt und im Bandkontext sieht, könnte man sagen, dass unsere 25-jährige Bandgeschichte von außen betrachtet vielleicht auch fehlerhaft ist, und nicht immer schlau geplant war. Kann sein, aber alles scheißegal – denn genau so musste es für uns sein und hat uns zu den Menschen gemacht, die wir heute sind.

Ihr habt euch den Titel tätowieren lassen – alte Tradition oder neuer Brauch?

Ich lasse mir schon länger zu jedem Album etwas tätowieren, aber das ist kein Zwang. Im Moment habe ich keine große Lust mehr darauf, denn mit dem Alter werden die Tattoos immer schmerzhafter. (lacht)

(c) Robert Eikelpoth

„(sic!)″ ist die erste Veröffentlichung auf eurem eigenen Label „Skull & Palms Recordings″. Was hat euch letztendlich dazu bewogen, ein eigenes Label zu gründen?

Obwohl es mehr Arbeit ist, ironischerweise Bequemlichkeit. Wenn du ein eigenes Label hast und den Puff selbst bezahlen musst, brauchst du dich nicht mehr rechtfertigen oder jemanden um Erlaubnis fragen. Wir können machen, was wir wollen und Geld für Sachenausgeben, die vielleicht unsinnig sind, uns aber trotzdem am Herzen liegen.

Habt ihr vor, andere Bands darauf zu veröffentlichen?

Aktuell macht uns die eigene Kapelle so viel Arbeit, dass wir keine Zeit dafür haben. Es kann aber gut sein, dass wir auch andere Acts veröffentlichen, wenn uns einmal langweilig wird.

Auf der neuen Platte habt ihr euch wieder unterschiedlichster Genres bedient. Gibt es Musikrichtungen, die ihr bei aller Liebe zur Musik nicht angreifen würdet?

Gewisse Genres machen in unserem Kontext keinen Sinn. Ich kann mir im Moment zum Beispiel keinen Hip-Hop-Song vorstellen. Poppiger als auf „Noir” wird es wohl auch nicht werden. Wir wollen immer mit einem Bein im Punk bleiben. Alles, was sich damit kombinieren lässt, ist denkbar. Außer Jazz, dafür sind wir zu schlechte Musiker. (lacht)

Warum gibt es heute keine Hymnen?

Es ist eine unheimliche Vorstellung, dass wieder eine Zeit kommen könnte, in der Musik oder Kunst verboten wird. Oder Künstler sagen: „Wir haben keinen Bock mehr. Macht euren Scheiß doch selbst und guckt, wie weit ihr kommt.″ „Keine Hymnen heute″ handelt unter anderem davon, dass man sich aktiv darum kümmern muss, damit die Zeiten besser werden. Einfach mit dem Arsch auf den Händen sitzen, bewegt nichts.

(c) Robert Eikelpoth

Jetzt, wo ihr „böse Labelbosse″ seid – wieviel ‚Gangster, Gangster‘ steckt in euch?

(lacht) Ich liebe die Mafia im popkulturellen Sinn, Filme wie „Good Fellas″ oder „Der Pate″ zum Beispiel. Die echte Mafia ist aber mehr Trainingsanzug als vernünftiges Sakko. (schmunzelt) Zu uns: Ich glaube, wir waren früher mehr Gangster, als wir dachten, wir wären die Könige im Ring. Je älter du wirst, desto mehr realisierst du, dass du auch nur ein ganz normaler Pupser bist.

Besonders der Song „Ihr da oben″ sticht aus dem neuen Album heraus. Was glaubst du, passiert nach dem Tod?

Am schönsten wäre natürlich diese Vorstellung, die wir als Kinder hatten. Da oben geht eine Party ab und wir sitzen auf schönen, weichen Wolken. Du triffst Leute, die du vermisst hast und isst den ganzen Tag Eiscreme. Realistisch gesehen glaube ich aber, dass nach dem Tod nichts kommt. Stecker gezogen und das war’s dann.

Du hast gesagt: „Gewisse Dinge müssen thematisiert werden und still am Rand stehen ist immer die schlechteste Option.″ Wie politisch darf, soll, muss Musik 2017 sein?

Das muss der Künstler immer selbst entscheiden. Ich würde mir aber von einer Helene Fischer auch einmal wünschen, dass sie das Maul aufmacht. Vielleicht können sich Musiker jetzt noch Zeit damit lassen. Irgendwann wird aber der Punkt kommen – spätestens, kurz bevor es beginnt, gefährlich zu werden – an dem der Mund aufgemacht und Stellung bezogen werden muss.

Würden die Broilers für den Bundestag kandidieren, was wären die drei Kernthemen in ihrem Manifest?

Mehr lieben, weniger hassen. Mehr gutes Essen, weniger Scheiße. Mehr Sonne, weniger Regen.

(c) Robert Eikelpoth

Ist das auch euer Rezept, wie es sich in diesen schweren Zeiten besser leben lässt?

Ja, wir sollten uns mehr in Demut üben und dankbar dafür sein, was wir haben. Ich glaube an so etwas wie Karma. Wenn du nett zu jemandem bist, kommt etwas Gutes zurück. Man sollte nicht immer in allem das Böse sehen oder ständig in der Angst leben, dass einem jemand etwas wegnehmen will.

Im Juni rockt ihr das Nova Rock Festival. Wie machen sich die Broilers fit für den Festivalsommer?

Der Band ist natürlich Sport verordnet worden und das machen auch alle irgendwie. (schmunzelt) Wir bekommen das schon ganz gut hin. Ich weiß zum Beispiel schon, dass ich vor einer Show – nicht wie jetzt gerade – ein Wiener Schnitzel essen sollte. (lacht)

Schnitzel geht immer! Außerdem ist die Tour davor, auf der wir euch am 31. März im Wiener Gasometer begrüßen dürfen – bestimmt auch ein gutes Workout.