Supernackt #23

moralisch Supernackt #23

Einblicke in die Gedankenwelt der Reichen und Geföhnten

Es ist kalt. Nicht draußen. Nicht länger der Winter. Drinnen. In den Herzen. Die soziale Kälte kennt keine Armutsgrenze mehr – früher haben sich nur die sozial Schwachen gegenseitig für ein Paar Schuhe filetiert, oder den Schädel für einen Speedball weggeballert. Mittlerweile haben auch wir, die gesellschaftliche Elite, mit sozialen Schwachstellen zu kämpfen.
 
Stimmt nicht? Gerade die Armen besitzen eine ausgeprägte soziale Intelligenz und sind reich im Geben? Sozialromantischer Schwachsinn. Wenn ich nichts habe, kann ich auch nichts geben. Klingt logisch, ist auch so. Wir hingegen haben reichlich zu geben. Nur verdient es nicht jeder. Die meisten verdienen genau das, was sie haben: nichts. Trotzdem vollwirken wir steuerschonende Wohltaten am laufenden Band. Wir helfen und geben eben gerne!

Wir sind die neuen Straches!

Doch der soziale Frost hat sich, an der Fußbodenheizung vorbei, in unsere edlen Gemüter gefressen. Freunde fallen sich in den Rücken, nicht einmal der eigenen Stiefmutter können wir mehr vertrauen. Es herrscht Nervosität. Denn es nervt, wenn der verblödete Pöbel auf einmal alles ganz genau wissen will, die Medien daher eine grausame Hetzjagd auf uns betreiben und die verwinkelten Advokatenhirne gezwungen sind, sich mit uns auseinanderzusetzen. H.C. war gestern. Wir sind die neuen Straches!

Alles wird unter die Lupe genommen. Unsere Häuser werden durchsucht, unsere Telefone abgehört und unsere Bankkonten geöffnet. Wir werden öffentlich verunglimpft, unsere Familien beschimpft und unser Recht auf einen ordentlichen Prozess mit Füßen getreten. Als würden wir den ganzen Tag Crack verkaufen und Politessen vergewaltigen. Das verhungerte Durchschnittshirn kann, angesichts der Komplexität der Fälle, sowieso nicht folgen. Damit es nicht wieder völlig abschaltet, versteigen sich Journalisten, dem Verfolgungswahn erlegen, in wilde Polemisierung und stellen Sachverhalte verkürzt, vereinfacht und schlicht falsch dar.
 
Jetzt mal unter uns und ganz im Vertrauen: Ja, wir drehen ein bisschen an der Buchhalt.. erung und tragen Geld veranlagungsfreundlich durch die Gegend. So what? Wir zahlen definitiv genug für den ganzen sozialstaatlichen Unfug – alles wollen wir euch auch nicht in den faulen Arsch stopfen. Wir brauchen nichts vom Sozialstaat! Keine Notstandshilfe, kein Arbeitslosengeld, keine Kuren – wir sind privat versichert und checken uns alles selbst. Da wird es ja wohl erlaubt sein, dass wir es uns woanders ein wenig richten. Überhaupt, Dankbarkeit wäre angesagt! Stattdessen wollt ihr uns brennen sehen. Im besten Fall monetär, sonst am Scheiterhaufen. Ihr würdet uns am liebsten alles nehmen! Wie war das mit dem seligen Geben?
 

Immer auf die Reichen!

Plötzlich fühlen sich auch die Marionetten im Parlament dazu ermächtigt, eigene Ideen zu artikulieren. Dass dabei nur inhaltsloser Durchfall in Gesetzesvorlagen gekackt wird, verwundert niemanden. Die konzeptlose Reichensteuer wird wieder aus der Schublade gefummelt, sie soll uns weiter schröpfen. Naja, mit uns kann man es ja machen. Wir halten das aus. Doch unser Bankkonto schützt uns nicht vor sozialer Kälte und Anfeindungen. Im Endeffekt sind wir auch nur Menschen. Denkt mal darüber nach, denn es ist bereits verdammt kalt. Auch wenn sich unser Geld in Steueroasen wärmt, Geld ist nicht alles. Es geht um die Seele.