Weit weit weg

Die Stadt ist mein Blog

Reisen hilft. Reisen befreit. Reisen bildet. Und Reisen lässt einen den Alltag mit anderen Augen sehen – betrachtet von ein paar hundert oder tausend Kilometern entfernt. Reisen bringt Dinge ans Tageslicht, über die man sich nie zuvor Gedanken gemacht hätte. Aus Zeitgründen. Aus Faulheit. Oder, weil man es sowieso nicht ändern kann…

Ich war wieder für ein paar Tage in Hamburg und bin draufgekommen, was ich an Wien nicht vermisst habe. Und da man das jetzt stets in Listen verpacken muss, damit das auch Analphabeten oder besonders zeitgeplagte Menschen lesen können, gibt es hier die Top 7,52: ‚Was ich an Wien nicht vermissen würde, wenn es morgen weg ist…‘

Die (vermeintliche) Kaffeehauskultur zum Beispiel. Ewig überschätzt, zum Tourismusschmäh verkommenes Utensil aus der Habsburgerzeiten. Der Café in diesen sich gerne als ‚Traditionshäuser‘ sehenden Einrichtungen ist ja leider meistens schlecht, ein schwarzes Wasser. In Hamburg waren von zehn verlängerten Espressi acht hervorragend. In Wien liegt hingegen die Erfolgsquote bei 30%. Zumindest bei mir…
Die U-Bahn-Zeitung ‚Heute‘ und das Boulevardblatt ‚Österreich‘. In Hamburg gibt es generell keine gratis Zeitungen in U-Bahnen. Das spart Müll und Nerven!
Würstelstände. Während man sie in Wien mittlerweile suchen muss, gibt es sie in Hamburg in Form von Currywurstbuden an vielen Ecken. Dönerläden sind hingegen nicht so präsent.
U6 (wobei man sie ja auch oft zu Unrecht beleidigt).

Fußball – insbesondere die heimische Bundesliga.
Grantler (‚Heast, wos is?! Geh weida!‘). Kaum hat man am Flughafen die S-Bahn in Richtung Floridsdorf betreten, ist man auch schon angekommen, im netten Wien.
Die Grau-in-grau-Bauweise außerhalb des Gürtels. In Hamburg setzt man da auf Backstein. Und das finde ich gut. Was Wien unbedingt braucht: Mehr Bäume, breitere Gehsteige, mehr Laissez-faire, mehr Mut und mehr Grün.
Das einzig entbehrliche an Hamburg: Die Reeperbahn, ein Moloch, in dem Junggesellen ihren Abschied feiern, prall gefüllte Bierbäuche herumgrölen, Heimatlose auf dem Gehsteigen schlafen und sich räudige Proleten die Kante geben. An Charme und Klasse verliert die Reeperbahn mit jeder Stunde. Leider. Udo Lindenberg fühlt da wohl sicher mit mir.  ‚Ob im Underground von Wien. Fesche Mädels auf den Knien. Überall bin ich ’n bißchen traurig. Ich weiß nicht, warum ich nicht so richtig happy bin. Und nach ’ner Weile kommt’s mir wieder in den Sinn. Da gibt es so ’nen Boulevard. Die große Freiheit auch ganz nah. Und ich weiß, mich zieht’s zum Kiez. Reeperbahn – ich komm an. Du geile Meile, auf die ich kann…

Reeperbahn – alles klar. Du alte Gangsterbraut, jetzt bin ich wieder da…‘ (‚Reeperbahn‘).
Trotzdem freue ich mich auf ein Feierwochenende in Wien und kann folgendes Aktivitäten unverbindlich empfehlen:

Freitag

Es ist die Zeit gekommen, in der eine Saisoneröffnung die andere jagt. Der Volksgarten Pavillon startet in die Sommersaison 2015 mit dem Birds & Bees, einer Veranstaltungsreihe, die einem bereits im Vorjahr sehr sympathisch war. Bei freiem Eintritt werden dort dann immer wieder Partys mit vorwiegend lokal verankerten DJs uns Acts stattfinden.
Bei der Klubnacht in der Pratersauna schaut Mark Henning vorbei und wird es sich am lebhaften Acker zwischen House und Techno schön einrichten.
‚Die 30 feschesten Rapper‘ lautet eine Veranstaltungsreihe im Fluc. Ob die schönen Boys dann auch rappen können, einen Flow mitbringen, scheint eher keine Rolle zu spielen. Aber das setzt man sicherlich voraus. Also das Können. Antreten werden 30 österreichische Rapper – jeder darf einen Track performen. Das bietet Abwechslung im 3- bis 5-Minuten-Takt. Das Beste daran: Der Reinerlös des Events wird gespendet und geht an den Verein Flüchtlingsprojekt Ute Bock.
Unterhalb der Müllverbrennungsanlage regiert am Freitag Techno. In der Grelle Forelle wird dieser von Sam Paganini mit Rücksicht auf Melodien gereicht.
Das Heuer, der gehobene, lockere Treffpunkt am Karlsplatz, wagt immer mal wieder einen Schritt in Richtung Club. Letzten Samstag wurde bei Dreif bis in die frühen Morgenstunden getanzt. Diesen Freitag lädt man schon wieder zur Sause: HAM steht am Programm.

Samtag

 

Der öffentliche Raum wird gerne als ‚Wohnzimmer der Stadt‘ bezeichnet. Er soll zum Verweilen einladen, Kommunikation und Austausch fördern, Zonen der Entspannung bieten. Aber wie sieht es in Wien mit der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum aus? Wo lassen sich persönliche Komfortzonen abseits von Konsumräumen finden? Das Stadtforschungsmagazin dérive lädt zu einer spielerischen Stadterforschung mit Zufall und Erkenntnis in den 6. Bezirk.
Treffpunkt: Gumpendorfer Straße 64/Ecke Esterhazygasse – ab 14 Uhr.
Der gute, plattentechnisch super sortierte DJ Phekt wird die Schlachtplatte im Stadtheurigen Ferdl vertonen.
5 Jahre Turbo heißt es in der Grelle Forelle. Gefeiert wird mit dem deutschen Produzenten Martin Buttrich, der seit Jahren im Auftrag der elektronischen Musik unterwegs ist.

Samstag ist ja KURIER Romy-Zeit. Der TV- und Fernsehpreis wird in der Hofburg bereits zum 26. Mal bei einer Gala vergeben. Als ’super inoffizielle Romy Afterparty‘ kommt die Veranstaltung ‚Aussen/Nacht‘ im Volksgarten Pavillon daher. Untertitel: ‚Die Sommerparty für Filmschaffende und Freunde“. Also eh für alle. Sicher lustig, das.
In der Auslage wird der deutsche Produzent Kashawar guten, fein produzierten, gerne mal luftig-locker wie deepen House präsentieren. Guter Mann!
Pomeranze feiert in der Pratersauna Geburtstag. Zwei Kerzen flackern auf der Torte. Zwei? Ehrlich?! Dieses Alter kann man gar nicht glauben, denn es kommt einem so vor, also würde der bunte wie sympathische Haufen schon länger am Partyleben in Wien teilnehmen. Die Crew arbeitet ständig an ihrem Konzept, es gilt Kunst und Party, Anspruch mit Holadrio in Einklang zu bringen. Nach den Anfängen mit lokalen DJs bucht man mittlerweile auch internationale Kaliber dazu. Ein Geburtstagsständchen gibt es vom Italiener Marcello Napoletano, der auf dem renommierten Label Rush Hour veröffentlicht, KEMAΛ aus wird sich mit einem DJ-Set durch die Nacht housen. Wir gratulieren.
Im Celeste gibt es den Underground House Club mit unter anderem Roman Rauch und Rainer Klang.

Im Elektro Gönner feiert man das zehnjährige Bestehen mit einem feinen DJ-Line-Up. Mit dabei ist auch das Urgestein und der Auskenner Tobias Oliver.
Im Leopold gibt es die Verschränkung von Dub, Dubstep, Post-Dubstep und House. Dafür ist der supergute Kanadier Jacques Greene verantwortlich.
Im dasWerk versuchen sich beim Stell dir vor Elwood, Hudi und weitere Acts aus dem In- und Ausland an der perfekten Mixtur von Hip-Hop und House.

Sonntag

Pause!