WienerInnen in Wien

Entbehrliches Wissen #39

Wenn wir nicht im Urlaub sind, dann sind wir Zuhause. Die Pariser in Paris, die Schrunns-Tschagunnsner in Schrunns-Tschagunns und die WienerInnen eben in Wien, weil man da am Himmel ist und so gut schmusen und Wein trinken kann.

Die liebe Heimat zeichnet sich bedeutungsgemäß zwar vor allem dadurch aus, dass sie vertraut sein soll, faktisch ist sie jedoch auch beim echten Wiener enger gezogen als die offiziellen Stadtgrenzen. Das goldene Wiener Herz hat halt nur begrenzt Platz und über den eigenen Grätzelrand schaut man im Normalfall nur im Notfall. Wer, außer den zahlreichen Favoritnern  ̶  der 10. Wiener Gemeindebezirk ist immerhin der bevölkerungsreichste  ̶  kennt beispielsweise den ansehlichen Wasserturm, der auf der Kuppe des Wienerbergs steht? Oder weiß, dass in dieser schönen Stadt schon mal ein Eisgeschäft ausreicht, um in einem Gassennamen verewigt zu werden, wie es 2004 dem Eismarillenknödel-Erfinder Kurt Tichy passiert ist?
Ein Ausflug in den Süden lohnt sich zweifellos, auch für die Chlorophyllophilen  ̶  Favoriten hat mit 14,56 km² Grünfläche nach dem 21. (18,3 km²), dem 14. (20,2 km²), dem 13. (26,5 km²) und dem 22. Bezirk (57 km²) am fünftmeisten Grünfläche. Aber Obacht! Mit dem Taxi kostet eine Fahrt von  Rudolfsheim bis dorthin etwa 25 Euro. Man muss ja auch nicht gleich um die halbe Welt reisen, um Neues zu entdecken. Wer Führerschein und Auto hat und gerne Schmusen tut, der kann auch auf die Höhenstraße fahren, die, mit fast 15 km, die längste Straße Wiens ist. Sie bietet entlang des Weges zum Café Restaurant Oktogon am Himmel einige zweisame Möglichkeiten, die zum Verweilen einladen. Des Abends glaubt man sich beim Blick über die Stadt sogar am Mulholland Drive über Hollywood. Gleichermaßen fantastisch, wenn auch etwas weiter draußen, ist der Ausblick vom Paraplui(e)berg, dessen lustig klingender Name auf die regenschirmförmigen Schwarzföhren verweist, die dort wachsen.
Und wer bereits im Wienerwald ist, der kann gleich die Stadt umwandern gehen. Gipfelstürmer und Sportnazis meistern die insgesamt 120 Kilometer in fünf Etappen, die Marienkäfergruppe klopft sich noch schnell die Keksbrösel vom Pullover und geht es kommod an in 24 Etappen. Dafür ist in dieser Version auch mehr Zeit beim Heurigen eingeplant. Knapp 700 Hektar Weinanbaufläche gibt es in und rund um Wien und das kleinste Weingarterl mit 60 Rebstöckchen befindet sich direkt in der Stadt auf dem Schwarzenbergplatz. Von den durchschnittlich 16 Millionen Achterln, die jährlich erzeugt werden, sind 80% Weißweine, der rote Anteil wächst jedoch stetig. So viel süßer Rebensaft führt nicht selten dazu, das Ziel etwas aus den Augen zu verlieren. Die kürzeste Wienrunde findet sich deshalb mit 5250 Schritten um den ersten Bezirk herum. Wer am Donaukanal vom Schottentor kommend links anstatt rechts abbiegt, kommt außerdem an der Rossauer Kaserne vorbei, deren Erbauung 1865-1870 mit einem hartnäckigen Gerücht verbunden ist.
Laut Legende hat sich nämlich der Architekt nach der Fertigstellung erschossen, weil er drauf gekommen ist, dass er die Toiletten vergessen hat. Das stimmt so allerdings nicht. Es gab einfach zu wenige, so dass im Laufe der Zeit einige nachgebaut werden mussten. Ein paar mehr Aborte hätten damals auch den engen Gassen am Spittelberg im heutigen 7. Bezirk gut getan. Die Gegend, die im 17. Jahrhundert wegen der vielen Zuwanderer aus Wiens liebstem Urlaubsland auch Crobotendörfl genannt wurde und in der sich heute Kulturvereine, Biogeschäfte und schicke Lokale stapeln, war vor 100 Jahren noch Zentrum der Seuchen und Laster. Die Lustbarkeit war weit bekannt. Wer hier hinkam, suchte das billige Vergnügen und hinterließ zum Dank die eine oder andere Geschlechtskrankheit. Erst 1973 wurde der Stadtteil hergerichtet. Die schön-sanierte Biedermeier-Architektur erinnert heute nicht mehr an ein Puff, sondern eher an ein Puppenhaus. Hier findet man auch das kleinste Haus Wiens an der Ecke Burggasse/Breite Gasse: 14m² groß und zweistöckig. Wem das zu eng wird, der folge dem Rat: Raus aus der Stadt!
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In aller Kürze:

  • Die kürzeste Straße trägt auch einen der gerafftesten Namen: die Irisgasse im 1. Bezirk.
  • Die Lobau liegt 151 Meter über dem Meeresspiegel und ist damit der tiefste natürlichste Punkt.
  • Die U-Bahnstation Schwedenplatz liegt  neun Meter tiefer.
  • Der Hermannskogel ist mit 542 Metern der höchste Punkt.
  • Im Wiener Idiom wird der Kahlenberg auch Monte Glatzo und der Bisamberg Monte Ratzo genannt.
  • Die Auffahrt Simmering der Südosttangente wurde nie fertig gebaut, weshalb sie immer gesperrt ist.
  • Die Karlskirche ist nach einem anderen Karl benannt als der Karlsplatz, an dem sie steht.
  • Der Ressel-Park hat seinen Namen von Josef Ressel, dem Erfinder der Schiffsschraube.
  • Das Haas-Haus am Stephansplatz ist bereits das dritte Gebäude mit diesem Namen.
  • Die Wege im Volksgarten wurden zur besseren Volksbeobachtung symmetrisch angelegt.
  • 1997 nahmen die Wiener Philharmoniker die erste Frau als „Mitglied im Verein“ auf.