Mi, 5. Jan 2011

New Hot Music Shit (16te Ausgabe)

Backe, backe Liederkuchen, der DJ hat gerufen: Wer will gute Musik machen, der muss haben sieben Sachen: Glamour und Beats, Neues und Alt‘s, Gitarre und Bass, Lyrics machen dem Hörer Spass! Grenzdebile Musikredaktion? Ach, das ist nur die vorweihnachtliche Dosis Glühwein, gepaart mit einem Füllhorn neuer, innovativer Acts, die uns da unter den Christbaum geworfen werden: Glamrock, Tiefsinn-Indie, brettharte Gitarren und rosa Mädchensachen, leckerschmecker!

Semi Precious Weapons

Glam-Rock kommt nie aus der Mode! Es ist immer aufs Neue extrem unterhaltsam einem extrovertierten, vorzugsweise stockschwulen Frontmann dabei zuzusehen, wie er die androgyne Freaknummer abzieht und Frauen-und Männerherzen zu gleichen Teilen zum Schmelzen bringt. Justin Tranter tut das für seine Combo Semi Precious Weapons so vorzüglich, dass eine gewisse Lady Gaga zu den Fans der ersten Stunde zählt und jetzt, auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs alles daran setzt, die verrückten New Yorker mit sich in den Star-Olymp zu heben.
Madames spontane Gast-Auftritte wie auf dem Lollapalooza-Festival oder Welt-Tour-Support gehören zu diesem Förderprogramm. Semi Precious Weapons machen klassischen Indie-Rock mit brennenden Gitarren und viel Selbstironie („I can‘t pay my rent but i‘m fuckin gorgeous. I got big lungs that could kill your chorus, if you want to try, you better come inside…“). Unterhaltungsfaktor 100+ mit Arschwackel-Garantie!
Link: www.semipreciousweapons.com
Für Fans von: The Ark, Scissor Sisters, David Bowie vs. Hole

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JJ

JJ ist so eine Band, die sich rar macht, ein Geheimtipp sozusagen. Da muss man erst mal ganz schön suchen, um sie zu finden, aber wenn man es einmal geschafft hat, wird man umso mehr belohnt. Joakim Benon und Elin Kastlander aus dem schwedischen Göteborg machen zärtlichen Indie-Pop, in den man sich sofort verlieben muss. Sanft und melancholisch wie ein kühler Spätsommer-Wind fegen einem Songs wie „You Know“ in die Ohrmuschel.
Das fanden sowohl die Herrschaften von der Pitchfork Media Group ganz klasse und kürten das Debüt-Album des Duos zur „Best New Music“, als auch die Senkrechtstarter von The XX, was einen Tour-Support zur Folge hatte. Mittlerweile sind sie auf dem Über-Label Secretly Canadian beheimatet, das durch Artists wie Antony & The Johnsons, Animal Collective oder Yeasayer bekannt wurde. Der Name JJ, man darf fragen, ist inspiriert vom Titel des französischen Kultfilms „Jules et Jim“. Ach wie romantisch…
Link: www.secretlycanadian.com
Für Fans von: Saint Etienne, Beach House, Fever Ray

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Tu Fawning

Joe Haege und Corinna Repp sind verliebt. Ineinander und in die Musik. Letzteres schon sehr lange, so machten beide Musiker aus dem amerikanischen Portland schon vor Jahren als Solokünstler auf sich aufmerksam. Haege als Frontmann von 31 Knots und Repp mit dem gleichnamigen Singer/Songwriter-Projekt. Gemeinsam mit zwei weiteren Vollblutmusikern sind sie nun Tu Fawning, deren Musik nur schwer einzuordnen ist. Die Referenzen sind mannigfach, man traumwandelt zwischen Schiffsklavier und Weltmusik, zwischen Pop und 20er-Jahre-Kabarett.
Durch Rückbesinnen auf Althergebrachtes entsteht etwas Neues, Spannendes, Abwechslungsreiches zugleich Trauriges und Schönes. Inhaltlich geht es laut Eigenaussage darum, nur schwer greifbare Emotionen in Worte zu fassen und zu zeigen, dass die Welt nicht immer schwarz oder weiß ist. Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht, zumindest nicht, wenn man nur zuhören „muss“. Musik für kalte Winternächte!
Link: www.tufawning.com
Für Fans von: Blonde Redhead, Portishead, Arcade Fire

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The Vaccines

Es hat grob 10 Jahre und abertausende Versuche gebraucht, aber jetzt hat es England geschafft: Die würdigen Nachfolger der New Yorker The Strokes wurden in einem Vorort Londons entdeckt. The Vaccines sind der Sänger Justin Young (ehemals Frontmann von Jay Jay Pistolet), der Gitarrist Freddie Cowan (kleiner Bruder von The Horrors‘ Tom), sowie Pete und Anri (ohne prominentem Background). Das Gute an dieser Band: Sie scheinen sich um die lauten Lobworte der Musikkritik nicht zu kümmern (und verweigern jegliche Info über sich im Web zu veröffentlichen).
Doch das wirklich Gute: Sie überzeugen mit 2-Minuten-Songs und intelligenten Texten, statt mit Äußerlichkeiten wie Hipster Tollen, V-Ausschnitten und engen Jeans. Wer sich vor dieser Band verbeugen möchte, muss jetzt schon gefühlte 17 Jahre warten, um an ein Ticket zu einer ihrer restlos ausverkauften Live-Shows in UK ranzukommen. Stattdessen empfiehlt es sich, zu einem ihrer 3-Akkorde-Songs wie „Wreckin’Bar (Ra-ra-ra)“, „Post Break Up Sex“, „Blow It Up“ oder „If You Wanna“ bis zum Umfallen im Wohnzimmer zu tanzen.
Link: www.musicallywp.com/thevaccines
Für Fans von: The Strokes, Ramones

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Surfer Blood

Zugegeben sind wir bei dieser Band etwas im Verzug. Surfer Blood hätten schon in einer der letzten Ausgaben diesen Platz und eure Aufmerksamkeit verdient. Andererseits wart ihr alle so beschäftigt mit eurer Verknalltheit in The Drums und mit Debatieren darüber, ob Vampire Weekends’ zweites Album wirklich „über-„ oder doch nur „mega“-cool ist, dass ihr eh nicht auf uns gehört hättet, wenn wir über diese neue heiße Band geschrieben hätten. Aber jetzt gibt es keine Entschuldigungen mehr: Wer diese Buzz-Band aus Florida ignoriert, ist doof.
Denn die Jungs verbinden alles, was in der Indie-Rock-Musikwelt derzeit relevant ist – den Low-Fi-Klang, den Retro-Garagen-Minimalismus und das niemals altmodische Rock-Songwriting. Diese Kombi verpacken sie in eine sympathische Hülle und binden das Ganze mit einer bunten Masche voller karibischen Sounds zu. Die Jungs von The Drums meinten mal, dass das Surfer Blood’s Debütwerk „Astro Coast“ die Platte des Jahres 2010 wäre. Wir unterschreiben.
Link: www.myspace.com/surferblood
Für Fans von: Vampire Weekend, The Drums

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Icona Pop

Und da wir bei Surfer Blood etwas spät dran waren, nehmen wir bei dieser Band die Gefahr einer Frühgeburt in Kauf, da sie erst 2 (in Worten: zwei) Songs überhaupt geschrieben haben. Dabei wissen wir natürlich, dass diese Gefahr bei einer a) schwedischen Band, bestehend aus b) zwei weiblichen DJanes (Caroline Hjelt / Aino Jawo), die c) feine Pop-Liedchen mit d) intelligenten und Rache-angehauchten Texten schreiben, zugegebenermaßen sehr (a+b+c+d = SEHR) gering ist.
Die erste Produktion „Manners“ schaffte es auf die Kitsune#10-Compilation und ist schon die Pop-Hymne aller Mädchen, die von bösen Jungs verlassen wurden, welche später trotzdem zurückkommen (wollen). Die zweite Single „Still Don’t Know“ ist der Beweis, dass Caro und Aino ihr Pop-Potential noch lange nicht ausgeschöpft haben und uns noch viele spaßige Momente auf der Tanzfläche bereiten werden. We are in love!
Link: www.myspace.com/iconapop
Für Fans von: The Ting-Tings, La Roux