Dem Mann geht es gut, er hat ja ein Handy!

Angefressen #52

Uns geht es echt gut. Wird man innerhalb der Landesgrenzen von Deutschland oder Österreich geboren, dann führt man ganz automatisch ein Leben frei von den Sorgen, mit denen sich die ärmeren 90% der Weltbevölkerung herumschlagen müssen.

Normalerweise mache ich mich hier immer über selten dämliche Argumente für’s Fleisch essen lustig – aber wer auch nur eine einzige Online-Debatte über Asylpolitik verfolgt, der weiß: Der Schwachsinn, den sich die sogenannten „Asylgegner“ aus den Fingern saugen, lässt polternde Landwirt- Parolen wie anmutige Rhetorik-Perlen wirken. Grund genug, eine Ausnahme zu machen.
Wenn wir Hunger bekommen, stillen wir den in unseren Schlaraffenland-Supermärkten. Wenn wir krank werden, bezahlt unsere Versicherung die Behandlungskosten und wenn wir keine Arbeit haben, bekommen wir Arbeitslosengeld. Wir retten unsere Banken mit Milliarden Euro Steuergeldern und stellen Rekorde im Verreisen auf.
Trotzdem hat ein viel zu großer Teil unserer Mitbürger ein massives Problem damit, mit einem Bruchteil all dieser Kosten Menschen eine Zuflucht vor Krieg und Terror zu ermöglichen. Es geht die Angst um, all diese Menschen aus Syrien würden nur zu gerne ihre Heimat verlassen, um im paradiesischen Ambiente eines Flüchtlingswohnheims für ein begrenztes Taschengeld ihre Familien zu vermissen.
Es wird allen Ernstes bemängelt, dass Asylsuchende Smartphones besäßen. Keine Ahnung, wie diese – unsere glorreichen Patrioten selbst – eine Flucht aus einem Kriegsgebiet planen würden. Ein Telefon soll ja ab und an schon echt hilfreich sein, um eine längere Reise durch besetztes Gebiet zu organisieren und mit der Familie in Kontakt zu bleiben.
Und selbst wenn sie es nicht bräuchten, wie kleingeistig muss man sein, um einem Kriegsflüchtling das Dach über dem Kopf zu neiden? Schauen die auch mal Nachrichten? In dem Land herrscht seit fucking vier Jahren ein blutiger Bürgerkrieg, über 200.000 Syrer sind bereits gestorben.
Bei uns kommen also Menschen an, deren Häuser zerbombt wurden. Deren Eltern, Frauen oder Kinder diesen Konflikt nicht überlebt haben. Die eine mörderische Flucht hinter sich haben und fern von Heimat und Freunden Schutz suchen. Sowas macht man nicht aus Berechnung, sondern aus Verzweiflung. Und alles, was Euch dazu einfällt, ist, dass diese Leute, die sonst alles verloren haben, ein schöneres Handy haben als ihr?
Uns geht es echt gut. Manchen vielleicht etwas zu gut.