So, 1. Mrz 2009

Volume MusicBizCrashKurs - Teil I: Band-Manager

Du hängst gemütlich im Backstageraum herum, Vodka in der einen, das vertraute Spiegelchen in der anderen Hand. Du fühlst dich göttlich, während dein Ego bei jedem nickenden Blick der vorbeistreifenden Rockstars (und deren besseren Hälften) wächst. Dein Leben ist eine einzige Party. Gott segne die Musikindustrie und deinen sogenannten „Job“. Ja, genau…

Die Musikindustrie: voller Klischees, Geheimnisse, Glamour. Aus Liebe zu Musik oder Geilheit nach Stars sehnen sich viele nach einem Stück Berechtigungsdasein im unendlichen Musikzirkus. Denn Jobs in Musikbiz machen Spaß und fühlen sich nicht wie „echte Jobs“ an.  Nur vergessen am Anfang die meisten, dass man für den spärlichen Glamour lange stressige Stunden für wenig Kohle schieben muss, und dass man mit Rockstars keine Freundschaft schließen kann. Trotzdem ist es nicht unmöglich, den ersten Schritt durch die Musicbiz-Tür zu bekommen und sein eigenes Glück auszutesten. Letztendlich haben es genug Leute geschafft, einen (echten) Backstage-Pass um ihren Hals hängen zu haben, eine Hochzeitseinladung vom Lead Gitaristen zu bekommen oder, einfach und bescheiden, ihre Monatsrechnungen mit ihrem Job in der Musikbranche zu bezahlen.
  
Diese Glückspilze und Besserwisser samt ihren Jobs haben wir genau unter die Lupe genommen und präsentieren im ultimativen VOLUME CRASH KURS die überlebenswichtigen Tipps für deinen Weg hinter die Kulissen des mysteriösen Musikgeschäfts.

Vielleicht bist du ja der nächste Glückspilz, aber sag nicht, wir hätten dich nicht gewarnt!

Job-Beschreibung: Band Manager

Als Band Manager bist du das Hirn und Herz der Band. Du bist Mädchen für alles und verantwortlich für eine breite Palette an Entscheidungen: welcher Plattenvertrag unterschrieben wird, welche Tour gemacht wird, welche Hosen die Künstler tragen. Du bezahlst ihre Stromrechnungen, du schickst ihren Müttern Blumen zum Geburtstag und du behältst die Objektivität, wenn die Band in himmlische Starhöhen abhebt (eine nicht so seltene Erscheinung). Wenn alles gut läuft, wird die Band gelobt. Wenn die Sache in die Hosen geht, bist du dran. Der Druck ist ständig da, aber die Höhepunkte gibt es auch: wenn die Band Erfolge feiert und deinen Namen in ihre Dankesrede einbaut. Es ist ein undankbarer und brutaler Job, aber einer muss ihn machen (und die Prozente dafür kassieren). 
Und wenn ein fähiger Manager auf eine tolle Band trifft, dann gehen beide in die Musikgeschichte ein. Brian Epstein (The Beatles), Andrew Loog Oldham (The Rolling Stones) und Peter Grant (Led Zeppelin) haben es bewiesen.

Arbeitsfaktoren:

– Arbeitszeiten: 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Telefon abzudrehen ist keine Option.
– Geld: Du verdienst zwischen 15 und 25 Prozent des Bruttoeinkommens des Künstlers. Das Geld, das du am Ende des Tages zählst, kann also von Nix bis zu mehreren Millionen betragen.
– Stressfaktor: Sehr hoch. Der Stress ist dein ständiger Begleiter, auf Tour ganz besonders. Noch einmal zum Einprägen: wenn Sachen in die Hosen gehen, bist du dran.
– Reisefaktor: Wenn die Band in der ersten Klasse fliegt, am Sekt in der Stretchlimousine schlürft und die Welt bereist, bist du dabei. Vorausgesetzt, die Band ist erfolgreich. Ansonsten musst du dich im Bandbus mit dem Rest der Truppe zusammenquetschen. Oder zu Fuß gehen.
– Glamourfaktor: Teure Mittags- und Abendessenseinladungen sind fix. Auf dem roten Teppich wirst du manchmal dabei sein, aber abgeblitzt werden andere. 

Interviews 

Carlos Barth – Manager MANDO DIAO:

Wie und wann bist du zu diesem Job gekommen? 

 

Ich bin mit 15 Jahren ins Musikgeschäft eingestiegen. Zuerst habe ich selbst in einer Band gespielt, dann im Theater, dann war ich Gitarist in einer reisenden Theaterproduktion, und schließlich bin ich Tontechniker geworden. Dass ich ins Band Management eingestiegen bin, war wirklich ein Zufall. Mein breites Spektrum an unterschiedlichen Erfahrungen – vom Bühnenaufbau bis zur Technik – hat mir aber enorm geholfen. Mit 20 hatte ich schon drei Welttourneen hinter mir,  für den Papst gespielt und die Superbowlhalbzeit bespielt. Mit 25 hatte ich auch mein Unidiplom in der Tasche.

Wie hast du es dir vorgestellt als du angefangen hast? Was davon ist wahr geworden?

Das Geld!!! Das habe ich mir anders vorgestellt. Ansonsten ist ziemlich alles so, wie ich es erwartet habe. 

Was ist der a) glamouröseste, b) mühsamste, c) verrückteste Teil eines Band Manager Jobs?

a) Glamour: dass man auf die Shows gehen kann und die Welt bereisen kann, ist das Glamouröseste. Und das Gratiszeugs. 

b) Das Mühsamste: die Warterei und manchmal die Reisezeiten.
c) Das Verrückteste: das Reisen, die Arbeitsstunden, die wir schieben und manche Leute, mit denen wir zu tun haben.

Der sicherste Weg, erfolglos zu bleiben…

Wo es wirklich schief gehen kann, ist, wenn man versucht, zu schnell zu nahe an die Band ranzukommen. Es ist natürlich cool, Künstler zu kennen, aber Freundschaften brauchen Zeit und nur, weil man für jemanden arbeitet, ist man nicht automatisch mit ihm befreundet. 

Dein Lieblingsschimpfwort? Wie oft benutzt du es?

„Fan“ – ein schwedisches Schimpfwort. Weil ich kein gebürtiger Schwede bin, klingt es nicht so schlimm, also verwende ich es sehr oft!

Das beste an der/den Bands, die du managest?

Mando Diao sind kluge, kreative und begabte Musiker. Das ist deren Geheimnis und sicher, was ich am meisten an ihnen mag.

Kleiner Rat für die Anfänger?

Sammle Erfahrung, wo immer du kannst. Sei geduldig, wenn es nicht sofort klappt. Bau Bühnen auf, verteile Flyer, räume auch nach den Auftritten auf – tu alles, was dir helfen kann, den Fuß durch die Tür zu bekommen. Hör zu, schau zu, lerne viele Leute kennen und mach eine Ausbildung in Elektronik oder Wirtschaft oder etwas Nützlichem. Denk daran, dass es für diesen Job kein Handbuch gibt und dass du mit deinen Erfahrungen dein eigenes Buch schreibst. Jeder Manager ist anders und bietet etwas anderes an, deshalb ist die Jobbeschreibung für jede Band, für jeden Künstler, eigentlich eine andere. 

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Gloria Cavalera – SOULFLY (Band Managerin und Ehefrau von Frontmann Max Cavalera):

Wie und wann bist du zu diesem Job gekommen?

Im Musikgeschäft bin ich seit 1983. Ich habe damals einfach Sacred Reich (Anm. d. Red: Trash-Metal Band aus USA) gefragt, ob sie nicht einen Manager brauchten. Sie brauchten einen. 

Wie hast du es dir vorgestellt als du angefangen hast? 

Ich dachte, der Job wäre glamouröser. 

Was ist der a. glamouröseste, b. mühsamste, c. verrückteste Teil eines Band Manager Jobs? Wann empfindest du als “Job” an deinem Job?

a) Preisverleihungen und Parties, diese sind aber selten.

b) Lügner sind nicht so mein Ding. Leider gibt es genug solche in diesem Geschäft.

c) Meine Road Crew!

Der sicherste Weg, erfolglos zu bleiben…

Hör nie auf die Plattenfirma! Das geht nur in die Hose.

Dein Lieblingsschimpfwort? Wie oft benutzt du es?

“Motherfucker”, das verwende ich sehr, sehr oft.  

Das Beste an der/den Bands, die du managst?

Das Beste ist einfach die Band selbst! Ich würde nichts an ihr ändern.

Kleiner Rat für die Anfänger?

Begib dich nicht ins Musikgeschäft ohne eine gute Portion Hausverstand.

 

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Filip Potocki – 3 FEET SMALLER:

Wie und wann bist du zu diesem Job gekommen?

Vor gut 7 Jahren durch die Freundschaft zu 3 Feet Smaller. Der Job hat sich dann mit der Zeit entwickelt. Es war sehr viel Zufall und Glück dabei, und mittlerweile haben wir einen kleinen aber feinen Stall an Bands zusammen. 

Wie hast du es dir vorgestellt als du angefangen hast? Was davon ist wahr geworden?

Am Anfang hatte ich keine Vorstellung davon, es hat einfach Spaß gemacht, und das macht es immer noch! Was wahr geworden ist? Vieles in Österreich, leider noch zu wenig im Ausland, aber dafür ist es ja noch nicht zu spät! Zum Beispiel sind wir gerade mit dem neuen 3 Feet Smaller Album „December 32nd“ in die Top10 der österreichischen Albumcharts eingestiegen. 

Was ist der a) glamouröseste, b) mühsamste, c) verrückteste Teil eines Band Manager Jobs?

a) Glamour: Hab’ ich noch nicht entdeckt! 

b) Das Mühsamste: Dass wir in Österreich feststecken und die Qualität österreichischer Bands zu einem großen Teil im Ausland nicht wahrgenommen wird. 

c) Das Verrückteste ist wohl das Touren und die Geschehnisse rundherum. Aber ich darf hier nichts verraten, weil da ein geheimer Pakt geschlossen wurde. 

Der sicherste Weg, erfolglos zu bleiben…

Als Band nicht so viel wie möglich live zu spielen! 

Dein Lieblingsschimpfwort? Wie oft benutzt du es?

Sierota (polnisch für Nichtsnutz) – so oft ich kann! 

Das beste an der/den Bands, die du managst?

Ihr Management. 

Kleiner Rat für die Anfänger?

Proben, live spielen und dabei Spaß haben!