Di, 28. Sep 2010

Apocalyptica Now! - Apocalyptica im Interview

Wenn demnächst ein paar Herren auf ihren Celli über das nächtliche Firmament reiten und dabei die Apokalypse ausrufen, muss man sich keine Sorgen machen. Die finnischen Jungs mit den unausprechlichen Namen sind nämlich ganz pflegeleicht, wie wir im Interview mit Perttu Kivilaakso festgestellt haben.
Interview: Christoph Löger und Julia Pachler

Hi, Perttu. Ihr spielt am 19. Oktober im Wiener Gasometer. Was erwartet uns denn da?

Speziell dieses Jahr haben wir riesige Lust, Konzerte zu spielen. Die Aufnahmen zu „7th Symphony“ waren für uns sehr prägend. Wir haben unsere Freundschaften vertieft und uns darauf konzentriert, eine festere Einheit zu werden. Deswegen sind wir so heiß wie nie aufs Spielen. Wird sicher ein Riesenspaß!

7th Symphony“ ist verglichen mit den bisherigen Alben sehr hart geworden, vor allem die instrumentalen Nummern. Wie habt ihr euch geeinigt über den Mix zwischen den softeren und härteren Songs?

Es war uns von Anfang an klar, dass wir einen Unterschied zwischen den Instrumentalen und den Tracks mit Gesang haben wollen. Schlussendlich hat es ziemlich lange gedauert, bis wir zufrieden waren. Zuerst war es einfach, sich auf die offensichtlichen Singles zu konzentrieren. Dann haben wir einen Haufen Vocals geschrieben, ab da begann die endlose Suche nach passenden und auch verfügbaren Sängern.

Ihr habt nackt im Studio aufgenommen. Wie kann man sich einen Haufen Finnen, die nackt Cello spielen, denn vorstellen?

Ich selber habe ja schon hin und wieder nackt gespielt, aber bei den Aufnahmen zum Song „Beautiful“ waren wir alle wie Gott uns schuff. Wir haben es davor ein paar Mal angezogen probiert, waren aber nie zufrieden. Irgendwie hat da die Stimmung gefehlt. Dann hat unser Producer Joe Barresi gemeint: „Hey Leute, wir wollen doch heute noch irgendwann nach Hause kommen. Tut was! Zieht euch aus, wenn’s hilft…!“ Dann haben wir es einmal eingespielt, das war’s. Perfekt!

Ihr habt mit vielen berühmten Musikern gewerkelt. Zum Beispiel mit Dave Lombardo (Slayer) oder Gavin Rossdale (Bush). Wer ist dir mit einem Erlebnis im Gedächtnis geblieben?

Definitiv Dave Lombardo. Er war nun schon bei vier Albumproduktionen dabei und ist der Hauptgrund, warum wir jetzt überhaupt Drums haben. Dave hat bei fünf Songs auf dem „Reflections“-Album Schlagzeug gespielt und da haben wir realisiert, dass wir dieses Element gerne in der Band haben möchten. Dave ist ein brillanter Schlagzeuger aber hat auch diese Momente, in denen er einfach nicht spielen kann und stundenlang am Verzweifeln ist.

Sitzt ihr dann rum und schaut ihm beim Verzweifeln zu?

Naja, er meint dann halt, er braucht jetzt eine Pizza, ein paar mehr Biere und eine kurze Pause. Danach ist die Nummer mit einem Versuch meistens im Kasten.

Wie schwierig war es, für eure eigenen Songs respektiert zu werden, nachdem ihr als Metallica-Cover-Band begonnen habt?

Ich glaube, dieser Prozess dauert noch immer an. Es wird immer Leute geben, die in uns weiterhin nur ein „Freakprojekt“ sehen. Aber auf der anderen Seite gibt es auch jene, die sehr wohl unsere Entwicklung wahrnehmen und ihre Meinung ändern. Der Schritt, eigene Sachen zu machen, war für uns als Band jedenfalls extrem wichtig.

Habt ihr in dem Zusammenhang jemals über eine Namensänderung nachgedacht, um dieses –ICA und damit die Verbindung zu MetallICA loszuwerden?

Nein. Wir haben auch gar nichts dagegen, dass wir diesen Metallica-Stempel aufgedrückt bekommen. Metallica-Songs zu spielen lieben wir nach wie vor, und das Ganze ist einfach ein wichtiger Teil unserer Geschichte. Ohne die Covers gäbe es uns heute ja nicht.

Ihr kennt die Metallica-Burschen ganz gut. Irgendwelche Ankedoten?

Das krankeste Erlebnis war eines der ersten Male, als wir Support für sie waren. Während eines „Fight Fire With Fire“-Solos hab ich zum Bühnenrand geschaut, und dort standen die Jungs und haben headgebangt. Die Typen, die ich seit meiner Kindheit verehre, haben bei unserem Set Spaß gehabt! Das war ein unglaubliches Gefühl. Zu Lars, der ja Däne ist, habe ich eine besondere mentale Verbindung. Vielleicht weil er auch Skandinavier ist.

Stichwort Skandinavien: Was denkst du über die nordische Death Metal-Szene mit ihren teilweise recht heftig unkorrekten Mitgliedern und Inhalten?

Ich hab immer versucht, Musik zu hören, ohne zu viel auf die Texte zu achten. Aber wenn ich weiß, dass zum Beispiel Gewaltverherrlichung im Spiel ist, kann ich sowas nicht mögen. Generell hab ich nichts gegen rebellische Bands, vor allem Slayer. Ihre Texte sind zwar brutal, aber wenn man die Hintergründe versteht, weiß man, dass das nicht die Wirklichkeit ist. Was auch immer du singst, es sollte nicht die Wirklichkeit oder das wahre Leben reflektieren.

Welche Musik hat dich geprägt?

Mein Vater war, so wie ich auch, Cellist und hat in einem Orchester gespielt. Als Kind hat mich am meisten die Oper beeindruckt, vor allem die italienische.

Das ist ungewöhnlich für ein Kind…

Ja, denk ich auch. Aber ich hab damals die Liebe zu Verdi, Puccini und Wagner entdeckt, und das sind eben meine musikalischen Wurzeln. Erst als ich älter geworden bin, so mit elf oder zwölf Jahren, hab ich begonnen, Rockmusik zu hören, Skid Row zum Beispiel.

Kommen wir zum Schluss: Hast du eine seltsame Angewohnheit, wenn du auf Tour bist?

Ich muss rechtzeitig aufstehen, um genug Zeit zu haben, zwei Liter Energy Drinks zu mir zu nehmen, bevor ich irgendetwas anderes mache. Diese zwei Liter sind übrigens erst der Anfang. Ich konsumiere zu viel von dem Zeug, aber wenn ich das nicht tun würde, wär ich so müde, dass ich nicht einmal daran denken könnte, Interviews zu geben oder einen Soundcheck zu machen.

Über deinen Durst wird sich unser Didi aber freuen. Kiitti paljon, Perttu!